Sommer, Sonne, Festivals und ungewollter Sex. Die Temperaturen steigen und damit auch das Risiko für junge Frauen bei Konzerten und Partys mit K.-o.-Tropfen ausgeknockt und dann missbraucht zu werden. Ein Testarmband soll Drogen im Drink erkennen. Taugt sowas in der Praxis?
Substanzmissbrauch: K.-o.-Tropfen sollen gefügig machen
Der Name erinnert an den Chemie-Unterricht: Gamma Hydroxy-Buttersäure, kurz: GHB. Es ist die Hauptzutat für "klassische" K.-o.-Tropfen. Aber auch Vorläufer dieser Substanz oder andere Stoffklassen werden als Knockout-Mittel missbraucht. Teils sind die Substanzen legal zu erhalten, teils illegal – der Zweck ist der gleiche: Männer benutzen sie, um junge Frauen gefügig zu machen.
Wer sich unter dem Einfluss von K.-o.-Tropfen befindet, leidet häufig an Erinnerungslücken ab dem Zeitpunkt der mutmaßlichen Einnahme und in der darauf folgenden Zeitphase, erklärt der Toxikologe Florian Eyer von der Technischen Universität München:
Kein universeller Indikator für K.o.-Mittel
Es gibt viele verschiedene K.-o.-Mittel und viele verschiedene Drinks. Deshalb kann es schwierig werden, ein präpariertes Getränk zu erkennen – selbst mit den dafür vorgesehenen Tests. Solche Tests gibt es zwar schon, aber die Anwendung ist unsicher, sagt Florian Eyer.
Zum Beispiel gibt es Armbänder, auf die man einen Tropfen des Getränks träufeln kann. Bei Kontakt mit dem K.-o.-Mittel GHB färbt es sich blau. Aber bei Kontakt mit zu stark färbenden Getränken wie Rotwein, lässt sich das nicht mehr genau erkennen.
Test kann Schutzmaßnahmen nicht ersetzen
Generell rät Florian Eyer davon ab, sich ausschließlich auf solche Tests zu verlassen. Diese haben meist keine Prüfverfahren durchlaufen und sind nicht als Medizinprodukte zugelassen.
Im Internet oder in Drogerien findet man ohnehin oft nur die Testarmbändchen. Andere Tests, die teilweise sogar viele verschiedene Drogen im Getränk erkennen sollen, sind schwer zu finden und teuer. Abgesehen davon lässt sich nicht sagen, wie seriös diese sind.
Nach der Pandemie: Nachholeffekt befürchtet
Es gibt kaum Kundinnen, die in der Apotheke nach solchen Tests fragen. Betroffene, die befürchten, dass sie Opfer einer K.-o.-Tropfen-Attacke wurden, kommen dagegen häufiger. In einer Stuttgarter Apotheke passiert das etwa zwei bis drei Mal pro Woche.
Meist sind es Frauen – seltener auch Männer – die nach einem Drogennachweis in Blut oder Urin bitten. Der Grund: Nach der Pandemie gibt es wieder mehr Partys. Dadurch bieten sich mehr Gelegenheiten für Täter. Florian Eyer vermutet einen „Nachholeffekt“.
Eine einheitliche Methode, die Verdachtsfälle bundesweit zu registrieren, gibt es nicht. Zudem ist es oft schwierig, einen K.-o.-Angriff zu beweisen, da die K.-o.-Tropfen nur für einen relativ kurzen Zeitraum im Körper nachweisbar sind.
Armbänder sorgen für Aufmerksamkeit
Vorbeugenden Schutz gegen K.-o.-Tropfen-Attacken gibt es wenig. Auch die Armbänder sind als Drogennachweis zu unsicher. Aber: Eines zu tragen kann dennoch helfen. Denn auf mögliche Täter hat es eine abschreckende Wirkung. Und die Trägerinnen selbst werden immer wieder daran erinnert, aufzupassen.