ICARUS steht für "International Cooperation For Animal Research Using Space". Ziel des Projektes ist es, die Wanderbewegungen von Tieren erdumspannend beobachten zu können - vom Weltall aus. Es hat die Forschenden ziemlich kalt erwischt, als plötzlich die für das Projekt ICARUS notwendige Datenübertragung von der Raumstation ISS gekappt wurde:
Uschi Müller von Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz koordiniert das deutsch-russische Forschungsprojekt ICARUS. Dafür wurde 2018 auf der internationalen Raumstation ISS eine Antenne montiert und tausende von Tieren, vor allem Vögel und Fledermäuse, mit kleinsten Sendern ausgestattet.
Die Sender werden mit Solarenergie betrieben. Sie funken ihre Signale bis in 400 Kilometer Höhe, wo sie von der Antenne der ISS empfangen werden. Doch der Zugang zu diesen Daten wurde jetzt von russischer Seite abgeschnitten.
Russen beenden Kooperation beim ICARUS-Projekt
Zehntausende von Tieren auf der ganzen Welt sollten nach den Plänen von Martin Wikelski, Direktor des Max-Planck-Instituts für Ornithologie in Radolfzell, künftig mit Minisendern ausgestattet werden. Nicht nur Vögel sollen diese Sender tragen, auch Fische oder Meeressäuger – und vielleicht eines Tages sogar Heuschrecken und Schmetterlinge.
ICARUS möchte so globale Wanderbewegungen von Tieren erforschen – zum Beispiel auch das Zugverhalten von Amseln. Ein Konstanzer Projekt, das jetzt wie viele der mehr als 100 ICARUS-Projekte erstmal so nicht weitergeführt werden kann.
Dass das Projekt nun nach mehr als 20 Jahren Vorbereitungszeit und einem guten Jahr Praxis plötzlich zum Erliegen kommt, hat die Forschenden aus Radolfzell hart getroffen.
Auch hätten sie vorab keinerlei Informationen erhalten, erklärt Müller. Die Kommunikation mit den russischen Partnern des Forschungsprojekts sei derzeit mehr oder weniger eingestellt.
Grund für den Datenstopp sei, dass die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos, mit der das Konstanzer Team bisher zusammengearbeitet hat, die Kooperation beendet hat – wie bei anderen wissenschaftlichen Projekten auch. Seitdem bekommen die deutschen ICARUS-Forschenden keinerlei Daten mehr von der ISS für ihr Projekt.
Suche nach Alternativen
Aber das Projekt stehe nicht vor dem kompletten Aus, betont Müller. Sie suchten bereits nach Alternativen, um das ICARUS-Projekt fortführen zu können: und zwar mit einem deutschen Kleinsatelliten, der künftig die Daten empfangen könnte.
Die Technologie, so Müller, habe sich weiterentwickelt. Wenn sich das ICARUS-System auf einem deutschen Kleinsatelliten unterbringen ließe, könnte der Datenaustausch vielleicht sogar besser funktionieren – das ist zumindest die Hoffnung des Forscherteams.
Aber noch gibt es kein passendes System als Alternative. Und es kostet natürlich auch viel Zeit und Geld, ein derart großes Projekt komplett umzustellen. Eventuell Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres könnte ein neues System zu Verfügung stehen, was aber natürlich auch von der finanziellen Unterstützung abhänge, erklärt Müller.
Bis es weitergehen kann mit ICARUS, müssten sich die Forschenden behelfen: indem sie zum Beispiel einen Teil der Daten der Sender händisch auslesen, etwa wenn die Vögel zu ihrem Nest zurückkommen. Aber klar ist auch, dass durch das Aus dieses deutsch-russischen Forschungsprojekts wichtige Daten verloren gehen werden und die Forschung dadurch massiv erschwert wird.