Buckelwale nutzen Werkzeuge in Form komplexer Blasennetzte um ihre Beute zu fangen

Meeresökologie

Buckelwale nutzen Werkzeuge, um mehr Fische zu fangen

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Autor/in
Emily Burkhart
Portrait Bild der Autorin Emily Burkhart

Mehrere Tierarten nutzen Werkzeuge, um Nahrung zu finden. Doch nur wenige stellen diese auch selbst her. Neue Studienergebnisse zeigen: Buckelwale gehören zu diesen seltenen Arten.

Forschende haben kürzlich festgestellt, dass in Südostalaska lebende Buckelwale womöglich zu den Tierarten gehören, die Werkzeuge selbst herstellen. Bereits gut untersuchte Beispiele von Tieren, welche Werkzeuge selbst herstellen oder modifizieren, sind etwa Schimpansen, Orang-Utans, Krähen oder Kakadus. Buckelwale sind nun erstmals zu dieser Gruppe hinzugezählt worden.

Die sogenannte Blasennetzjagd ist eine bereits längere Zeit bekannte Jagdmethode der Buckelwale. Wie der Name bereits verrät, nutzen die Wale jedoch keine Netze aus Seilen - wie etwa in der Fischerei - sondern ihre eigene Luft.

Indem die Wale Luft aus ihrem Blasloch freisetzen, während sie in Kreisen unter der Wasseroberfläche schwimmen, weben sie diese "Netze". Die Blasen steigen vertikal nach oben und bilden so Vorhänge, die von der Beute nicht überwunden werden können. Von oben betrachtet erscheinen diese Blasennetze dann wie ein oder mehrere Ringe, die die Beute einkreisen.

Quelle: Szabo et al. (2024)

Werkzeuge ohne Hände herstellen - geht das?

Werkzeuge und ihre Herstellung sind gewissermaßen nur Definitionssache. So argumentieren die Forschenden, dass diese Blasennetze und die netzproduzierenden Wale Aspekte besitzen, die nahelegen, dass es sich hier um die Herstellung von Nahrungssuchwerkzeugen handle.

Einige andere Forschende hatten bereits betont, dass Werkzeuge als Erweiterungen des Körpers dienen, um Probleme zu lösen, für die die Evolution keine spezifische körperliche Anpassung bereitgestellt hat. Die Wale nutzen also ihre Blaslöcher zu einem von der Natur nicht vorgesehenen Zweck, von dem sie jedoch trotzdem profitieren - und das ist Werkzeugherstellung.

Drohnen-Perspektive zeigt: Buckelwale nutzen komplexe Blasennetze um ihre Beute zu fangen
Drohnenaufnahmen wie diese zeigen die im Uhrzeigersinn austestoßene Blasenstruktur. So bilden die Wale das Netz, mit welchem sie ihre Beute fangen.

Die Wale sind wie taktisch denkende Fischer

Das Herstellen von Werkzeugen umfasst komplexe Verhaltenssequenzen, die auf ein ausgeklügeltes und zielgerichtetes Verhalten hindeuten. Daher haben Arten die Werkzeuge herstellen auch große und komplexe Gehirne.

Mehrere Forschende haben bereits Unterschiede von Größe und Form der von Walen gebauten Blasennetze festgestellt - sowohl bei der Betrachtung von unterschiedlichen Walpopulationen als auch innerhalb ein und derselben Gruppe von Tieren. Die Gestalt des Netzes wird beispielsweise daran angepasst, wie viele Wale das Netz verwenden oder auch welche Art von Beute gefangen wird.

Das deutet darauf hin, dass die Wale die Struktur der Netze nach Belieben verändern können. Und tatsächlich sind Buckelwale durch ihren flexiblen, spindelförmigen Körper und mit ihren großen Schwänzen sehr manövrierfähig. Daher sind sie in der Lage bestimmte Netze herzustellen, die die Nahrungssuche effizienter machen.

Buckelwale nutzen komplexe Blasennetze um ihre Beute, wie etwa Fische und Krill, zu fangen
Buckelwale nutzen bei der Blasennetzjagd die besondere Form ihres Körpers aus. Sie werden etwa 12-16 Meter lang und wiegen zwischen 25 und 30 Tonnen. Ihre kräftige Schwanzflosse macht dabei bis zu einem Drittel ihrer Körpergröße aus.

Die Herstellung von Netzen ist kein Einzelfall unter Walen

Die Forschenden haben mehr als 70 einzelne Wale beim Einsatz von Blasennetzen beobachtet. Dabei stimmten zwischen den Tieren mehrere wichtige, aber veränderbare Strukturkomponenten der erzeugten Netze überein. Das lässt darauf schließen, dass die Wale die Form der Netze kontrollieren, um sie aktiv zu optimieren.

Außerdem wurden alle Netze im Uhrzeigersinn produziert und fast alle bestanden aus mehreren Ringen, die nach innen hin kleiner wurden, um die Beute immer mehr einzugrenzen. Auch die Maschen des Netzes webten die Wale bei den kleineren Ringen immer enger, indem sie die Geschwindigkeit erhöhten, mit der sie die Blasen ausstießen.

Der vergleichsweise kleine Durchmesser des innersten Rings im Verhältnis zur Maulgröße der Wale stellt sicher, dass ein Großteil der eingepferchten Beute mit einem einzigen Angriff verschlungen werden kann.

Buckelwale nutzen komplexe Blasennetze um ihre Beute zu fangen
Die Wale variieren bei der Blasennetzjagd nicht nur die Größe der Blasenringe, sondern auch die Maschen - also die Abstände zwischen den Blasen - je nach gejagter Beute und Anzahl der Wale, die an der Jagd beteiligt sind.

Dabei kommen die Buckelwale aber nicht aus der Puste

Obwohl die Wale bei dieser Jagdmethode Luft ausstoßen, stellten die Forschenden fest, dass die Atemfrequenz der Wale die Netze produzieren der von anderen Buckelwalen ähnlich war. Das deutet darauf hin, dass das Produzieren der Netze nicht mehr Energie verbraucht als normale Jagdmethoden.

Die meisten Tauchgänge von Walen, die Netze aus Luftblasen verwenden, sind zwar kürzer, aber dafür machen diese während eines Tauchgangs nur einmal Jagd auf Nahrung, während andere Wale während eines Tauchgangs bis zu 15-mal Nahrung aufnehmen. Noch dazu gehen diese Wale bis zu viermal häufiger auf Nahrungssuche.

Das zeigt: Die Buckelwale gestalten ihre Jagd durch ihre individuell auf die Beute angepassten Netze deutlich effektiver.

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