Hintergrund: Uwe Barschel war Ministerpräsident, einer der jüngsten, den die Bundesrepublik je hatte, mit 38 kam er ins Amt und war ein großer Hoffnungsträger der CDU. Im September 1987 hat er gute Chancen, wiedergewählt zu werden.
7.9.1987: Spiegel veröffentlicht ersten Artikel zu „Waterkant-Gate"
Eine Woche vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein enthüllt der „Spiegel“ einen Artikel unter dem Titel „Waterkant-Gate – Spitzel gegen den Spitzenmann“. Tenor. Der Spitzenkandidat der SPD, Björn Enghom – Gegenspieler von Uwe Barschel – wurde bespitzelt, womöglich von der CDU. Engholm sollte mit fingierten Angaben fälschlich der Steuerhinterziehung bezichtigt werden. Die Angaben dazu könnten nur aus den CDU-geführten Finanzministerien in Bonn oder Kiel stammen. Der Bericht im Süddeutschen Rundfunk beginnt mit einem Interview mit Björn Engholm.
12.9.1987: Spiegel legt nach und veröffentlicht „Barschels schmutzige Tricks“
Eine Woche später bringt Spiegel Rainer Pfeiffer ins Spiel, einen Medienreferenten von Uwe Barschel. Der habe eine eidesstattliche Versicherung abgegeben: Er habe von Barschel persönlich den Auftrag bekommen, Engholm zu bespitzeln.
Der Artikel ist deshalb brisant, weil der Spiegel zwar regulär am Montag erscheint – das wäre einen Tag nach der Wahl gewesen – aber die ersten gedruckten Exemplare schon am Samstag an einige Medien gehen und damit wichtige Inhalte dann schon in die Öffentlichkeit gelangen. Das war dann in diesem Fall einen Tag vor der Landtagswahl. Auch der NDR berichtet an diesem Samstag mittag und telefoniert mit Uwe Barschel - der die Beschuldigungen zurückweist.
13.9.1987: CDU verliert absolute Mehrheit – Interview mit Rainer Pfeiffer im NDR
Die Enthüllungen zeigen Wirkung: Die CDU verliert bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ihre absolute Mehrheit, stärkste Fraktion wird die SPD. Und es ist klar, dass dabei auch die Spiegel-Geschichte eine Rolle spielt. Nach Schließung der Wahllokale sendet der NDR ein Interview mit dem Belastungszeugen, Rainer Pfeiffer.
14.9.1987: Spiegel-Chef Böhme weist Kritik zurück
Tags drauf erscheint im Spiegel dann auch die ganze Geschichte. Barschel kündigt einen Untersuchungsausschuss an. Die CDU kritisiert den Spiegel: Der habe die Geschichte bewusst am Tag vor der Landtagswahl lanciert, um die CDU bei der Wahl maximal zu schädigen. NDR-Redakteur Butz Peters interviewt dazu Spiegel-Chefredakteur Erich Böhme.
18.9.1987: Barschel gibt sein Ehrenwort
Die Rücktrittsforderungen gegen Uwe Barschel werden immer lauter. Weitere vier Tage später gibt er die berühmte Pressekonferenz, auf der er beteuert:
Am selben Vormittag ist die Affäre dann auch Thema im Bundestag in Bonn. Es stehen sich nun also die eidesstattliche Erklärungen Uwe Barschels und Rainer Pfeiffers gegenüber. Am 21. September bringt der Spiegel neue Details – ist sich aber bezüglich der Rolle von Uwe Barschel nicht mehr so sicher.
Auf der politischen Ebene gehen die Koalitionsgespräche derweil weiter. Noch immer will die CDU mit Uwe Barschel eine Regierung mit der FDP und dem Südschleswigschen Wählerverband bilden. Am 25. September aber kündigt Uwe Barschel seinen Rücktritt an.
Nach dem Rücktritt am 25.9.1987
Barschels Stellvertreter Henning Schwarz übernahm die Regierungsgeschäfte. Da er aber keine Regierungsmehrheit bilden konnte, kam es im Mai des kommenden Jahres zu Neuwahlen. Björn Engholm wurde Ministerpräsident, sogar Kanzlerkandidat der SPD, bis er auch er 1993 von allen Ämtern zurücktreten musste. Denn es kam heraus, dass er von seiner Bespitzelung durch Rainer Pfeiffer schon früher wusste als er im Untersuchungsausschuss behauptet hatte.
Die weiteren Ermittlungen ergaben außerdem, dass der Kronzeuge der Spiegel-Enthüllungen – Rainer Pfeiffer – teilweise falsche Aussagen gemacht hat. Ob und wieviel Barschel also wirklich von der Bespitzelung Engholms wusste, ist bis heute nicht gesichert.
Barschels tragisches Ende
Barschel selbst hatte nach seinem Rücktritt noch die Hoffnung, sich entlasten zu können, doch dazu kam es nicht mehr. Am 11. Oktober, nach seinem Rücktritt. wird er tot im Genfer Hotel Beau Rivage aufgefunden.
Zum Tod Uwe Barschels und den ersten Ermittlungen gibt es eine eigene Folge im SWR2 Archivradio.
11. bis 16.10.1987 Uwe Barschels Tod in Genf – Mord oder Suizid?
11. bis 16.10.1987 | Zwei Reporter des "Stern" finden Uwe Barschel tot in der Badewanne seines Zimmers im Genfer Luxus-Hotel "Beau Rivage". Der Fall löst sofort Spekulationen aus. Denn Uwe Barschel war drei Wochen zuvor von seinem Amt als Ministerpräsident wegen der nach ihm benannten "Barschel-Affäre" zurückgetreten. Seine politische Karriere war vorerst am Ende. Und so drängt sich rasch auch in diesen Nachrichten die Vermutung auf, Barschel habe sich das Leben genommen. Doch die Befundlage erweist sich zunehmend als komplex und widersprüchlich.
War es Mord oder Suizid? Die Ermittlungen nach dem Tod bringen fast täglich neue Erkenntnisse, aber keine echte Antwort. 12. Oktober, der Tag nach dem Tod.
14.10. Inzwischen ist bekannt: Barschel hatte vor seinem Tod Kontakt mit einem Mann, der sich Robert Roloff nannte. Mit Roloff wollte er sich in Genf treffen, berichtet Barschels Frau. Diese hatte ihm erklärt, er kenne die Hintermänner, die Barschel die Abhöraffäre gegen Engholm anhängen wollten und er habe entlastendes Material. Die Polizei erklärt wiederum, dass Barschel vor seinem Tod offenbar Medikamente in einer tödlichen Dosis genommen habe.
16. Oktober, weitere Ermittlungen
Die Ermittlungen ziehen sich über Jahre hin. Gerüchte kommen auf, Barschel sei in Waffengeschäfte verwickelt gewesen und habe bestimmten Waffenhändler oder gar Regierungen mit Enthüllungen gedroht – doch diese Thesen konnten nie erhärtet werden. Bei der Frage: Mord oder Suizid? sind sich die beteiligten Ermittler bis zuletzt nicht einig geworden.
24.11.1999 Die Spende des Waffenhändlers
24.11.1999 | CDU-Spendenaffäre (1) | Die CDU-Spendenaffäre beginnt im November 1999. CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep wird verhaftet. Der Verdacht: Steuerhinterziehung. Kiep soll 8 Jahre zuvor vom Waffenhändler Karlheinz Schreiber eine Spende über 1 Million D-Mark für die CDU erhalten haben und nicht versteuert haben. Es stellt sich später heraus, dass das Geld ursprünglich von der Thyssen AG stammt. Spekulationen gehen los: War das eine Gefälligkeit dafür, dass die Kohl-Regierung Waffenlieferungen an Saudi-Arabien genehmigte? Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl erklärt, er habe von der Spende nichts gewusst. Doch Walther Leisler Kiep stellt das anders dar. Damit wird die Affäre Kiep zu einer CDU-Spendenaffäre. Es ist der 24. November 1999.
30.11.1999 Die Enthüllung der schwarzen Konten
30.11.1999 | CDU-Spendenaffäre (2) | Wo landete nun die Million des Waffenhändlers Karlheinz Schreiber? Am 26. November 1999 räumt Heiner Geißler, der ehemalige Generalsekretär der CDU, ein, dass es in der CDU schwarze Konten gab. Ex-Bundeskanzler Kohl schweigt zunächst und gibt die schwarzen Konten erst vier Tage später zu.