Ratternd fährt die Monorackbahn durch die Weinberge auf der Thörnicher Ritsch. Thomas Ludwig packt die letzten Kisten mit Trauben auf den Hänger. Dann ist die Lese für dieses Jahr beendet. Und nie war der Winzer glücklicher darüber, dass er nicht mehr auf die Zahnradbahn steigen muss.
Jedes Jahr spart sich Ludwig die Steillage gegenüber von Thörnich für die letzten Erntetage auf. Denn der Aussichtspunkt auf die Moselschleife ist sein Lieblingsplatz im Wingert. Heute kann er den Ausblick allerdings nicht so recht genießen, sagt er: "Es ist einfach kein gutes Gefühl mehr auf die Bahn zu steigen."
Rund 300 Monorackbahnen an der Mosel
So wie Thomas Ludwig geht es vielen Winzern nachdem der 21-jährige Marco Steffen fast auf einer sabotierten Monorackbahn verunglückt wäre. Seit vergangene Woche auch ein Kollege aus Erden mutmaßliche Manipulationen an seinen Bergbahnen feststellte, gehe die Angst um, sagt Walter Clüsserath, Präsident des Weinbauverbandes Mosel. Viele würden inzwischen über Alarmsysteme und Kameras in den Weinbergen nachdenken: "Ich hoffe inständig, dass die Polizei den Verantwortlichen findet. Damit sich diese Sorge mit den Bahnen zu arbeiten wieder legt."
Denn die Monorackbahnen sind gerade im Moseltal mit seinen vielen felsigen Steillagen verbreitet. Rund 300 Exemplare gibt es nach Angaben des Weinbauverbandes zwischen Koblenz und Trier. "Das ist ja ein Wunderwerk der Technik", sagt Clüsserath: "Ohne die Zahnradbahnen wären viele Steillagen gar nicht zu bewirtschaften."
Auch Thomas Ludwig könnte ohne die Bahn keine Trauben auf der Thörnicher Ritsch ernten. Wenn er mit der Monorack fährt, stellt er sich aber neuerdings hin anstatt sich hineinzusetzen: "Dann kann ich im Notfall abspringen. Wenn ich da sitze, komme ich nicht rechtzeitig hoch, falls etwas passiert."
Betroffener Winzer: Täter muss sich mit Bahnen ausgekannt haben
Das war es vermutlich auch, was Marco Steffen aus Trittenheim das Leben gerettet hat. Wenn er nicht rechtzeitig von der Bahn heruntergekommen wäre, sagt sein Vater Ralf Steffen, wäre er mit dem Gerät in eine Felswand gekracht. Der 55-Jährige ist sich sicher: "Das war ein Mordanschlag." Seit Wochen mache er sich nun Gedanken, was das Motiv gewesen sein könnte. Feinde habe seine Familie keine: "Wir tun hier keiner Menschenseele was."
Was für den Winzer allerdings klar ist: "Da muss ein Profi am Werk gewesen sein, jemand der sich mit diesen Bahnen absolut auskennt." Um eine Monorackbahn derart zu sabotieren und Sicherheitstechnik auszubauen, habe der Täter Fachwissen und Spezialwerkzeug gebraucht. Dass die Aktion ein Streich von Jugendlichen war, schließt Steffen daher aus.
Polizei vernimmt Zeugen und wertet Spuren aus
Auch Uwe Konz vom Polizeipräsidium Trier sagt: "Einen Streich kann man das, was da in Trittenheim passiert ist, nicht nennen. Wir ermitteln wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und der Sachbeschädigung." Ob in Erden derselbe Täter zugeschlagen hat, sei noch unklar, so Konz. Nach Aussage des Beamten könnte es sich um einen zweiten Anschlag handeln - aber auch um einen technischen Defekt. Derzeit vernehmen die Beamten Zeugen und werten Spuren aus. Neue Erkenntnisse gebe es bislang keine, der Täter sei noch nicht gefasst.
Die Polizei ruft die Moselwinzer weiterhin dazu auf, ihre Monorackbahnen vor jeder Fahrt zu kontrollieren. Nur sei das leichter gesagt als getan, sagt Thomas Ludwig: "Ich bin nicht besonders technikaffin. Auf den ersten Blick ist das gar nicht zu sehen, ob da an den Bahnen was manipuliert wurde."
Ludwig ist daher froh, dass er mit der Ernte durch ist und vorerst nicht mehr mit der Monorackbahn fahren muss. Immerhin: Ralf Steffen ist zuversichtlich. Er habe großes Vertrauen in die Polizei, die in Trittenheim sehr engagiert ermittle: "Die werden ihn kriegen, da bin ich sicher."
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