In den sozialen Medien werben vor allem Influencerinnen immer wieder für Saftkuren. Also dafür, drei, fünf oder sieben Tage lang nichts zu essen und sich stattdessen nur von Obst- und Gemüsesäften zu ernähren. Das soll den Körper „entschlacken“ oder „entgiften“ – „Detox“ also. Zusätzlich zu den empfohlenen 2,5 Litern Wasser und Tee pro Tag dürfen dann quasi unendlich viele Säfte getrunken werden. Mit Fasten hat das laut dem Naturheilkundler und Charité-Professor Andreas Michalsen aber wenig zu tun:
So funktioniert Buchinger-Fasten
Beim Heilfasten soll man dagegen nicht mehr als 500 bis 600 Kalorien pro Tag zu sich nehmen. Für mindestens fünf Tage lang, sagt Michalsen. Ein bekanntes Konzept ist das sogenannte „Buchinger-Fasten“. Zusätzlich zu Wasser und Tee dürfen dabei täglich etwas Honig, eine kleine Gemüsebrühe und geringe Mengen an möglichst frisch gepressten Säften verzehrt werden. Insbesondere übergewichtige Menschen können auf diese Weise sogar mehrere Wochen fasten.
Kein "Entschlacken", sondern Autophagie
Außerdem werde die Zellreinigung angekurbelt – die sogenannte Autophagie. Denn: Der Nährstoffmangel veranlasst den Körper, nicht mehr benötigte Zellbestandteile zu verwerten. Mit „Detox“, „Entgiftung“ oder gar „Entschlackung“ hat das aber nichts zu tun. Mögliche Schadstoffe werden ohnehin über Niere, Leber und Darm ausgeschieden.
Der strenge Körpergeruch, der durch Fasten entstehen kann, liegt nicht etwa an ausgeschiedenen Giftstoffen. Im Fastenmodus kommt es zu einem erhöhten Abbau von Fettsäuren zu Ketonkörpern. Und die Ausscheidung dieser Ketone führt zu einem unangenehmen Geruch, zum Beispiel der Atemluft und des Urins.
Das sagt die Wissenschaft
Tatsächlich kann Fasten aber andere sehr positive Effekte haben. Vor allem in den letzten Jahren gibt es dazu immer mehr wissenschaftliche Evidenz: Dass Fasten bei Rheuma hilft, ist schon länger bekannt. Offenbar kann es aber gegen eine Vielzahl chronischer Erkrankungen wirken, zum Beispiel gegen Bluthochdruck und Fettleibigkeit. Das Fasten hilft dabei sowohl vorbeugend als auch zur Therapie. Eine Linderung verschafft Fasten wohl auch bei einer Fettleber.
Aufgrund der positiven Auswirkungen des Fastens und der Prozesse, die in den Zellen angestoßen werden, sprechen einige Forschende deshalb sogar von einem „Anti-Aging-Effekt“.
Bei Versuchen mit Nagetieren half phasenweises Fasten außerdem vor Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen und dem Abbau von Nervenzellen. Der Verzicht könnte also auch Krankheiten wie Alzheimer vorbeugen. Durch seine entzündungshemmenden Effekte wirkte Fasten bei Mäusen auch gegen Multiple Sklerose.
Eine kleine Studie mit 34 Frauen zeigte zudem, dass kurzzeitiges Fasten zu mehr Wohlbefinden und weniger Müdigkeit während der Chemotherapie führen kann. Die Patientinnen litten an Brust- oder Eierstockkrebs und fasteten für zweieinhalb Tage – ohne nennenswerte Nebenwirkungen.
Fasten kann auch für Gesunde sinnvoll sein
Eine größere Studie mit knapp 1.500 Proband:innen hat gezeigt, dass sich durch eine Fastenkur auch die Blutwerte und emotionales wie körperliches Wohlbefinden gesunder Menschen steigern lassen können. Gerade beim Buchinger-Heilfasten liegt das aber vielleicht aber auch an äußeren Umständen: Dabei wird nämlich neben der Ernährung auch auf einen ruhigen Alltag mit angenehmen Beschäftigungen und leichter körperlicher Aktivität geachtet.
Netter Nebeneffekt: Sport vertreibt den Hunger. Was außerdem helfen kann, damit das Hungergefühl nicht übermächtig wird: Eine Darmreinigung. Ist der Darm leer, muss der Körper nämlich weniger Energie für die Verdauung aufwenden. Davon abgesehen hat das Abführen aber wohl keinen gesundheitlichen Effekt.
Abnehmen ist nicht das Ziel
Auch wenn Heilfasten an die Fettreserven geht: Zum Abnehmen ist das Ganze nicht gedacht!
Isst man nach dem Heilfasten ungehemmt drauf los, wird sich wahrscheinlich schnell der Jojo-Effekt bemerkbar machen. Stattdessen kann eine Fastenkur aber den Startschuss für eine Ernährungsumstellung geben. Denn nach dem Fasten fällt es vielen Menschen leichter, sich gesünder zu ernähren und schlechte, alte Essgewohnheiten gar nicht erst wieder aufzunehmen.
Heilfasten sollte aber immer gut überlegt sein und nicht von einem auf den anderen Tag gestartet werden. Denn auch die Tage vor und nach dem Fasten müssen nahrungstechnisch durchgeplant werden. Dafür muss man zwar nicht gleich in eine Fastenklinik, aber zumindest bei Erkrankungen sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin konsultiert werden.
Risiken und Nebenwirkungen
Manche Menschen sollten auf das Fasten komplett verzichten:
Für Kinder, Jugendliche und sehr alte Menschen gibt es noch zu wenig Forschung auf dem Gebiet. Schwangere, Stillende und Menschen mit Gallenproblemen oder Gicht sollten ebenfalls nicht fasten. Ihre Beschwerden könnten sich durch den Fastenstoffwechsel verschlimmern.
Und: Auch wenn viele Menschen davon berichten, dass sie sich während des Heilfastens besonders gut gefühlt haben. Ganz ohne Nebenwirkungen läuft so eine Fastenkur meist nicht ab. Zum Beispiel Kopfschmerzen, leichte Kreislaufbeschwerden und Veränderungen im Schlafverhalten gehören für viele Fastende dazu. Genauso wie natürlich Hunger. Nach ein paar Tagen kann das besser werden. Wichtig ist, gut auf den eigenen Körper zu hören und sich im Zweifel ärztlichen Rat zu holen.