Ein Forschungsteam aus Konstanz untersuchte die Herzschläge männlicher Abendsegler. Sie gehören zur Gattung der Fledermäuse und kommen auch in Europa vor.
Die Studie zeigt, dass der Energiebedarf der Tiere stark mit den Jahreszeiten und Temperaturen zusammenhängt. Das Wissen aus der Studie könnte helfen, zu verstehen, wie sich der Klimawandel auf die Fledermäuse auswirkt.
Winzige Sensoren überwachen Herzfrequenz
Um die Herzfrequenz der Tiere untersuchen zu können, befestigte das Forschungsteam kleine Herzfrequenzsensoren an den Fledermäusen. Die Sensoren sendeten Signale vom Herzschlag an einen Radioempfänger. Um die Signale empfangen zu können, musste der Empfänger immer in der Nähe der Fledermäuse sein. Da Fledermäuse nachtaktiv sind, war das tagsüber, wenn die Tiere schlafen, kein Problem.
Bei ihren nächtlichen Flügen gehen die Fledermäuse allerdings auf die Jagd nach Insekten und entfernen sich dabei vom Empfänger. Um die Herzfrequenz auch während des Flugs der Tiere einfangen zu können, verfolgten die Forschenden die einzelnen Tiere in einem kleinen Leichtflugzeug, das mit einem Empfänger ausgestattet war.
Fledermäuse im Energiesparmodus
Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigten, dass der Energiebedarf im Sommer um einiges höher ist als im Frühjahr. Im Sommer maßen die Forschenden einen durchschnittlichen Herzschlag von 252 Schlägen pro Minute. Das ist drei bis vier Mal schneller als der Ruhepuls eines erwachsenen Menschen. Der schnelle Herzschlag kostet die Fledermäuse im Sommer viel Energie.
Im Frühjahr hingegen maßen die Forschenden durchschnittlich nur 74 Herzschläge pro Minute. Laut der Studienautorin Lara Keicher vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie am Bodensee, liegt dies an einer Art kurzem Winterschlaf: „Wenn die in diesen Energiesparmodus, nenne ich es mal, gehen – das nennt man Torpor, das ist eine Eigenschaft, die Fledermäuse und auch andere Tiere besitzen - dann fahren die sozusagen alles runter. Viele Prozesse im Körper werden einfach auf ein Minimum heruntergefahren und gleichzeitig natürlich auch der Herzschlag.“
Unterschiedlicher Energiebedarf im Frühjahr und Sommer
Im Frühling verbringen die Fledermäuse einen Großteil des Tages, also ihrer nichtaktiven Phase, im Torpor. In diesem Zustand kann der Herzschlag auf bis zu sechs Schläge pro Minute heruntergefahren werden.
Im Sommer hingegen produzieren die Männchen tagsüber Sperma. Das ist ein energieintensiver Prozess, der die Körperfunktionen beansprucht. Deshalb müssen sie tagsüber wach bleiben und können nicht in diesen Zustand wechseln, erläutert Keicher. Durch diesen hohen Energieverbrauch am Tag gehen die Fledermäuse im Sommer nachts öfter auf Nahrungssuche. Schließlich gibt es im Sommer auch mehr Insekten als im Frühjahr und somit ein größeres Nahrungsangebot für die Tiere.
Von 6 auf 900 Herzschläge pro Minute
Ob nun im Sommer oder Frühjahr: Wenn die Fledermäuse fliegen, kann das Herz bis zu 900-mal pro Minute schlagen. Dies gilt auch im Frühjahr, wenn die Fledermäuse kurz zuvor noch im Torpor waren und das Herz nur wenige Male pro Minute geschlagen hat.
„Für uns war das Erstaunliche, welche Spanne das Herz der kleinen Fledermaus überbrücken kann – also von etwa 10 Schlägen oder 6 Schlägen pro Minute bis zu 900. Dass das alles in einem kleinen Herzen und in einem kleinen Tier machbar ist“, sagt Keicher.
Bemerkenswert sei dies laut dem Forschungsteam vor allem, weil ein so hoher Herzschlag auch mit vielen anderen Aspekten und Prozessen im Körper verbunden ist. So muss nicht nur das Blut von einem Moment auf den anderen schneller gepumpt werden, sondern auch andere Körperfunktionen wie die Atemfrequenz beschleunigen sich schlagartig.
Klimawandel könnte Fledermäuse belasten
Insbesondere durch starke Temperaturschwankungen kann sich die Energiegewinnung und das Nahrungsangebot der Fledermäuse verändern. Wird es im Winter oder Frühjahr zu warm, können die Fledermäuse keinen tiefen Winterschlaf halten, durch welchen sie eigentlich Energie tanken. Wird dieser Winterschlaf gestört, kann das also zu energetischen Problemen führen.
Fledermäuse sind durch den Torpor, also dem Energiesparmodus, in der Lage, sich an Temperaturschwankungen anzupassen. Müssen sich die Tiere allerdings zu häufig an sich rasch ändernde Temperaturen anpassen, könnte das laut Keicher dazu führen, dass andere Prozesse, wie die Spermaproduktion, gestört werden. Auch wenn heiße Sommer mehr Insekten und somit mehr Nahrung bedeuten, können auch Fledermäuse bei zu langen Hitzeperioden austrocknen oder Hitzestress erleiden.
Wie verhalten sich weibliche Fledermäuse?
Weibliche Fledermäuse wurden in der Studie nicht untersucht. Sie fliegen im Sommer Richtung Osten, um dort ihre Jungen zu bekommen. Ihr Energiebedarf könnte sich von dem der männlichen Fledermäuse unterscheiden.
Laut Keicher könne allerdings von ähnlichen Verhaltensweisen ausgegangen werden. So gehen beispielsweise auch frühschwangere Weibchen in den Torpor. Um den Energiebedarf der Männchen und Weibchen genauer vergleichen zu können, benötige es allerdings noch weitere Untersuchungen der weiblichen Abendsegler.