Mehr als die Hälfte der EU-Bevölkerung zweifelt am Wahrheitsgehalt von Informationen aus dem Netz und fordert mehr Initiative gegen Desinformation. Das berichtet eine neue Studie im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Für die Studie wurden im März 2023 in der gesamten EU über 13.000 Personen im Alter zwischen 16 und 70 Jahren befragt.
Politik und Tech-Unternehmen in der Pflicht
Im Einsatz gegen Desinformationen sehen fast neun von zehn Europäerinnen und Europäern vor allem sowohl Tech-Unternehmen als auch die Politik in der Pflicht. 85 Prozent der EU-Bürgerinnen sind der Meinung, dass die Politik mehr gegen die Verbreitung von Desinformationen unternehmen sollte. Von den Betreibern sozialer Plattformen fordern sogar 89 Prozent einen größeren Einsatz.
"Für den Einsatz gegen Desinformationen müssen viele Räder ineinandergreifen", sagt Cathleen Berger, Expertin der Bertelsmann Stiftung für Digitalpolitik in einer Pressemitteilung. Es müsse nicht nur mehr reguliert werden, sondern auch gelingen, die Bevölkerung in der Breite stärker auf die Risiken von Desinformationen aufmerksam zu machen.
Viele sind unsicher, ob Informationen aus dem Netz wahr sind
Mehr als jeder zweite Befragte ist häufig oder sehr häufig unsicher, ob Informationen aus dem Internet wahr sind. Und fast 40 Prozent sagen, sie seien bereits auf Fake News im Netz gestoßen. Trotzdem haben bisher weniger als die Hälfte schon einmal eine Information aus dem Netz überprüft. Hier spielt allerdings das Alter eine Rolle: Je jünger und gebildeter die Befragten sind, desto aktiver setzen sie sich mit dem Wahrheitsgehalt von Informationen auseinander. Und je mehr Social-Media-Kanäle die Befragten regelmäßig nutzen, desto häufiger nehmen sie Desinformationen wahr.
Es gelte, so Berger, Menschen aller Generationen so zu befähigen, dass sie Nachrichten und Medieninhalte besser überprüfen und einordnen können. Wie die Befragung zeigt, steigt auch die Bereitschaft der Menschen, aktiv gegen Desinformation vorzugehen, wenn sie diese erkennen - doch das ist oftmals gar nicht so leicht.
Deepfakes und Co. nur schwer zu erkennen
Eine Studie, die in PLOS ONE erschienen ist, zeigt zum Beispiel, dass Menschen Sprach-Deepfakes nur schwer von echten Stimmen unterscheiden können - selbst mit einiger Übung! Das Forschungsteam spielte 529 Testpersonen einige echte und auch künstlich generierte Sprachaufnahmen vor. Die Probandinnen und Probanden sollten dann einschätzen, welche der Aufnahmen KI-generiert waren. Das Ergebnis: Sie ordneten die Aufnahmen in nur 73 Prozent der Fälle richtig ein. Die Forschenden schätzen zudem, dass die Trefferquote in Alltags-Situationen noch schlechter wäre.
Künstliche Intelligenzen können mittels maschinellem Lernens immer besser Stimmen nachahmen. Auch Deepfake-Videos sind ein Risiko, können aber meistens besser enttarnt werden. So ist etwa die Spiegelung in den Augen verräterisch oder die Schatten im Gesicht. Damit haben KI's noch Probleme.
Testen Sie Ihr Fake News-Wissen!
Um das eigene Fake News-Wissen herauszufordern, gibt es zum Beispiel von der Landesanstalt für Kommunikation ein Fake News Quiz. Und auch vom SWR gibt es Angebote: Den SWR Fakefinder und speziell für Kinder den Fakefinder Kids.
SWR Fakefinder – für Kids, für Jugendliche, für alle!
Upgrade Democracy-Projekt gegen Desinformation und Manipulation
Um die Gesellschaft beim Umgang mit Desinformationen zu unterstützen, hat die Bertelsmann Stiftung zum Beispiel auch das Projekt "Upgrade Democracy" gestartet. Hier werden u. a. Ideen und Initiativen vorgestellt, die Desinformation und Manipulation auf sozialen Medien erfolgreich begegnen und entschärfen.