Neun schottische Hochlandrinder in allen Farbabstufungen suchen unter Bäumen Schutz vor der Sonne. In ihrem langen, zotteligen Fell haben sich Pflanzenteile verfangen. Alle, der Bulle Nisan und die Kühe, haben die charakteristischen langen Hörner. Nur bei den drei Monate alten Kälbern Fred und Hannah müssen sie noch wachsen.
Verena und Sebastian Ritter aus Udler in der Vulkaneifel haben eine große Bindung zu ihren Tieren aufgebaut, sagt Verena: "Wenn das Muttertier kalbt, ist man direkt danach da. Man sieht, wie die Kälber aufwachsen. Für unsere Kinder sind sie wie Haustiere. Das wäre ein großer, tragischer Verlust, wenn wir sie schlachten müssten."
Denn die Weide, auf der die Rinder derzeit noch kostenlos stehen, könnten die Ritters bald verlieren. Sie liegt neben dem Kloster Himmerod in Großlittgen im Kreis Bernkastel-Wittlich. Und dessen Verwalter verlangt nun eine Pacht, die die Ritters nicht bezahlen können. Wie es dazu kam, das ist eine längere Geschichte.
Vom Wiesenpfleger zum Zuchtbetrieb
Angefangen hat es damit, dass die Ritters bei sich zu Hause eine Streuobstwiese angelegt haben. Um die zu pflegen, kamen sie auf die Idee, sich schottische Hochlandrinder anzuschaffen, sagt Verena: "Das sind gutmütige Tiere, die sind zahm. Sie haben ein Halfter an, man kann sie führen und streicheln. Sie sind einfach liebe Tiere."
Da die Familie so großen Gefallen daran fand und ihre Tiere für die Zucht vorgesehen waren, entschied man sich, Hochlandrinder zu züchten, erzählt Sebastian Ritter: "Das ist ja eher so eine Urrasse. Die sind genügsam und nicht so krankheitsanfällig. Wir wollten etwas, das keine großen Fleischmassen bringt oder gewinnbringend ist. Wir züchten etwas Normales gegen den Trend."
Weide am Kloster Himmerod angeboten
Durch die Zucht wird die Herde aber natürlich größer. Die beiden suchten also Flächen, auf denen ihre Tiere weiden können. Das sei schwierig gewesen. Bis das Forstamt Wittlich ihnen schließlich eine staatliche Fläche in Großlittgen angeboten habe. Als Robustrinderrasse seien die Hochlandrinder besonders geeignet, verwinkelte, kleine, unebene, feuchte Bachauen zu pflegen.
An diese Fläche grenzte eine weitere und Familie Ritter wollte herausfinden, wem diese gehört. Um die eigene Weide noch zu vergrößern, damit es sich auch lohnt, sagen sie. Es stellte sich heraus, dass die Fläche zum Kloster Himmerod gehört: "Das Kloster hat gesagt, es wäre doch ganz gut, wenn wir hier die Tiere hinstellen könnten."
Seit Mai stehen die Tiere auf sieben Hektar. Dass es nicht die schottischen Highlands sind, sondern das Eifeler Mittelgebirge, das stört die Tiere nicht. Sie würden sich wohlfühlen, sagt Verena Ritter: "Im Winter fühlen sie sich natürlich am allerwohlsten. Im Sommer ist es schön für sie, wenn sie ein paar Bäume haben, um sich in den Schatten zu stellen. Hier stehen sie oft in der Salm und kühlen sich ab."
Schließlich wollten die Ritters sicherstellen, dass ihre Tiere weiter neben dem Kloster weiden können, bisher war das kostenlos möglich. Und sie erkundigten sich, ob sie noch weitere Flächen pachten könnten, um ihre Herde zu vergrößern. Ab 40 Tieren würde sich die landwirtschaftliche Arbeit im Nebenerwerb lohnen und keine Verluste machen.
Hohe Pachtzahlung verlangt
Dann der Schock: Der neue Verwalter des Trägervereins des Klosters, seit Juli im Amt, machte ihnen telefonisch und per Mail ein Angebot: Die Ritters könnten demnach 30 Hektar für 100 Euro pro Hektar und Jahr pachten. 3.000 Euro für einen Betrieb im Nebenerwerb kann die Familie sich aber nicht leisten. Sie muss also im schlimmsten Fall Tiere, die eigentlich noch ein paar Jahre weiterleben dürften, direkt schlachten lassen. Denn können die Tiere nicht genügend weiden, muss schon im Sommer zugefüttert werden. Und auch das können sie nicht bezahlen.
Hinzu kommt: Für die Fläche gibt es eine EU-Agrarförderung, 15.300 Euro im Jahr seien das. Das Angebot des Verwalters habe nun so ausgesehen, dass die Ritters entweder die 100 Euro zahlen und die EU-Förderung komplett an das Kloster geht. Oder die Ritters sollten die Förderung bekommen, dann aber 610 Euro pro Jahr und Hektar zahlen.
Für die Ritters ist es unverständlich, dass sie Geld dafür zahlen sollen, dass ihre Tiere die Flächen für das Kloster pflegen und dann auch noch die EU-Förderung für genau diese Pflege nicht an sie, sondern an das Kloster gehen soll. "Wir wollten ja kein Geld für unsere Pflege", sagt Sebastian. "Wir wollten nur, dass wir unsere Tiere dort zuverlässig stehen lassen können und wissen, dass wir im nächsten Jahr wieder eine Fläche haben, auf der sie Futter finden."
Verwalter: Weidebetrieb sei nicht ökologisch zertifiziert
Das Bistum Trier, zu dem das Kloster gehört, teilt dem SWR in Absprache mit dem Verwalter mit, dass das Kloster vor vier Jahren selbst auf den 30 Hektar Hochlandrinder gehalten habe, das aber aufgeben musste. Schon damals sei die gesamte Fläche ökologisch bewirtschaftet worden und das werde auch fortgeführt.
Da die Ritters nicht öko-zertifiziert seien, könnten ihre Tiere daher nur noch für die diesjährige Weidesaison bleiben. Warum der Verwalter Familie Ritter die Fläche überhaupt für eine Pacht angeboten hat, wenn die Tiere dort nach den Vorgaben ohnehin nicht weiden dürften, dazu antwortet er dem SWR nicht. Auch nicht dazu, warum das Kloster und nicht der Weidebetrieb der Ritters die Agrarförderung bekommen hätte.
Für Familie Ritter ist das ohnehin kein Argument. Sie konnten, sagt Verena, sich bisher nicht zertifizieren lassen, weil ihre Flächen dafür zu klein waren. Wenn sie die 30 Hektar bekämen, würden sie aber ein Zertifikat anstreben: "Ziel unseres Betriebs ist die Zucht und die Schlachtung. Und als Zuchtbetrieb haben wir im Moment ohne Öko-Status Nachteile. Natürlich würden wir uns um ein Zertifikat bemühen."
Aber auch das würde wahrscheinlich nicht ausreichen. Das Bistum sagt nämlich auch, dass über die Wintermonate mit der zuständigen Behörde abgeklärt werde, unter welchen Voraussetzungen welche Betriebe auf den Flächen weiden dürfen. Es gebe bereits mehrere Interessenten.
Die Flächen weiter kostenlos zur Verfügung zu stellen, ist demnach keine Option. Der Trägerverein habe Kosten für die Mitarbeiter und den Unterhalt des Klosters, ohne direkte Einnahmen zu haben. Man müsse daher Geld, zum Beispiel durch Verpachtung, verdienen.
Suche nach Alternativen zur Schlachtung
Die Ritters versuchen nun, andere Flächen in der Region zu bekommen, berichtet Verena: "Es ist wirklich sehr schwierig, hier in der Region an Flächen zu kommen. Wir haben ja schon intensiv gesucht und es war ein ganz großes Glück, dass wir die Tiere hier hinstellen durften. Aus der nahen Salm können sie sich auch mit Wasser versorgen." Bulle Nisan würde zum Abkühlen auch gerne mal ganz in die Salm gehen.
Das einzige, was sie bisher gefunden haben, war aber ein Angebot im Internet für drei Hektar, sagt sie: "Das ist ein ähnlicher Fall: Der Verpächter behält die EU-Agrarförderung für sich und fordert 300 Euro pro Hektar." Laut ihrer Recherche käme das öfter vor.
Die letzte Chance, die die Familie sieht, ist es, die ursprünglich angebotene staatliche Fläche zu bekommen. Diese wäre aber viel kleiner, dann könnte die Herde nicht vergrößert werden. Den Betrieb könnten sie dann nicht wirtschaftlich führen. Und es gäbe keinen Zugang mehr zur Salm, sodass die Rinder dort nicht mehr trinken und Nisan sich auch nicht mehr abkühlen könnte.