Humane Papillomaviren sind nur in seltenen Fällen Krebsauslöser
Wer Oralsex hat, kann sich über die Schleimhäute im Mund mit humanen Papillomviren anstecken. Das ist eine der am häufigsten sexuell übertragenen Infektionen und führt – in seltenen Fällen – auch zu Krebs. Das gilt ebenso für Anal- oder Vaginalsex, hierdurch kann eine Virusinfektion zum Beispiel zu Gebärmutterhalskrebs führen.
Das passiert jedoch sehr selten, auch im Falle von Rachenkrebs, der medizinisch als Oropharynxkarzinomen bezeichnet wird, so der Leiter der Abteilung Infektionen und Krebsepidemiologie am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, Dr. Tim Waterboer:
HPV ist mittlerweile ein Hauptverursacher von Rachenkrebs
Trotz nach wie vor verhältnismäßig geringen Fallzahlen ist das Krebsrisiko ernst zu nehmen, denn HPV zählt neben Rauchen und Alkohol mittlerweile zu den Hauptursachen von Rachenkrebs. Laut Angaben des DKFZ geht in Deutschland mittlerweile etwa jeder zweite Fall von Rachenkrebs aus einer HPV-Infektion hervor – Tendenz steigend.
Pro Jahr gibt es mindestens 750 HPV-bedingte Neuerkrankungen. Betroffen sind überwiegend Männer. Zur Risikogruppe gehören aber auch allgemein, bei allen Geschlechtern, Menschen mit öfters wechselndem Sexualpartner oder -partnerinnen.
Leider gibt es bei Mundrachenkrebs noch keine zuverlässige Früherkennung, erklärt Dr. Waterboer vom DKFZ. Meist würden Patienten diagnostiziert, weil sie im Bereich des Halses oder des Nackens über längere Zeit einen geschwollenen Lymphknoten haben, der sich nicht zurückbildet. Wegen dieses Warnzeichens gingen viele Menschen dann zum Arzt, so Waterboer.
Meist sind die Betroffenen bereits im fortgeschritteneren Alter, wenn der Krebs festgestellt wird. Die Ansteckung mit dem Virus könnte aber ersten Erkenntnissen zufolge auch deutlich früher und damit Jahre oder sogar mehrere Jahrzehnte vor dem Krebsausbruch stattgefunden haben. Die Datenlage ist allerdings noch dünn.
Es wird vermutet, dass der Anstieg der Fallzahlen heute eine Spätfolge der sexuellen Revolution der 60er und 70er Jahre sein könnte, so Waterboer:
Ist eine HPV-Impfung sinnvoll?
Dass Rachenkrebs in Zukunft noch epidemische Ausmaße annehmen könnte, hält Waterboer für unwahrscheinlich. Schließlich gibt es die HPV-Impfung, die als der wirksamste Schutz vor einer HPV-Infektion gilt.
In Deutschland sei die Bereitschaft zur Impfung aber noch mäßig, so das Bundesgesundheitsministerium. Seit der Empfehlung für Menschen mit Gebärmutter hat sich die Impfquote aber jährlich verbessert: 2018 waren circa die Hälfte aller 18-Jährigen mit Gebärmutter vollständig gegen HPV geimpft.
So haben sich die Impfstoffe mit der Zeit verbessert
In Deutschland sind zwei Impfstoffe gegen HPV zugelassen: Ceravix und Gardasil9. Beide bieten einen fast hundertprozentigen Schutz vor den Hochrisikotypen HPV16 und HPV18. Diese Subtypen sind für etwa 70% aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich. HPV16 gilt als der Hauptverursacher von Rachenkrebs.
Mit den Jahren wurden die HPV-Impfstoffe weiterentwickelt: Gardasil9 ist seit 2015 zugelassen und schützt zusätzlich vor den HPV Subtypen 6, 11, 31, 33, 45, 52 und 58. Der Impfstoff gibt damit einen breiter gefächteren Impfschutz als sein Vorgänger Gardasil. Er schützt auch vor Genitalwarzen, die mit den jeweiligen Hochrisikotypen assoziiert werden.
Die HPV-Impfstoffe gelten als gut verträglich und sicher.
Wer kann sich gegen HPV impfen lassen?
Inzwischen wird die Impfung in Deutschland allen Menschen zwischen 9 und 14 Jahren empfohlen, egal welches Geschlecht sie haben und auch nach dem ersten Sex. Denn auch andere Krebsarten als Gebärmutterhalskrebs – wie Mundrachenkrebs – können durch die Infektion ausgelöst werden.
Auch Menschen über 15 Jahre können sich noch gegen HPV impfen lassen. Statt zwei Impfdosen im Abstand von fünf bis 13 Monaten sind dann drei Impfdosen im Abstand von zwei Monaten zwischen erster und zweiter Impfung und vier Monaten zwischen zweiter und dritter Impfung empfohlen. Die Impfung sollte laut Empfehlung bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden. Viele Krankenkassen übernehmen die Kosten aber auch noch im jungen Erwachsenenalter.
Übrigens: Ein Kondom kann beim Sex nicht vollständig vor einer Infektion schützen. Beim Küssen, Blutspenden oder beim Stillen von Kindern hingegen ist kein Infektionsrisiko bekannt.