Interview mit Regisseur Niki Stein

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„Big Manni“ ist die Geschichte eines Hochstaplers, dem es gelang, Geldgeber und Politiker hinter sich zu bringen und damit eine gigantische Luftnummer hochzuziehen. Was hat Sie denn an dem Projekt vor allem gereizt?

Hochstapler sind immer reizvolle Figuren in einem Drama. Das weiß man spätestens seit Thomas Manns „Felix Krull“. Und sie haben großartige Vertreter in der Filmgeschichte, an denen man sich messen muss.

Ist der Fall paradigmatisch für die Verfassung der Bundesrepublik dieser Zeit? Sind wir in der Zeit nach der Bankenkrise desillusionierter?

Die Ereignisse um „Flowtex“ waren sicher von dem ungeheuren Optimismus beflügelt, der mit der deutschen Einigung einherging. Überall wurde gebaut, ein ganzes Land renoviert, ob immer zu Recht, sei einmal dahingestellt. Der eigentliche Treibstoff, der Betrügern ihre „Opfer“ zuspült, nämlich die Gier, versiegt freilich nie!

„Big Manni“ hat nicht die Tonlage eines historischen Fernsehfilms, sondern arbeitet durchaus die komische Seite des Geschehens heraus. Mit welchem Blick, welcher Intention sind Sie an die Umsetzung herangegangen?

Ich fand den Stoff von vornherein unglaublich komisch. Das heißt nicht, dass ich die ernste, absolut empörende Seite daran leugnen wollte. Aber mir schien die Form der Komödie die geeignetste, um diesen irrwitzigen Spagat zwischen Selbstüberschätzung und bauernschlauer Menschenkenntnis der Hauptfigur darzustellen. Dabei darf man natürlich nie den Fehler machen, eine Komödie nicht bierernst zu inszenieren und auch ihre Charaktere absolut ernst zu nehmen. Gibt man dem Affen Zucker oder verliert man sich im Manierismus, wird es albern.

Gab es die Gefahr, wegen der absurden Seite des Falles zu verniedlichend zu werden?

Wie gesagt: Eine gute Komödie muss immer knapp an der Tragödie vorbeischrammen. Und der Film hat ja sehr ernste Momente, wenn beispielsweise Big Manni gegenüber seiner Familie sein Versagen einräumen muss. Die eigentlichen Opfer kommen freilich nicht vor. Das sind nämlich wir alle, der Staat, die Steuerzahler, die letztlich die Zeche gezahlt haben. Die schauen jetzt hoffentlich zahlreich „Big Manni“ und das nächste mal denen etwas besser auf die Finger, die den eigenen Größen- wahn mit Hilfe des „big money“ ausleben wollen.

Manfred Brenner hat ein paar Mitwisser, die ganze Flowtex- Nummer ist aber vor allem eine große Ego-Show. War es deshalb naheliegend, den Film aus seiner Perspektive zu erzählen, samt Off-Kommentar? Sahen Sie die Gefahr, ihn dadurch indirekt ein wenig zu heroisieren?

Es ist ja nicht so, dass unser Big Manni im Film von Anfang an betrügen will. Er glaubt an sich, hat eine Vision. Das ist ja schon mal toll. Visionäre sind ja seit Helmut Schmidts Spruch, wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, etwas verpönt in unserem Land. Aber Big Manni kann auch den Hals nicht voll kriegen, er ist ein eitler Selbstdarsteller. Das verschweigt der Film nicht. Und der wunderbare Hans-Jochen Wagner zeigt diesen Big Manni in all seinen Facetten.

Haben Sie mit dem realen Manfred Schmider zusammengearbeitet?

Ich habe mich einmal mit ihm getroffen und einen Tag lang unterhalten: Ein sehr netter, einnehmender Mann: Ich hätte ihm jeden Gebrauchtwagen abgekauft.

Inwieweit konnten – und wollten – Sie mit Originalmotiven arbeiten?

Tatsächlich haben wir in „Big Mannis“ Versailles gedreht, einem Anwesen auf dem Turmberg über Karlsruhe. Das war mir sehr wichtig und hat die Produktion am Ende eine Stange Geld gekostet, weil dort wieder ein sehr geschäftstüchtiger Herr sitzt. Aber diese protzende Pracht haben wir einfach nirgendwo vergleichbar gefunden.

„Big Manni“ ist ein personenreicher Film, der allerdings von einer Hauptfigur beherrscht wird. Was bedeutet das für die Schauspielführung, wie kriegt man es hin, dass alle zu ihrem Recht kommen?

Ach, wissen Sie, alle Figuren haben ja etwas: Der kleine und der große Banker, die die Gier blind macht; der Politiker, der glaubt, Big Manni für seine Interessen nutzen zu können und am Ende relativ glimpflich davonkommt; seine Ehefrau, die lieber wegschaut statt nachzufragen. Und nicht zuletzt der Kommissar, der das aufdeckt und von dem man den Eindruck nicht los wird, dass sein besonderer Einsatz auch eine persönliche Komponente hat. Man muss die Fguren sehr trennscharf beschreiben können als Regisseur. Den Rest macht dieses großartige Ensemble von alleine.

War es sehr schwierig, einen Darsteller für „Big Manni“ zu finden?

Nein, weil für mich nur Hans-Jochen Wagner in Frage kam und er direkt zugesagt hat. – Aber auch bei den anderen Rollen haben wir nicht lange gesucht, die wunderbare Casterin Nina Haun und ich. Wichtig war uns, dass alle Dialekt sprechen. Dieses verbrüdernd Provinzielle ist ja der Nährboden für den Betrug.

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SWR