Elefanten greifen gerne zur süßeren Frucht, haben Dialekte und stecken sich gegenseitig mit ihrem Gähnen an. Und noch etwas haben sie mit uns Menschen gemeinsam, sie haben meistens eine gewisse Seitenpräferenz. So wie wir Links- oder Rechtshänder sind, zeigen auch Elefanten Vorlieben: Wenn sie zum Beispiel Grasbüschel abreißen, drehen Sie die Rüsselspitze immer in eine bestimmte Richtung ein, nach links oder rechts. Bisher gibt es dafür noch keine genaue Erklärung.
Elefanten haben beim Fressen eine Lieblingsseite
Ein Grund für die Links- oder Rechtspräferenz des Elefanten könnte nach einem internationalen Forschungsteam die Nahrungsaufnahme sein. Denn ist das Grasbüschel erst einmal abgerissen, wandert es nicht frontal in den Mund, sondern über die Seite.
"Wir denken, dass sich durch diese Spezialisierung der Nahrungsaufnahme auf der Seite, auch diese starken Seitenpräferenzen ergeben. Das ist was, was beim Elefanten sehr anders ist als bei den meisten Säugern", sagt Michael Brecht im SWR. Brecht lehrt Biologie an der Humboldt-Universität in Berlin.
Ein Elefant frisst täglich etwa 150 Kilogramm pflanzliche Nahrung. Mit ihrem muskulösen Rüssel können Elefanten feine Bewegungen durchführen und so auch kleinere Objekte aufheben.
Das Maul eines Elefanten sieht ganz schön verrückt aus
Bisher hatte das Forschungsteam vor allem den Rüssel im Visier. "Der Rüssel ist auch immer das, was so im Vordergrund steht beim Elefanten und erst hinterher sind wir darauf gekommen, dass der Mund auch ganz schön verrückt aussieht", sagt Brecht.
Neben den Videoaufnahmen von Elefanten aus dem Berliner Zoo untersuchte die Forschungsgruppe mit Hilfe von Fotos die Tasthaare an der Unterlippe der Tiere.
Der Elefant und sein ungewöhnliches Mundwerk: ein Ergebnis der Evolution
Evolutionär sind die Oberlippe und Nase beim Elefanten zu einem Rüssel verschmolzen. Das wenig breite, aber dafür sehr lange Elefantenmaul wurde von den Forschenden nun genauer untersucht.
Dabei stellte das Forschungsteam fest, dass die Unterlippe der Elefanten verschieden lange Tasthaare - sogenannte Vibrissen - aufweist. Diese Tasthaare sind an der Seite der Lippe kürzer und an der Lippenspitze länger - eine Besonderheit unter Säugetieren. Denn im Gegensatz zum Elefanten ist es zum Beispiel bei Katzen und Hunde genau umgekehrt.
"Die langen Vibrissen vorne in der Mitte und die kurzen an der Seite habe ich nur bei Elefanten gesehen“, sagt Brecht, der seit 30 Jahren Tasthaare untersucht. Die kurzen Tasthaare an der Seite, so vermutet das Forscherteam, sind zur Feinerkennung der Nahrung gedacht
Noch etwas ist dem Forscherteam aufgefallen: Die kurzen Tasthaare sind auf einer Seite mehr abgescheuert als auf der anderen. Die Forschenden begründen diese Abnutzung mit der Nahrungsaufnahme, denn diese erfolgt bevorzugt über eine Seite.
Wissenswertes aus der Welt der Dickhäuter
Die Ursache der unterschiedlich großen Tasthaare liegt unter der Haut
Mithilfe von Computertomografie-Scans schaute das Forschungsteam nochmal genauer unter die Haut der Tiere. Damit wollten sie untersuchen, ob unterschiedliche Tasthaare an der Unterlippe vorliegen.
Das Resultat: Die Haarwurzeln der Tasthaare sind unterschiedlich groß. Die seitlichen, kurzen Tasthaare an den Seiten haben eine kleinere Haarwurzel als die langen Tasthaare an der Vorderseite.
Menschen und Elefanten haben bei der Nahrungsaufnahme etwas gemeinsam
Wenn es um die Nahrungsaufnahme geht, haben wir einiges mit den Elefanten gemeinsam. Während beispielsweise Katzen oder Hunde direkt in ihre Nahrung hineinbeißen, führen Elefanten und Menschen ihre Nahrung jeweils indirekt zum Mund - mit der Hand beziehungsweise dem Rüssel.
Elefanten steckten das Futter nicht in die Mitte vom Mund, erklärt Michael Brecht von der Humboldt-Universität Berlin. Sie "nehmen es halt mit dem Rüssel auf und dann stecken es zur Seite rein".
Warum Elefanten im Laufe ihres Leben eine Lieblingsseite entwickeln, ist jedoch unklar. Das Rätsel um die Links- und Rechtsrüssler ist damit also noch nicht abschließend gelöst. Doch die Erkenntnisse des Berliner Forschungsteams liefern neue Einblicke in das Leben der Dickhäuter.