Ameisen sind soziale Insekten. Sie reagieren auf eine soziale Isolation vergleichsweise wie soziale Säugetiere oder Menschen. Die Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Susanne Foitzik von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz ist die Erste, die das Verhalten bei Vereinzelung von sozialen Insekten mit genetischen Analysen kombiniert und wurde in der Fachzeitschrift Molecular Ecology veröffentlicht.
Prof. Dr. Inon Scharf der Universität Tel Aviv ist Kooperationspartner der Mainzer Forschungsgruppe und Erstautor der Studie. Das israelisch-deutsche Forschungsteam hat in ihrer Studie ein verändertes Sozial-und Hygieneverhalten der Ameise Temnothorax nylanderi in Folge von sozialer Isolation beobachtet. Außerdem werden Immun-und Stressgene im Gehin von isolierten Ameisen runterreguliert. Das sind Gene, die für ein funktionierendes Immunsystem wichtig sind und Zellstress verhindern.
Studienleiterin Susanne Foitzik erklärt aufgrund der Studienergebnisse, dass deshalb das Immunsystem der Ameisen weniger leistungsfähig sei, was auch gerade jetzt in Zeiten von COVID-19 beim Menschen in Folge von sozialer Isolation beobachtet werden könne.
Folgen der Isolation bei sozialen Insekten sind wenig bekannt
Werden Menschen und andere soziale Säugetiere von ihrer Gruppe isoliert, wirkt sich dies auf ihre körperliche Verfassung und das Allgemeinbefinden aus. Sie fühlen sich gestresst.
Soziale Insekten leben in ausgefeilten Sozialsystemen, im Vergleich zu sozialen Säugetieren ist aber wenig über ihre Reaktion in Situationen der sozialen Isolation bekannt. Normalerweise sind Ameisen von Nestgenossinnen abhängig, weshalb sie auch ihr ganzes Leben in der gleichen Kolonie verbringen. Ameisen in einer Kolonie werden in Arbeiterinnen und die Königin unterteilt.
Während die Königin fast ausschließlich Eier legt, pflanzen sich Arbeiterinnen nicht fort und kümmern sich um das Füttern der Larven. Arbeiterinnen begeben sich außerdem auf die Suche nach Nahrung, reinigen und verteidigen ihr Nest.
Verändertes Verhalten von Ameisen nach sozialer Isolation
Für die Studie wurden Ameisen der Art Temnothorax nylanderi untersucht. Diese Ameisen leben in Kolonien von ein paar Dutzend Arbeiterinnen und bewohnen Hohlräume in Eicheln und Stöcken am Boden von europäischen Wäldern. In der Studie zwischen Januar und März 2019 wurden einzeln junge Ameisen aus 24 verschiedenen Kolonien unterschiedlich lang - zwischen einer Stunde und 28 Tagen - isoliert.
Verschiedene Veränderungen im Verhalten der jungen Arbeiterinnen nach der Isolation wurden in der Studie beobachtet: Sie waren weniger interessiert an erwachsenen Nestgenossinen, aber erhöhten die Dauer des Brutkontakts. Außerdem verbrachten die jungen Arbeiterinnen weniger Zeit mit der Selbstpflege. Prof. Dr. Susanne Foitzik erklärt, dass diese Veränderungen im Hygieneverhalten die Ameisen anfälliger für Parasiten machen könne und auch auf eine soziale Vereinsamung hinweise.
Stress infolge von Isolation wirkt sich negativ auf das Immunsystem aus
Das Forschungsteam konnte signifikante Veränderungen im Verhalten nach der Isolation feststellen. Deutlich auffälliger war aber die veränderte Genaktivität – es wurden viele Immun- und Stressgene herunterreguliert. Diese Gene, die mit der Funktion des Immunsystems und der Stressreaktion zusammenhängen, sind also weniger aktiv. "Das Ergebnis passt zu Studien an anderen sozialen Tieren, die eine Schwächung des Immunsystems nach der Isolation zeigen", schlussfolgert Prof. Dr. Inon Scharf.
Prof. Dr. Foitzik fasst die Ergebnisse der israelisch-deutschen Studie folgendermaßen zusammen: