Medizin

Antibiotika bringen Darmmikrobiom aus dem Gleichgewicht

Stand
Autor/in
Antonia Weise
Onlinefassung
Ralf Kölbel

Antibiotika können das empfindliche Zusammenspiel von Bakterien und Pilzen im Darm aus dem Gleichgewicht bringen. Das zeigt eine neue Studie aus Jena. Pilzinfektionen könnten dadurch begünstigt werden.

Ein Gleichgewicht des Darmmikrobioms ist für den Menschen wichtig. Es besteht aus Bakterien und Pilzen. In jedem von uns leben nach Schätzungen rund 38 Billionen Bakterien. Die meisten davon sind im Darm. Allein im Dickdarm tummeln sich bis zu tausend verschiedene Bakterienstämme. Bekannt ist, dass sich die Einnahme von Antibiotika negativ auf den Verdauungstrakt auswirken kann, da es in der Folge zu einem Ungleichgewicht der verschiedenen Mikrobenarten kommen kann.

Ein Gleichgewicht des Darmmikrobioms ist für den Menschen wichtig. Es besteht aus Bakterien und Pilzen. In jedem von uns leben nach Schätzungen rund 38 Billionen Bakterien.
Ein Gleichgewicht des Darmmikrobioms ist für den Menschen wichtig. Es besteht aus Bakterien und Pilzen. In jedem von uns leben nach Schätzungen rund 38 Billionen Bakterien.

Darmpilze können sich nach Antibiotika-Gabe nicht genügend erholen

Nun haben Forscherinnen aus Jena in einer kleinen Studie herausgefunden, dass sich nach Medikamenteneinnahme zwar die Bakterienflora innerhalb von 30 bis 90 Tagen weitgehend regeneriert, doch die Pilze im Darm konnten das nicht.

Antibiotika gefährden das Zusammenspiel zwischen Pilzen und Bakterien

Für die Studie analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut (Leibniz-HKI) Stuhlproben von 16 Probanden.

Sie gaben ihre Stuhlproben vor, während und nach der Einnahme von Antibiotika ab.

Wenn das gesunde Gleichgewicht zwischen Bakterien und Pilzen im Darm gestört ist, können möglicherweise auch Pilzerkrankungen die Folge sein
Wenn das gesunde Gleichgewicht zwischen Bakterien und Pilzen im Darm gestört ist, können möglicherweise auch Pilzerkrankungen die Folge sein.

Das Ergebnis: Einen Monat nach der Medikamentenbehandlung regeneriert sich die Bakterienflora. Bei den Pilzen war das nicht der Fall. Bislang gingen die Forscherinnen und Forscher von einem friedlichen Zusammenleben zwischen Bakterien und Pilzen aus.

„Wir konnten jedoch noch 90 Tage nach der Behandlung Veränderungen bei mehr als einem Drittel der Pilzspezies im Darm nachweisen. Dabei beobachteten wir, dass sich die Pilzgemeinschaften gemeinsam mit denen der Bakterien veränderten“

Die Vielfalt der Darmpilze nimmt ab

Im Gegensatz zur Bakterienflora haben sich die Pilze also nicht vollständig regeneriert. Viele von ihnen konnten sich nicht neu ansiedeln. Insgesamt nahm die Vielfalt der Pilze ab. Das führt zum Ungleichgewicht zwischen Bakterien und Pilzen. Laut Aussage der Forscherinnen kann das Infektionen begünstigen.

Kompliziertes System von Pilzen und Bakterien gerät aus der Balance

So unterdrücken beispielsweise mehrere Stoffwechselprodukte der Bakterien die krankmachenden Fähigkeiten von Pilzen, zum Beispiel des Hefepilzes „Candida albicans“. Gerät dieses komplizierte System aus dem Gleichgewicht, können Darmbeschwerden die Folge sein. Auch das zeigt, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Pilzen und Bakterien im Darm für unsere Gesundheit ist.

Ist das Mikrobiom des Darms gestört, kann es zu Beschwerden wie z.B. Bauchschmerzen kommen.
Ist das Mikrobiom des Darms gestört, kann es zu Beschwerden wie z.B. Bauchschmerzen kommen.

Weitere Forschung ist geplant

In Zukunft ist geplant, die neu gewonnenen Erkenntnisse mit mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu überprüfen. Die Forschung auf dem Gebiet trägt dazu bei, das komplexe Geschehen in mikrobiellen Gemeinschaften besser zu verstehen, um Lösungsansätze in der Medizin oder in der Landwirtschaft zu entwickeln.

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Antonia Weise
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Ralf Kölbel