„Vorsicht, Genossen!“ – Ein DDR-Spion berichtet 1986 von seiner Festnahme in München und seinem, wie er es nennt, „standhaften Verhalten vor feindlichen Justizorganen“.
Der nach 2 Jahren Haft in die DDR zurückgekehrte Mann spricht das 1986 auf Tonband. Um „operativ im Feindgebiet zu arbeiten, ist psychische und physische Stärke notwendig“ Es sei ein revolutionäres Abenteuer, bei dem man sich wie ein angegriffener Igel zu verhalten habe: einrollen und Stachel ausfahren.
Der Bandkarton trägt keinen Namen. Wir wissen also nicht, wer dieser Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit ist. Er gibt den Genossen Tipps, wie sie sich im Falle einer Festnahme zu verhalten hätten. Ein Kernelement ist die Aussageverweigerung, ein anderes die Bestellung eines Rechtsanwalts über die Ständige Vertretung der DDR. Beides gelingt und wird von den westlichen Behörden nicht behindert.
Der politische Gegner, so die Aussage, schlage niemanden mehr brutal zusammen und foltere auch nicht, wie es die Nationalsozialisten getan hätten. Vielmehr sei die „gegnerische Klassenjustiz raffinierter“. Er kritisiert vor allem das Umgarnen auf scheinbar freundschaftlichem Niveau, um Aussagen über Hintermänner zu bekommen.
Nach der Festnahme brachte man ihn zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe, wo ihm der Ermittlungsrichter (zurecht) die „Ausspähung für eine fremde Macht“ unterstellte. In der Untersuchungshaft empfand er es als Belastung, dass die meisten Mitgefangenen psychisch gescheiterte, sich am kapitalistischen System bereichernde Verbrecher waren, etwa „Zuhälter und Homosexuelle, Steuerhinterzieher und Bankräuber“.
Nach der Verurteilung ließ er sich von seinem Rechtsanwalt aus der Ständigen Vertretung der DDR die Tageszeitung Neues Deutschland bringen, die ihn „klassenmäßig bestärkte. Genossen, das war ein tägliches Fest!“ Als er in verschiedenen Abteilungen des Gefängnisses für „kapitalistische Großunternehmen“ arbeitete, erhielt er einen Stundenlohn von unter 1 DM. Dadurch hätten sich Haftanstalt und BRD-Industrie an ihm bereichert.
Das Band fand sich in Gera.
Signatur MfS BV Gera/Tb/453