"In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Natürlich arbeite ich für meine Spedition, weil es das Familienerbe ist. Auf der anderen Seite bin ich Vater und möchte die Erde einigermaßen gesund an meine Kinder übergeben." So erklärt Ralf Wagner-Nowak aus Kelberg in der Vulkaneifel den vermeintlichen Widerspruch: Er fährt als Spediteur mit dem Lkw durchs Land, ist gleichzeitig aber wegen des Umweltschutzes gegen den Lückenschluss der A1.
So wie zum Beispiel auch der BUND. Der hat zusammen mit anderen Naturschutzverbänden gegen den Planfeststellungsbeschluss für ein Teilstück der A1 zwischen Kelberg und Adenau geklagt. Dieser soll eine seit Jahrzehnten klaffende Lücke auf der Strecke vom Saarland bis an die Ostsee schließen. Am Mittwoch um Mitternacht endet die Klagefrist.
Umweltschutz statt wirtschaftlicher Interessen
So sehr Umweltverbände gegen den Lückenschluss sind, unter anderem weil er die Landschaft zerschneide und die Artenvielfalt gefährde - so sehr sind zum Beispiel die IHK Trier und der Spediteur Hans Ludwig mit seiner Spedition in Dreis-Brück direkt an der Autobahn für den Lückenschluss.
Umso verwunderlicher, dass Ludwigs Kollege Wagner-Nowak dagegen ist. Seine Spedition wurde 1949 gegründet und hat zunächst viele Baustoffe für den Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg transportiert, erzählt Wagner-Nowak. Er selbst arbeitet seit 1980 dort und hat das Unternehmen schließlich übernommen.
Seitdem erfüllt die Vulkan Spedition zwar auch noch übliche Speditionsaufträge und stellt Container zur Verfügung. In erster Linie aber transportiert Wagner-Nowak Abfälle und betreibt einen eigenen Wertstoffhof: "Ich bin Anhänger der Gemeinwohlwirtschaft. Das heißt, alles, was ich tue, muss auch ein bisschen Sinn machen. Wenn es nicht sinnvoll ist, muss man es lassen."
Ja, er fährt mit Lkw durch das Land und stößt dabei klimaschädliches CO2 aus. Deshalb hat er zum Beispiel auch nichts gegen die Lkw-Maut, weil die Fahrzeuge nun einmal Schmutz, Abgase und Lärm produzieren. Andererseits tut Wagner-Nowak auch etwas für Umwelt und Nachhaltigkeit: Den Abfall, der bei ihm angeliefert wird, fährt er zum Recycling. Wie etwa PVC, das, wenn man es neu herstellen müsste statt zu recyclen, giftig sei.
Mehr Autos, mehr Schadstoffe
Den A1-Lückenschluss hält Wagner-Nowak aus mehreren Gründen nicht für sinnvoll: "Natürlich nutzen wir Autobahnen, das geht leider nicht anders. Die Frage ist nur: Wann hören wir auf, so zu tun, als könnten wir ewig wachsen?" Würde der Lückenschluss gebaut, würden auch mehr Fahrzeuge darüber fahren, befürchtet Wagner-Nowak: "Denn jede Autobahn, die gebaut wird, produziert mehr Verkehr."
Mehr Verkehr bedeutet aber mehr klimaschädlichen Treibstoffausstoß und das verschärft die Gefahr des Klimawandels, denkt Wagner-Nowak: "Wir haben schon jetzt Überschwemmungen in Pakistan, wir haben Dürren in Afrika. Viele Menschen sterben." Wenn der Lückenschluss gebaut wird, könne zudem der Schwarzstorch aus der Eifel verschwinden. Womöglich noch weitere Tiere, sagt er.
Auf seinen Touren fährt er nach Hessen und Thüringen, aber auch nach Essen oder Mülheim an der Ruhr. Dafür könnte er also durchaus die A1 nutzen. Tut er aber nicht und würde er auch nicht, wenn die Lücke geschlossen würde: "Ich würde nicht über die Anschlussstelle Kelberg fahren. Sondern würde ab Blankenheim auf die A1 fahren. Weil die Strecke über Land einfacher zu fahren ist."
Kein grenzenloses Wachstum
Auch der BUND geht davon aus, dass es bereits jetzt Alternativen zum Lückenschluss gibt: Indem man Güter etwa über die Schiene transportiert oder die vorhandene A61 nutzt. Die sei aber schon überlastet, sagt Wagner-Nowak, deshalb sei der Lückenschluss ja so gewollt: "Kann ich verstehen. Auf der anderen Seite kann man auch sagen, wir müssen weniger Transporte durchführen, um den Lückenschluss oder überhaupt neue Straßen überflüssig zu machen."
Wagner-Nowak plädiert dafür, lieber an die Wurzel des Problems zu gehen und das Wirtschaftssystem zu ändern. Indem man zum Beispiel keine Waren im Ausland kauft, nach Deutschland transportiert und dort umverpackt. Das würde seiner Ansicht nach die Zahl der Transporte schon reduzieren: "Der Club of Rome hat 1968 schon von den Grenzen des Wachstums gesprochen. Aber wir machen einfach weiter. Immer mehr, mehr, mehr, mehr, mehr."
Nicht nur, weil seine Töchter noch viele Jahre mit dem menschengemachten Klimawandel leben müssen, hat Wagner-Nowak solch ein Interesse am Umweltschutz: Er hat Erziehungswissenschaften studiert und sich darin mit Pädagogik in der Dritten Welt beschäftigt und den Folgen unseres Handelns auf den globalen Süden.
Daraus zieht er die Erkenntnis: "Wir müssen weltweit denken, weil alles auf der Welt begrenzt ist." Und so ergibt es für Ralf Wagner-Nowak auch Sinn, Spediteur zu sein und trotzdem gegen den A1-Lückenschluss und für den Umweltschutz zu sein.