Verkäuferin Silke Herrmann ist schon genervt, bevor sie an ihrem Arbeitsplatz ankommt. Sie muss jeden Tag aus dem Hunsrück runter an die Mosel und fährt dabei gleich durch mehrere Baustellen.
"Ich bin sehr stark betroffen", erzählt sie. "Egal, ob der Tunnel gesperrt ist oder oben Bernkastel raus, wo sie die Hangsanierung machen oder was sie da gemacht haben." Herrmann meint die alte Bundesstraße 50, die von Bernkastel-Kues an der Mosel in den Hunsrück führt. Hier werden mehrere Mauern, die die Straße stützen, saniert.
"Da steht jetzt schon wochenlang die Ampel, da wird nichts gemacht", schimpft sie. "Da frage ich mich, wieso nicht? Wieso steht die Ampel dort? Sind sie fertig? Oder sind sie nicht fertig? Wenn sie nicht fertig sind, warum arbeitet da keiner?"
Neue Bauvorschriften verzögern die Arbeiten an der B50
Wolfgang Port, Bürgermeister von Bernkastel-Kues, regt die Situation ebenfalls auf. Die Bauarbeiten würden sich verzögern, sagt er, weil die Verordnung für die Entsorgung von Bauschutt geändert worden sei. Neue Bodengutachten seien dadurch nötig gewesen und der nächste Bauabschnitt habe erst mit Verzögerung ausgeschrieben werden können.
"Da habe ich manchmal so das Gefühl, als hätten wir uns mittlerweile weit von dem entfernt, was normaler Menschenverstand ist, wenn man sieht, was sich da mittlerweile auftürmt an Voraussetzungen und Auflagen, die man erfüllen muss", kritisiert er.
Mega-Baustellen auf der A61 seit 2016
Ulrich Bocklet fährt zu seinem Arbeitsplatz über die A61 von Emmelshausen nach Bad Kreuznach. Auf der Autobahn durch Eifel und Hunsrück reiht sich seit Jahren eine Baustelle an die andere. Über rund 20 Kilometer von Boppard Richtung Süden wird die Asphaltschicht erneuert. Kosten 130 Millionen Euro. 2028 soll die Sanierung abgeschlossen sein.
Doch meist bleiben solche Projekte nicht im Zeitplan. Wie beim sechsspurigen Ausbau der A61 zwischen Rheinböllen und der Raststätte Hunsrück. Hier werden seit 2016 mehrere Brücken neu gebaut. Eigentlich sollte dieses Jahr alles fertig sein. Doch es wird mindestens noch drei weitere Jahre dauern. Was ist der Grund für diese Verzögerungen?
"Mein Eindruck ist", sagt Bocklet und schaut aus dem Autofenster auf die menschenleere Baustelle, "dass zu wenige Leute auf so einer Baustelle arbeiten." Der Landesbetrieb Mobilität (LBM) erklärt nach langen Hin und Her, das Führungspersonal der beauftragten Baufirmen habe mehrmals gewechselt.
Zu wenig Arbeiter und zu viel Bürokratie verzögern Sanierung A61
"Man habe auch wiederholt angemahnt", schreibt die LBM, "dass zu wenig gewerbliches Personal zur fristgerechten Umsetzung der Maßnahme auf der Baustelle vorhanden ist. Auch der teilweise zu geringe Kenntnisstand und daraus folgend eine zu geringe Leistungsfähigkeit des gewerblichen Personals hatten Einfluss auf die Dauer der Bauarbeiten." Dadurch seien mehrere Baumängel entstanden, die nun erst behoben werden müssten.
Aber auch die Autobahn GmbH des Bundes, die für die Arbeiten zuständig ist, klagt über immer mehr Bürokratie. "Mitten in den Baumaßnahmen", sagt ihr Sprecher Uwe Schminke, "die können fünf, sechs Jahre dauern, kommen neue Vorschriften. Und dann müssen wir umdisponieren. Und das kann alleine auch schon zu Verzögerungen führen."
Gründe für Verzögerungen gibt es viele: die Witterung, Lieferketten, Probleme mit Baufirmen, aber auch immer mehr Vorschriften, die einzuhalten sind. Pendler wie Silke Herrmann oder Ulrich Bocklet müssen das Ganze ausbaden.