5 Jahre und 9 Monate Gefängnis

So lebt ein Gefangener der JVA Rohrbach mit seiner Schuld

Stand
Autor/in
Damaris Diener
Damaris Diener ist Reporterin im SWR Studio Mainz und bei Das Ding

Weil Jan einen Mann totgefahren hat, sitzt er in der JVA Rohrbach in Wöllstein. Während seiner Haft versucht er zu lernen, mit seinen Schuldgefühlen klarzukommen.

Unzählige Türen, die auf und zugeschlossen werden müssen, liegen zwischen Jan und der Freiheit. Seinen echten Namen möchte der 27-Jährige lieber nicht nennen, das ist die Bedingung für das Interview. Von seinem Fenster aus überblickt Jan einen eingezäunten Innenhof. Seine Zelle hat ein Bett, einen Schreibtisch und Stuhl sowie ein Regal, in dem Jan zum Beispiel seine Kleidung oder Essen aufbewahrt.

Viel zu schnell mit dem Auto unterwegs

Knapp die Hälfte seiner über fünfjährigen Gefängnisstrafe hat er inzwischen verbüßt. Der 27-Jährige war mit 120 km/h mit seinem Auto durch die Innenstadt gerast, an einer Ampel hat er dann einen Fußgänger totgefahren. Der erste Tag im Gefängnis sei schrecklich gewesen, erzählt er. Aber nicht wegen des Gefängnisses an sich, sondern wegen des Umstands, dass jemand sein Leben verloren habe.

Schuldgefühle sind immer da

Er habe extreme Schuldgefühle. "Das fühlt sich erdrückend an, man ist in der Zelle eingesperrt und man denkt jeden Tag darüber nach, was passiert ist", sagt er.

Jeden Morgen, wenn man aufsteht, denkt man daran, warum man hier ist, was man gemacht hat.

Er gehe mal besser, mal schlechter mit den Schuldgefühlen um. Mindestens zwei Mal die Woche spricht er im Gefängnis mit einer Psychologin. Das helfe in dem Moment, aber wenn er wieder allein in der Zelle sei, sei es wieder "scheiße", sagt der 27-Jährige.

Die Gefangenen sind in verschiedenen Abteilungen und somit auch in verschiedenen Stockwerken untergebracht.
Wenn die Gefangenen der JVA Rohrbach in ihren Zellen sitzen, haben sie viel Zeit nachzudenken.

"Eine dumme Minute und das ändert sehr viel im Leben"

Ob seine Strafe gerecht sei, das könne er nicht beurteilen, sagt Jan. "Ob jemand hier ein Jahr oder zehn Jahre drinsitzt, das ändert nichts an der Tatsache, was der Mensch mit sich selbst ausmachen muss." Er bereue extrem, dass er zu schnell gefahren sei: "Eine dumme Minute und das ändert sehr viel im Leben". Über seine Anwälte habe er versucht, Kontakt zu den Angehörigen des Opfers aufzunehmen, eine Rückmeldung habe es aber nicht gegeben, erzählt der junge Mann.

Eine dumme Minute und das ändert sehr viel im Leben.

Überhaupt über seine Tat zu sprechen, das macht Jan nur, um andere junge Menschen zu warnen. "Wenn ich nur eine Person daran hindern kann, das so zu machen, wie ich es gemacht habe, habe ich schon gewonnen", sagt Jan, und ergänzt: "Dieses schnelle Autofahren gibt vielleicht einen kurzen Reiz, aber wenn dann was passiert, wirst du in deinem Leben nicht mehr froh."

Lernen mit der Schuld umzugehen

Jan hofft, dass seine Schuldgefühlen besser werden, wenn er seine Gefängnisstrafe abgesessen hat. Aber das sei noch weit entfernt. Auch wenn er nicht mehr eingesperrt sei, bleibe die Tatsache, dass ein Mensch gestorben ist. "Ich hoffe aber, dass ich, wenn ich draußen bin, einigermaßen gut damit leben kann", sagt Jan.

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