Vor Badezimmerspiegel erläutert Grzegorz Lehmann die Revolution. „Der Spiegel ist ausgestattet mit zusätzlicher Technologie, die mich erstens erkennt und zweitens auf über diesen Spiegel die Informationen über meine Termine am Tag liefert", erklärt der Technik-Chef einer Smart Home Musterwohnung an der Technischen Universität Berlin. Diese Technologie gehört zum Besten und Neuesten, was es an Smart- Home- Ausrüstung gibt.
Die elegante Musterwohnung befindet sich in Berlin-Charlottenburg, installiert und betrieben von der TU Berlin und der Smart Home Initiative Connected Living. Hier präsentiert sich das vernetzte und automatisierte Wohnen in vier Zimmern, mit chromblitzenden Luxuskühlschränken, die Lebensmittel sichten und Rezepte empfehlen. Dazu kommt ein 65 Zoll großer Monster-Flachbildschirm und eine vernetzte Licht- und Wärmeversorgung.
Laut der Gesellschaft für Konsumforschung ist der Umsatz im Jahr 2016 innerhalb von 10 Monaten um zehn Prozent gewachsen - auf rund drei Milliarden Euro. Doch Johanna Kardel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen bleibt skeptisch. Zwei Drittel des Smart-Home-Marktes bestünden aus Fernsehern und anderen internetfähigen Unterhaltungsgeräten. Das ist jedoch noch kein Smart Home im eigentlichen Sinn. Eine Verbraucherumfrage vom Dezember 2016, organisiert von der Immobilien-Website Scout 24, kommt zum Schluss, dass nur sieben Prozent der Deutschen wirklich über ein vernetztes Zuhause verfügen.
Fehlende Sicherheit
Smart-Home-Nutzer haben vor allem drei Erwartungen, berichtet Robert Spanheimer vom digitalen Branchenverband Bitkom: „Bei unserer Befragung nannten 61 Prozent als wichtigstes Konsum-Motiv die höhere Sicherheit. Dann kommen Komfort und Lebensqualität. Immerhin die Hälfte der Befragten nannte auch Energieeffizienz als wichtigen Grund." Und hier liegen die Probleme, die zur Stagnation des Marktes geführt haben: Zum Beispiel sei die Sicherheit, erklärt Johanna Kardel, nicht ausreichend gewährleistet: „Viele Smart-Home-Experten raten definitiv davon ab, auf smarte Türsteuerung zu setzen". Kein Angebot sei hundert Prozent sicher. "Wer möchte schon ein smartes Türschloss, wenn die Tür dann die ganze Zeit offen steht?"
Fehlende Kompatibilität, Unsicherheit beim Datenschutz
Auf dem Markt konkurrieren verschiedene Anbieter, deren Produkte nicht miteinander kombinierbar sind. Jeder Anbieter will seinen Standard auf dem Markt durchsetzen. Es gibt keine gemeinsame technische Norm. Das Bundesjustizministerium betont, man beobachte aufmerksam die Entwicklung, um dann „im Bedarfsfall die rechtlichen Rahmenbedingungen anzupassen“. Derweil bleiben die Käuferschichten skeptisch, weil sie wissen, dass die Waschmachine vom Hersteller A nicht kompatibel ist mit dem Herd vom Hersteller B.
Hohe Kosten, fragwürdiger Nutzen
Bitkom ermittelte bei Konsumenten im letzten Jahr vor allem vier Gründe der Ablehnung dieser Smart-Technik: Der Einbau sei zu aufwendig, die Geräte seien zu teuer, die Bedienung zu kompliziert. Die Basistation kostet immerhin rund 300 Euro, die komplette Vernetzung eines Hauses fordert mehrere tausend Euro. Und beim Thema Energiesparen dominieren skeptische Stimmen. Besser sei es -so der Tenor- sein Haus richtig zu dämmen als auf Smart-Home umzuschwenken. Auch die Sorge, dass die eigenen Nutzungsdaten in einem Smart Home abgegriffen und missbraucht werden können, hält potenzielle Kunden ab.
Angst vor dem Roboterhaus
Dennoch hat eine Befragung der Bitkom im vergangenen Jahr einen Zukunftsmarkt ausgemacht. Das Smart Home könnte als Hilfssystem für kranke oder ältere Menschen dienen. Doch da erscheint schnell das Horrorszenario von isolierten älteren Menschen, die vor allem von Elektronik und Robotern betreut werden. Diese Angst erscheint nicht ganz grundlos. Professor Harald Simons, Volkswirtschaftler aus Leipzig kritisiert, die aktuelle Smart Home Technik sei etwas für „robotergleiche Bewohner, deren Tage und Bewegungen sich nach einem definierten Normzyklus richten“. Es müssen also noch viele Probleme gelöst werden, um der neuen Wohntechnologie zum Durchbruch zu verhelfen.