Eine Zeitlang sprießten Biogasanlagen auf landwirtschaftlichen Höfen wie Pilze aus dem Boden. Das Erneuerbare Energiengesetz (EEG) 2000 regelte, dass es für den so erzeugten Strom 20 Jahre lang eine feststehende Vergütung gab. Für viele Bauern war das ein Anreiz, eine zusätzliche Einnahmequelle. Allein in Baden-Württemberg gibt es rund 980 dieser Anlagen. Deutschlandweit sind es sogar etwa 9.500.
Doch die Zahlen sind rückläufig, obwohl der Strom durch Biogas entscheidende Vorteile gegenüber Sonnen- und Windenergie hat: Er kann gespeichert und nach Bedarf eingesetzt werden. Und es können die unterschiedlichsten Rohstoffe wie Getreideteile, Bioabfälle oder Gülle für die Biogasanlagen verwertet werden.
In Biogosanlagen bauen Bakterien diese Substrate dann unter Luftabschluss ab (anaerob), ein brennbares Gas entsteht, das bis zu 2/3 aus Methan besteht. Das Biogas wird vor allem in kleineren Blockheizkraftwerken auf den Höfen in Strom und Wärme verwandelt. Ein weiterer Teil wird chemisch gereinigt, zu Biomethan veredelt und in das öffentliche Gasnetz eingespeist. 2020 wurden laut Umweltministerium Baden-Württembergs 6,6 Prozent des Brutto-Stroms aus Biogas erzeugt.
Neue Auflage: weniger Mais
Obwohl Biogas aus den unterschiedlichsten Rohstoffen hergestellt werden kann, wird nach wie vor aufgrund seiner hohen Methanerträge hauptsächlich Mais vergärt – eines der Probleme, die die Branche derzeit zu einem Wandel zwingt.
Denn das EEG 2021 sieht vor, dass mit dem sogenannten Maisdeckel nur noch maximal 40 Prozent Mais in den Biogasanlagen vergärt werden dürfen. Um einerseits die Monokulturen auf den Feldern zu verringern und andererseits die Konkurrenzsituation zur Nahrungs- und Tiermittelproduktion zu entschärfen. Laut der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe liegt der Anteil aktuell aber noch bei 64 Prozent in Deutschland. Alternativen werden erst auf einem Drittel der Felder angebaut.
Das heißt, viele Landwirte müssen sich künftig umstellen, mehr „Abfälle“ wie Gülle verwerten, ihre Felder auch mit anderen Energiepflanzen bestellen, nachhaltigere Substrate für die Stromerzeugung vergären. Das können Bioabfälle, Grünschnitte oder bestimmte Blühmischungen sein, die dann aber eventuell auch weniger Energie liefern. Bezahlt wird so eine Umstellung bisher aber nicht, sagt das Umweltministerium Baden-Württemberg:
Wie es anders gehen könnte, zeigt das Vorreiterprojekt „Bienenstrom“ der Stadtwerke Nürtingen: Landwirten bekommen hier einen Ausgleich für den Anbau von Blühflächen, deren Aufwuchs in Biogasanlagen verwertet wird.
Anlagen sollen möglichst flexibel Strom liefern
Neben neuen Auflagen sind die Zuschüsse maßgebend für die Weitentwicklung der Biogas-Branche. Mit dem EEG 2014 wurde die Förderung für Biogasanlagen gesenkt, was dazu führte, dass der Ausbau sich seitdem verlangsamt. Die Förderung der ersten Anlagen ist ebenfalls 2020 ausgelaufen.
Immer wieder änderten sich durch das EEG die Höhe und Bedingungen der Zuschüsse. Viele Anlagen seien unter anderem auch deswegen nicht modernisiert worden, was aber wichtig sei, um mehr Leistung herauszuholen und möglichst flexibel Strom einspeisen zu können, erklären Akteure der Biogasbranche.
Das Erneuerbare-Energiengesetz 2021 soll nun wieder eine Perspektive für die Biogasbranche bringen: Unter anderem werden mit dem sogenannten Flexibilitätszuschlag die Anlagen entsprechend gefördert, die möglichst bedarfsorientiert einspeisen können, wenn die Stromnachfrage hoch ist. Dann nämlich, wenn zum Beispiel die Sonne oder der Wind fehlen.
Biogas wird gebraucht
Biogas ist nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, allein weil es kontinuierlich produziert wird, speicherbar ist und mit den unterschiedlichsten Rohstoffen funktioniert. Die Branche muss sich also entsprechend verändern, um diese Funktion weiterhin erfüllen zu können.