Umweltpsychologie

So stärken Sonnenaufgänge und -untergänge die Psyche

Stand
Autor/in
Anja Braun
Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell.
Onlinefassung
Lilly Zerbst

Den meisten Menschen geht es besser, wenn sie sich im Grünen aufhalten können. Doch was lösen plötzliche, schnell vorübergehende Veränderungen der Natur in uns aus? Das hat ein Forschungsteam aus Großbritannien und Österreich untersucht.

Der Wow-Faktor beim Betrachten von Sonnenaufgängen und -untergängen ist heilsam. Eine neue Studie im Journal of Environmental Psychology zeigt, dass die Wahrnehmung der Schönheit von Sonnenaufgängen und auch -untergängen ein Gefühl des Staunens hervorruft. Dieses seltene Gefühl wirkt sich positiv auf das mentale Wohlbefinden aus.

Nicht jedes Naturspektakel zeigt dieselbe Wirkung

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler setzten 2500 Freiwillige in Mini-Kinos und ließen sie 3D-Animationen von verschiedenen kurzlebigen Phänomenen wie Sonnenaufgänge, Gewitter, Blitze , plötzlich einsetzende Dunkelheit und Sonnenuntergänge betrachten. Dabei erfassten sie deren Gefühle in Fragebögen.

Es zeigte sich, dass gerade das Betrachten von Sonnenaufgang und -untergang das Ehrfurchts- und Schönheitsgefühl der Menschen erheblich steigert – während Gewitter, Regenbögen und schnell einsetzende Dunkelheit nicht die gleiche starke Wirkung auf uns haben.

Ein Blitz schlägt aus einer dunklen Gewitterwolke auf die Erdoberfläche ein.
Kurze Naturspektakel wie Gewitter und Blitze haben keinen vergleichbaren positiven Effekt auf die Menschliche Psyche wie Sonnenaufgänge und -untergänge.

Erfürchtiges Staunen fördert positive Emotionen

Gerade das Betrachten von Sonnenaufgängen und -untergängen führte bei den meisten Probandinnen und Probanden zu ehrfürchtigem Staunen. Das ist eine Emotion die man nur ganz schwer künstlich hervorrufen kann, die sich aber mental offenbar sehr lohnt. Denn wer ehrfürchtig staunt, kommt fast immer in bessere Stimmung, neigt eher zu prosozialem Verhalten wie Mitgefühl und andere positive Emotionen stellen sich ebenfalls leichter ein, so das Forschungsteam.

Stadtplanung soll Sonnenaufgänge- und untergänge sichtbarer machen

Besonders spannend ist die Erkenntnis, dass es egal ist, von wo aus wir diese Sonnenaufgänge und -untergänge betrachten. Wir bestaunen sie ehrfürchtig, unabhängig davon, ob die Sonne in einer Stadt, einem Industriegebiet oder auf dem Land in besonders schöner Umgebung auf- oder untergeht.

Das Forschungsteam empfiehlt, das zu nutzen und Städte in Zukunft auch nach guter Sichtbarkeit dieser Naturphänomene auszurichten. So könnten zum Beispiel nach Osten und Westen ausgerichtete Aussichten und Aussichtspunkte in Städten eingeplant werden.

Sonnenaufgang an einem industriellen kleinen Hafen.
Auch in Industriegebieten haben Sonnenaufgänge und -untergänge eine positive Wirkung auf die Psyche.

Weiter sei es für alle eine Überlegung wert, für einen Sonnenaufgang früher aufzustehen oder einen Spaziergang so zu planen, dass man den Sonnenuntergang erwischt, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Schließlich wirkt sich der Wow-Faktor, der mit diesen Erfahrungen einhergeht, sehr positiv auf unsere Stimmung aus.

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