Influenza, die Grippe, wird durch ein Virus verursacht. Sie ist in der Regel nach einer Woche überstanden. Doch sie kann auch zum Tod führen. Die häufigste Todesursache nach einer Influenza-Erkrankung ist jedoch nicht das Virus selbst, sondern eine bakterielle Lungenentzündung, die kurz nach der Grippe-Infektion auftritt – die sogenannte „Superinfektion“.
Auch bei jüngeren Menschen kann das Influenzavirus tödlich enden. Dass eine Influenzainfektion das Risiko einer solchen Lungenentzündung erhöht, war Forscher*innen bislang bekannt, woher dieser Zusammenhang kommt, dagegen nicht.
Forscher*innen vom schwedischen Karolinska Institut, einer der weltweit führenden Universitäten im Bereich Medizin und Gesundheit, haben den Zusammenhang anhand einer Studie nun erklären können.
Bakterien haben in der Lunge leichtes Spiel
Bei einer Infektion mit Influenza-A-Viren laufen Prozesse ab, die auch zu erhöhtem oxidativen Stress in den unteren Atemwegen führen. Als Gegenreaktion bildet der Körper verstärkt ein Enzym, das jedoch auch Proteine und Fette schädigt. In der Folge gibt es eine Entzündung, wodurch sich die Durchlässigkeit der Kapillaren erhöht. Es kommt zu Leckagen und Plasma kann in die Lunge sickern. Damit kommen auch Nährstoffe und Antioxidantien, wie Vitamin C, in die Lunge.
Für gewöhnlich beschützen diese unsere Zellen. In der Lunge sorgen sie jedoch für einen nährstoffreichen Boden: Bakterien, wie die gefährlichen Pneumokokken, können in der Lunge besser wachsen. Zudem passen sich die Pneumokokken schnell an die entzündungsanfällige Umgebung an, indem sie das bakterielle Enzym HtrA stärker produzieren.
Das Enzym schwächt das Immunsystem, schützt die Bakterien und lässt die Pneumokokken damit in den Atemwegen noch besser wachsen. Sie können in die schützende Zellschicht im Inneren der Atemwege eindringen. Die Folge: Eine starke Lungenentzündung, die auch tödlich enden kann.
Wichtige Erkenntnisse für neue Behandlungsmethoden
Die Forschungsergebnisse zeigen, wie Bakterien in der Lunge interagieren. Das ist wichtig, um neue Behandlungsmethoden zu ermitteln. So könnten spezielle Moleküle bei der Behandlung helfen. Sie hemmen das bakterielle Enzym der Pneumokokken und verhindern so, dass die Schutzfunktion des Immunsystems abgebaut wird.
Krankheitsverlauf an Mäusen beobachtet
Für die Studie beobachteten die Wissenschaftler*innen den Krankheitsverlauf an Mäusen. Diese wurden in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe wurde vorab mit Influenza-Viren infiziert, die zweite blieb gesund. Beide Gruppen wurden eine Woche nach der Influenza-Infektion mit Pneumokokken infiziert. Während die Influenza-freien Mäuse sich schnell erholten und ihr Immunsystem die Bakterien fast vollständig abtötete, verdoppelten sich die Pneumokokken bei den Influenza-infizierten Mäusen rasend schnell und gelangten vom Rachen in die Lunge.
Zusammenhang auch bei Covid-19-Patienten?
Bislang ist nicht erwiesen, ob solche Effekte auch bei Covid-19 Patienten vorkommen. Doch die Forscher*innen vermuten, dass auch bei schweren Covid-19-Verläufen ähnliche Prozesse nachgewiesen werden könnten. Ihre These lautet, dass die Ursache eines schweren Krankheitsverlaufes eine vorangehende Lungenentzündung durch einen ersten Infekt ist. Ganz unabhängig vom Erreger.