Wenn wir von erneuerbaren Energien reden, dann fallen uns als erstes immer Sonne, Wind und Wasser ein. Und vielleicht noch Biomasse, wie Holz. Geothermie hingegen hat viele Jahre eher ein Schattendasein geführt. Aber jetzt taucht sie in politischen Programmen wieder auf – und nicht nur in Nebensätzen. Baden-Württemberg zum Beispiel hat sich als Ziel gesetzt, damit „in die Breitenanwendung zu gehen“.
Wärmepumpen könnten Öl- oder Gasheizungen ersetzen
Sein Haus mit der Wärme der Erde heizen, das ist in den letzten Jahren immer gefragter. Im vergangenen Jahr wurden über 24.000 Erdwärmesonden mit Wärmepumpen in Deutschland installiert. Sie gehören zur sogenannten oberflächennahen Geothermie.
Bei der Tiefen-Geothermie, die sich bis zu 5.000 Metern unter der Erdoberfläche abspielt, ist die Zahl der Anlagen mit 42 eher überschaubar. Das könnte sich allerdings ändern. Baden-Württemberg will zum Beispiel bis 2040 klimaneutral sein. Öl- oder Gasheizungen kommen dann nicht mehr in Frage.
Geothermie bietet ein großes Wärmepotential
Erdwärme sieht die baden-württembergische Umweltministerin Thekla Walker als einen Schatz – und den will das Land heben. Denn gerade die Geologie im Oberrheingraben birgt ein erhebliches Wärmepotenzial. Auch verschiedene bundesweite Studien, die eine klimaneutrale Zukunft beschreiben, setzen bei der Wärmewende auf Geothermie. Die Denkfabrik Agora-Energiewende kalkuliert schon in zehn Jahren mit zehnmal mehr Wärme aus Tiefengeothermie als heute.
Beim petrothermalen System versucht man die Wärme aus dem Gestein zu gewinnen und lockert üblicherweise das Grundgebirge, wo diese Verfahren ansetzen auf. Das ist natürlich mit einer höheren Unwägbarkeit belastet wie die hydrothermalen Systeme, bei denen man versucht aus dem Wasser Wärme zu gewinnen.
In Baden-Württemberg setzt man auf heißes Thermalwasser aus der Tiefe
Der Chef des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Jörg-Detlef Eckhardt macht deutlich: In Baden-Württemberg will man nur auf hydrothermale Erdwärme setzen. Heißes Thermalwasser wird nach oben befördert und die Wärmeenergie im Heizkraftwerk genutzt. An manchen Stellen im Oberrheingraben ist das Wasser in drei Kilometern Tiefe 160 Grad heiß.
Schattenseiten der Geothermie: Erdbeben, Risse in Häuser, belastetes Tiefenwasser
Kritische Bürgerinitiativen verbinden damit allerdings auch schlechte Erfahrungen: So gab es nach Geothermie-Bohrungen bereits Erdbeben, mit Schwermetallen belastes Tiefenwasser gelangte an die Oberfläche oder es kam wie zum Beispiel in Staufen (Breisgau) zu Rissen in Häusern.
Solche Schlagzeilen bremsen die Entwicklung. Am Wärmeenergieverbrauch hat die Geothermie einen Anteil von 1,2 Prozent. Der Zuwachs der letzten Jahre geht vor allem auf das Konto der boomenden Wärmepumpen. Die Tiefengeothermie trägt nur 0,1 Prozent zum Endenergieverbrauch bei.
Gewinnung von Lithium als Nebenprodukt
Ein neues Zugpferd, das die Wärmegewinnung aus der Tiefe der Erde nochmal interessant macht, ist Lithium. Ein wichtiger Rohstoff, der bei der Batterieherstellung für zum Beispiel Elektroautos gebraucht wird. Er könnte aus dem hochgepumpten Thermalwasser rausgefiltert werden. Aber es ist noch nicht klar, ob sich das lohnt, schränkt Professor Frank Schilling vom Karlsruher Institut für Technologie ein.
Pilotanlagen im baden-württembergischen Bruchsal und im rheinland-pfälzischen Insheim sind geplant, um herauszufinden, ob sich so ausreichend Lithium gewinnen ließe. Im Labor waren solche Verfahren schon erfolgreich.