Klein, aber oho

Dieses Bakterium ist Mikrobe des Jahres 2023

Stand
Autor/in
Ellen Diez

Der Bacillus subtilis ist ein echter Alleskönner und beweist, dass Bakterien besser sind als ihr Ruf. Er wirkt sich positiv auf die Verdauung aus, wird aber auch beim Waschen und auf dem Bau eingesetzt.

Für die meisten Nicht-Biologen wirkt das Wort „Bakterie“ erst einmal abschreckend. Viele denken an Krankheiten und Infektionen. Dabei wird schnell vergessen, dass viele Bakterien hilfreich sind und fantastische Arbeit für die Menschen leisten. Um das zu würdigen, hat die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie den Bacillus subtilis zur Mikrobe des Jahres 2023 gekürt. Dieser Titel wurde damit bereits zum zehnten Mal vergeben.

Ein Mann auf einem Sofa schnupft in ein Taschentuch.
Viele Menschen bringen Bakterien vor allem mit Krankheit in Verbindung. Dabei sind etwa 99 Prozent aller Bakterien harmlos und viele sogar wichtig für den Körper.

Die Gewinner-Mikrobe ist extrem resistent

Der Name Bacillus subtilis klingt nicht so, als hätte dieses Bakterium viel mit dem alltäglichen Leben zu tun. Dieser Schein trügt allerdings: Der Bacillus subtilis kann nämlich in den oberen Erdschichten, in Heu, im Staub, in der Luft und im Wasser vorkommen und findet in vielen verschiedenen Bereichen Nutzen. Am besten verbreitet er sich bei Temperaturen von 30 bis 39 Grad Celsius. Eine seiner Besonderheiten ist, dass er in Sporenform extreme Einflüsse von Hitze und Säure überleben kann.

Der Bacillus subtilis wirkt im Darm und in der Toilette

Die Magensäure des Menschen kann den Bacillus subtilis nicht zerstören. Daher kann man dieses Bakterium als Probiotikum einsetzen: Lebensmittel wie Joghurts werden häufig damit angereichert. Denn der Bacillus subtilis hat eine positive Wirkung auf unsere Verdauung. Zum Beispiel bekämpft er Bakterien, die schlecht für unsere Darmflora oder unsere Lebensmittelverträglichkeit sind, indem er ihre Zellwände zerstört. Außerdem trägt er dazu bei, dass Nährstoffe gut ins Blut aufgenommen werden können.

Das japanische Gericht Natto macht sich diese Wirkung bereits seit hunderten von Jahren zunutze. Mit Hilfe des Bacillus subtilis werden bei der Herstellung von Natto Sojabohnen fermentiert. Das Gericht ist reich an Proteinen und dank der Bakterien auch gut verdaulich.

Aus einer Schüssel wird Natto mit Hilfe von Stäbchen entnommen. Das Gericht zieht dabei Fäden.
Das aus Japan stammende Gericht Natto ist geschmacklich für viele gewöhnungsbedürftig. Dafür ist es umso gesünder und kann dank des Bacillus subtilis gut verdaut werden.

Im Darm von Tieren, besonders bei Geflügel, kann der Bacillus subtilis Infektionen teilweise vorbeugen. Dadurch sind weniger Medikamente notwendig und schädliche Erreger entwickeln langsamer Resistenzen gegen diese Arzneimittel.

Der Bacillus subtilis hat aber auch außerhalb des Körpers viele nützliche Funktionen. Seine Sporen können sich zum Beispiel im Wasser der Toilettenspülung sehr schnell ausbreiten und die Toilette hygienisch halten. Auch nachdem der Darm seine Arbeit abgeschlossen hat, bekämpft der Bacillus subtilis nämlich schädliche Bakterien.

Was der Bacillus subtilis sonst noch kann

Entgegen aller Vorurteile macht die Mikrobe des Jahres also nicht krank, sondern fördert die Gesundheit und Keimfreiheit. Selbst in der Waschmaschine kommen Enzyme des Bacillus subtilis zum Einsatz. Weil sie Schmutzmoleküle schon bei vergleichsweise geringen Temperaturen hervorragend entfernen, braucht der Waschgang weniger Energie.

Auch kleine Risse im Beton können durch den Bacillus subtilis repariert werden, indem er Carbonat-Ionen bildet. Dringt trotzdem Wasser in Stahlbeton ein, sorgt der Bacillus subtilis dafür, dass das Stahlgerüst weniger stark rostet. Als aerobes Bakterium benötigt er nämlich Sauerstoff für seinen Stoffwechsel. Dieser kann dann nicht mehr zur Korrosion beitragen.

Aus Betonschutt ragen rostige Stahlstangen.
Korrosion von Stahl und Risse im Beton können die Sicherheit von Gebäuden gefährden. Der Bacillus subtilis kann hier Abhilfe schaffen, wenn er beim Bau im Beton angesiedelt wird.

Nicht zuletzt kann das Bakterium auch spezielle Biofilme aus Proteinen und anderen Naturstoffen bilden. Diese Biofilme könnten irgendwann vielleicht Nervenzellen schützen und somit bei der Alzheimerbehandlung eingesetzt werden. Erste Forschung in diesem Bereich gab es bereits bei Tieren.

Der Bacillus subtilis ist ein kleiner Alltagsheld und trägt den Titel „Mikrobe des Jahres 2023“ völlig zurecht. Er ist aber nur einer von vielen nützlichen und trotzdem unterschätzten Mikroorganismen. Vielleicht kann er mit seinem Titel dazu beitragen, den Ruf von Bakterien ein wenig aufzupolieren.

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