Dass Pflegekräfte in Krankenhäusern, aber auch in der stationären oder ambulanten Pflege von sexueller Belästigung betroffen sein können, zeigt zum Beispiel die Studie der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) aus dem Jahr 2021.
Aggressives Verhalten von Patienten in Worms
In den vergangenen Jahren bemerke man im Klinikum Worms eine Häufung von aggressivem Verhalten von Patienten oder auch Angehörigen, so eine Sprecherin. "Dazu gehören beispielsweise versuchte Tritte oder Schläge, Spucken oder Beißen, aber auch Beleidigungen und sexualisierte Belästigung". Besonders betroffen sind nach Angaben der Klinikumssprecherin die Notaufnahme und der Notfallschalter, aber auch auf Normalstationen komme das vor.
80 Meldungen zu Übergriffen auf Klinikpersonal seit 2018
Verbale und aggressive Übergriffe werden in Worms seit 2018 dokumentiert. Die zuständige Betriebsärztin kläre mit betroffenen Mitarbeitenden individuell, welche Nachsorgeangebote notwendig seien, so die Sprecherin weiter. Seitdem es das Meldesystem gibt, seien rund 80 Meldungen eingegangen. "Wobei wir von einer deutlichen Untererfassung ausgehen."
Mitarbeiter-Schulungen zur Gewaltprävention
Damit solche Übergriffe erst gar nicht passieren, gebe es zum Beispiel Mitarbeiter-Schulungen zum Thema Prävention von Gewalt und zu Deeskalation. Außerdem existiert laut Klinik ein Konzept für aggressive Übergriffe durch externe und interne Personen. "Das wird derzeit noch um die Punkte sexualisierte Übergriffe und Mobbing ergänzt", sagt die Klinikumssprecherin. Zudem gebe es für Mitarbeitende verschiedene Beratungsangebote.
Sexuelle Belästigung von Pflegekräften auch im Marienhaus Klinikum Mainz ein Thema
Auch im Marienhaus Klinikum komme es zu Grenzverletzungen und Übergriffen. Nicht nur von Patienten auf das Personal, sondern auch innerhalb der Beschäftigten, sagt die Vertrauensperson Veronika Gessner-Stein. Das Marienhausklinikum bietet deshalb Präventionsschulungen an. Sie sei daran interessiert, dass alle Mitarbeiter – vor allem auch alle Führungskräfte, daran teilnehmen. So könnten alle auch eingreifen und erste Unterstützung geben. Zur Vertrauensperson Veronika Gessner-Stein kommen nach solchen Schulungen oft junge Schwestern mit Rückfragen. "Sie möchten Handlungsunterstützung, wie sie auf Grenzverletzungen reagieren können, beziehungsweise diesen präventiv begegnen können."
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Präventionsbeauftragte und Rechtsanwälte als Ansprechpartner
Krankenhausoberin Sabine Ruppert-Stahl ergänzt: "Wir haben zudem im Gesamtkonzern eine Präventionsbeauftragte und zwei externe Rechtsanwälte, die für Anfragen der sexualisierten Gewalt zur Verfügung stehen."
Auch Pflegekräfte in Sozialstationen betroffen
Aber nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch in Sozialstationen gibt es sexuelle Belästigung vonseiten der Pflegebedürftigen, berichtet die Leiterin der Caritas-Sozialstation Heilig Geist in Mainz, Stella Zapala. "Oft sind es demenzkranke Menschen. Denn bei ihnen ist das soziale Verhalten durch die Erkrankung verloren gegangen. Sie können oft nicht mehr differenzieren, dass die Intimpflege der Job der Pflegekräfte und kein Annäherungsversuch ist". Außerdem wirken laut Zapala einige Medikamente, die die Demenz verlangsamen sollen, enthemmend.
Es kommt schon vor, dass sich Pflegebedürftige entblößen oder die Pflegekräfte an den Brüsten anfassen.
Umgang mit sexuellen Übergriffen ist Teil der Ausbildung
Solche Situationen seien nicht einfach für die Pflegekräfte. Aber zu lernen, wie man mit solchen Vorkommnissen umgehen kann, sei Teil der Ausbildung, erklärt Zapala. Pflegekräfte lernen unter anderem klare Grenzen zu ziehen. Zum Beispiel indem sie zu dem Patienten sagen: "Nein, ich will das nicht, lassen Sie das." Außerdem könne ein Weg sein, aus dem Raum zu gehen und so räumlichen Abstand zu gewinnen. "Die Sozialstation hat außerdem eine Präventionsbeauftragte", erklärt Zapala. Mit der könnten Betroffene jederzeit über solche Vorfälle sprechen.
Wenn sich bei einer pflegebedürftigen Person Fälle von sexueller Belästigung häuften, könne die Sozialstation auch die Versorgung kündigen und mit den Angehörigen dann eine andere Lösung finden.
Zukünftig Deeskalationsmanager im Klinikum Worms
Um das Klinikpersonal in Worms zukünftig besser zu schützen, sollen dort eigene Deeskalationsmanager ausgebildet werden. Sie sollen im besten Fall Situationen beruhigen und so verhindern, dass es zu Übergriffen vonseiten der Patienten kommt.