Bärte für Männergesundheit

Achtung: Schnauzer!

Stand
Autor/in
Simone Rapp
Onlinefassung
Ralf Caspary
Ralf Caspary
Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei Redakteur bei SWR Kultur DAS Wissen.

Die Movember-Bewegung

Schnurrbärte mit Signalwirkung - die weltweite Wohltätigkeits-Aktion "Movember" ruft Jahr für Jahr alle Männer auf, 30 Tage lang einen Oberlippenbart zu tragen und Spenden zu sammeln für die Männergesundheit.

"Movember" setzt sich zusammen aus dem englischen Wort für Schnurrbart, "Moustache", und November. Ihren Ursprung hat die Kampagne 2003 in Australien. Mittlerweile gibt es sie auch in Deutschland und findet immer mehr Unterstützer. Dazu gehören Samuel, Sebastian und Dario aus Göppingen, die sich alle einen Schnurrbart stehen lassen. Der sieht manchmal ein bisschen nach Truckerästhetik oder nach einem schönen Polizisten-Zuhälter-Bart aus.

Männer gehen ungern zur Vorsorge

Die drei Bartträger wollen Männer motivieren, regelmäßig zur Vorsorge zu gehen. Sebastian sagt, wenn man gesund sei, kümmere man sich nicht um seine Gesundheit, gerade deswegen würde er so eine Aktion mitmachen, da werde vielen Männer erstmals klargemacht, ihr müsst euch jetzt mal um eure Gesundheit kümmern. Wenn man mit 45 erst zur Vorsorge gehe, dann könne es ja manchmal zu spät sein.

Etwa fünf Millionen solcher Schnurrbart-Aktivisten gibt es schon weltweit. Sie sammeln Spenden für Forschungsprojekte der Movember-Stiftung und für die Behandlung und Vorsorge von Prostatakrebs.

Christian Wagner, leitender Arzt am Prostatazentraum Nordwest im St. Antonius Hospital Gronau, macht deutlich, dass der Hintergrund dieser Aktionen die Tatsache sei, dass Männer ganz anders mit ihrer Gesundheit und der Vorsorge umgingen. Sie konsultierten eigentlich erst dann den Arzt, wenn irgendwas zwicke oder nicht mehr funktioniere, die Vorsorge würden sie umgehen. Bei Frauen sei das anders. In Deutschland liege zum Beispiel die Vorsorgerate bei Frauen so um die 80 Prozent. Bei Männern sei diese Quote sehr viel niedriger.

Männer wollen immer stark sein

"Die meisten männlichen Patienten reden nicht gerne über ihre Beschwerden und scheuen sich davor, einen Arzt aufzusuchen – gerade bei typischen Männerkrankheiten sei die Hemmschwelle besonders groß", erklärt Christian Wagner: "Also dieses klassische Muster der besten Freundin, der ich alles erzählen kann, gibt es bei Männern häufig so nicht. Das mag psychologisch darauf basieren, dass der Mann immer Stärke zeigen möchte, nie Schwäche. Er möchte auf keinen Fall sich selbst oder anderen eingestehen, dass der Körper vielleicht nicht mehr ganz so funktioniert wie er soll, und wenn man dann von einem Operations- oder einem Krankheitsgebiet ausgeht, was grundsätzlich eher schambehaftet oder tabubehaftet ist wie eben die männlichen Genitalien zum Beispiel, dann ist das ein Thema, das überhaupt nicht gerne angesprochen wird."

Dario aus Göppingen ergänzt die Aussage mit einer persönlichen Erfahrung: "Ich hatte einen Kumpel, da war irgendwas mit der Prostata, und das hat er erst gesagt, als es schon zu spät war, erst dann ist er zum Arzt. Und ich kenne das auch von mir selber, und eigentlich ist das ziemlich bescheuert, aber das ist schon noch bei Männern ein großes Tabuthema."

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Rund 60.000 neue Fälle gibt es jährlich allein in Deutschland. Die Heilungschancen stehen gut – vorausgesetzt der Tumor wird früh entdeckt. Christian Wagner: "Es gibt eben die Möglichkeit die gesetzliche Früherkennung wahrzunehmen, die ab dem 45. Lebensjahr angeboten wird und die aus einer digitalen rektalen Untersuchung besteht. Was sich jetzt nach Computer anhört, ist nichts anderes als den Finger in den Enddarm einzuführen und als Arzt die Prostata abzutasten. Als weitere Untersuchung besteht die Möglichkeit den Prostatawert im Blut, den PSA, bestimmen zu lassen, was derzeit noch eine IGeL-Leistung ist, eine individuelle Gesundheitsleistung, die der Patient zahlt."

Geldsammeln auf Cocktailparty

Wagner ist ebenfalls überzeugter Movember-Aktivist. Seit drei Jahren engagiert er sich mit seinen Team „Bärte ohne Grenzen“ für die Männergesundheit und belegt einen der vorderen Plätze auf der Rangliste der besten Spendensammler. Und wie wird Geld gesammelt? Zum Beispiel bei einer Party, bei der das Göppinger Trio kleine Schnurrbärte aus Filz bastelt und die dann an die Cocktailgläser klebt. Und von jedem verkauften Cocktail fließt ein Anteil in die Aktion. Übrigens: Wer partout keinen Bart tragen will, kann bei der "Movember-Challenge" mitmachen und Laufen gehen für den guten Zweck. Denn die Movember-Männer wissen, dass Sport und Gesundheit zusammenhängen. Es gebe, erläutert Wagner, immer mehr Daten, die zeigten, dass aggressive Tumoren durch regelmäßige sportliche Tätigkeit weniger häufig entstehen und die Patienten, die nach einer Krebsoperation Sport machen, viel schneller und besser wieder genesen.

Samuel, Sebastian und Dario wollen auch im kommenden Jahr wieder mit dabei sein.  Dario hat sogar an seinem Oberlippenbart Gefallen gefunden:  "Der Bart bleibt dran! Und ich glaube, ich mach ihn nie wieder weg."