Herr Linn, wie sind Sie zum Singen gekommen?
Ich habe als Jugendlicher bei meinem Vater schon im Kirchenchor gesungen. Über meinen Bruder bin ich zum Chor der evangelischen Jugendkantorei der Pfalz gekommen und später auch zum Hochschulchor meines Bruders. Dort habe ich dann ausgeholfen, und irgendwann haben mich die Chorkollegen angesprochenen, ich solle es auch mal mit dem Gesangsstudium probieren. Darauf habe ich mein geplantes Fagott-Studium verworfen und 1989 angefangen zu studieren mit dem Ziel, zum Rundfunkchor des SWR zu kommen, weil der mir einfach gefiel.
Und das hat dann auch funktioniert.
Genau, ich war zunächst Aushilfe und 1992 habe ich dann eine feste Stelle im Chor bekommen. Ich war schon da, wo ich hin wollte, obwohl ich noch im Studium war. Und das geht seit vielen Jahren gut.
Ihr Bruder ist auch Berufsmusiker, gibt es da ein Konkurrenzdenken?
Nein, mein Bruder ist freischaffender Opernsänger. Außerdem ist er Bassbariton, ich bin Tenor, da ist keine Konkurrenz vorhanden.
Warum sind Sie nicht auch an die Oper gegangen?
Oper ist nicht so meine Welt. Ich persönlich mache gerne Kirchenmusik – Kantaten und Oratorien. Die feste Anstellung beim SWR zusammen mit der Möglichkeit, freischaffend als Konzertsänger tätig zu sein, sind für mich optimal. Am Chorsingen reizt mich, dass man immer die Ohren offen halten muss. Man muss wissen, was machen die links und rechts neben mir, um zum Gesamtklang beitragen zu können.
Und warum genau die Kirchenmusik?
Weil mir sowohl die Musik, als auch die Texte etwas geben und ich das auch gerne weitergebe. Bei der Kirchenmusik ist es eigentlich so, dass ich vorrangig für mich singe. Ich singe natürlich auch für das Publikum, aber der Text muss erst mal in mir drin sein, und dann überträgt sich das auch auf die Zuhörer.
Wie muss man sich diese Atmosphäre vorstellen, wenn der Chor mit einem Komponisten zusammen arbeitet?
Es kommt relativ oft vor, dass wir mit den Komponisten zusammenarbeiten, da wir viele Uraufführungen singen. Das ist auch für uns gut. Es ist ein beidseitiger Lernprozess. Manchmal sind die Komponisten etwas verunsichert. Aber diese Aufgeregtheit legt sich meistens. Wir schauen, dass es eine produktive Arbeitsatmosphäre gibt.
Wenn Sie nicht Sänger geworden wären, was würden Sie dann machen?
Ich würde vermutlich etwas Handwerkliches machen. Verwandte von mir hatten eine Schreinerei, da war ich immer. Orgelbauer wäre etwas für mich gewesen.
Was tun Sie am liebsten, wenn Sie einmal nicht musizieren?
Wenn es irgendetwas zu basteln oder zu bauen gibt, bin ich dabei. Ich habe sie zwar nicht gebaut, aber ich habe zwei wunderschöne Kommoden von meinem Urgoßvater wieder hergerichtet. Außerdem fahre ich gerne Fahrrad.