Viele kennen das aus einem Selbstbedienungsrestaurant: Man bestellt sein Essen und bekommt danach ein kleines, oft rundes Teil in die Hand gedrückt, das vibriert, blinkt und piepst, sobald das Essen fertig ist, so genannte Pager. Die will jetzt auch eine Hausarztpraxis im rheinhessischen Mommenheim einführen.
Gedacht sind sie für Patientinnen und Patienten, die unter Umständen auch mal vor der Tür oder im praxiseigenen Garten warten müssen – weil es zurzeit nicht anders gehe, sagt Verena Gall, die die Praxis am Osterberg leitet. Vier Ärzte arbeiten hier auf 150 Quadratmetern. Ins Wartezimmer passen nur acht Stühle. Manchmal kommen aber mehr Patienten, die dann auf der Straße warten müssen.
Übergangslösung: Patienten können im Auto auf den Termin warten
"Außerdem wollen wir vermeiden, dass Patienten, die zur Infektionssprechstunde kommen, im Wartezimmer Platz nehmen. Sie würden die anderen anstecken", so Gall. Da kam sie auf die Idee mit den Pagern. So könne ihr Team den Patienten informieren, der als nächstes an der Reihe ist.
So könnten die Leute statt auf der Straße bei schlechtem Wetter in eigenem Auto warten, so Gall. In Kürze soll die Entscheidung fallen, welches Pager-Modell sich für sie und ihr Team am besten eignet. Dann will die Ärztin die elektronischen Helfer bestellen.
Arztpraxis in Mommenheim soll ausgebaut werden
Eine Dauerlösung soll das aber nicht werden. Denn optimal sind die Pager aus der Sicht der Hausärztin nicht. "Wenn Sie einen Pager auslösen, wissen Sie nicht, wie lange es dauert, bis ein Patient tatsächlich im Behandlungszimmer erscheint. Das kann die Behandlungszeit verzögern."
Eigentlich war der Plan der Medizinerin ein anderer. Sie wollte ihre Praxis ausbauen und die Räumlichkeiten erweitern. Doch das scheitert ihrer Aussage nach an der Bürokratie, ganz konkret: am Baurecht. Als Ärztin dürfe sie an ihrem Standort nur eine Praxis in Wohnungsgröße betreiben. Was darüber hinausgehe, lasse das Baurecht nicht zu. Würde sie dagegen eine GmbH betreiben, dürfe sie die Räumlichkeiten ausbauen, wie sie es sich für die Praxis wünsche.
Ärztin: Baurecht geht an Realität vorbei
"Das geht an der Realität vorbei. Vor allem in Zeiten, in denen es immer mehr Gemeinschaftspraxen gibt", sagt sie. Auch mit Blick auf die hausärztliche Versorgung in der näheren Umgebung. Drei Kollegen seien bereits über 70 Jahre alt. Es sei gut möglich, dass sie ihre Praxen früher oder später schließen. Die Patienten könnten dann in die Praxis von Verena Gall und Kollegen kommen. Sprich: Die Zahl der Patienten könnte perspektivisch noch steigen.
Die Gemeinde Mommenheim stehe ihr im Kampf um eine größere Praxis zur Seite, sagt Gall. Der Gemeinderat habe einen neuen Bebauungsplan auf den Weg gebracht, der der Hausarztpraxis einen räumlichen Ausbau ermögliche. "Doch bis dieser Plan rechtsgültig ist, wird es noch ein paar Jahre dauern", befürchtet die Ärztin.
Landesregierung soll Baurecht anpassen
Ihr Appell: "Die Landesregierung sollte das Baurecht ändern, damit künftig für Arztpraxen nicht der Wohnungsbau als Vergleichsgröße herangezogen wird. Das wäre eine einfache Lösung, die die Landesregierung schaffen könnte, um Ärzte zu unterstützen."
So lange der Ärztin der Ausbau ihrer Praxis jedoch gesetzlich untersagt bleibt, will sie sich behelfen – mit Patienten, die zur Not im Freien warten müssen und Pagern, die im Fall der Fälle die Patienten in die Praxis bitten.
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