Die Hamas spricht von einem "Tag des Zorns" - unter diesem Motto hat die palästinensische Terrororganisation am heutigen Freitag weltweit Muslime dazu aufgerufen, Gewalt gegen jüdische Mitmenschen und ihre Einrichtungen zu verüben.
Muslime lehnen Gewalt konsequent ab
Viele Muslime in Mainz finden diesen Aufruf einfach nur schrecklich. "Das ist schlimm, sowas lehnen wir komplett ab", sagt beispielsweise Peimaneh Nemazi-Lofink. Die gebürtige Iranerin lebt seit vielen Jahren in Mainz und ist Vorsitzende des Beirates für Migration und Integration der Stadt. Überall in der muslimischen Gemeinschaft werde darüber gesprochen, sagt sie.
Was sich derzeit in Israel und dem Gazastreifen abspiele, sei eine menschliche Tragödie. Aber: "Man kann von keiner Seite sagen, die haben Recht," so Nemazi-Lofink. Beide Seiten müssten unbedingt versuchen, eine Lösung durch Verhandlungen zu finden. Und auch die Weltgemeinschaft habe ihren Anteil an der Eskalation, schließlich habe sie jahrelang nur zugeguckt.
Große Angst als Hamas-Unterstützer zu gelten
Ähnlich sieht es auch Lazhar Chaari. Der 58-Jährige ist Vorsitzender des Arbeitskreises Mainzer Muslime, in dem sieben muslimische Gemeinden und Vereine zusammengeschlossen sind. In dieser Funktion will er sich aber nicht äußern, sondern nur als Privatperson.
"Wir haben darüber gesprochen, ob wir eine Pressemitteilung herausgeben sollen, in der wir offiziell zu der Situation in Israel Stellung nehmen", sagt Chaari. Dann aber haben sie sich dagegen entschieden. Zu groß sei die Angst gewesen, als Hamas-Befürworter abgestempelt zu werden.
Denn in einer solchen Stellungnahme hätten sie auch thematisiert, welchen Anteil Israel aus ihrer Sicht an dem Nahost-Konflikt trägt. Etwa, dass Israel seit Jahrzehnten palästinensische Gebiete besetzt hält, obwohl UN-Resolutionen dies verbieten, und dass die Weltgemeinschaft das einfach so hinnimmt.
Im Islam habe keiner das Recht unschuldige Menschen zu töten, so Chaari. Was Israel und Hamas gegen die zivile Bevölkerung machten, sei barbarisch und nicht mit dem Recht auf Selbstverteidigung zu rechtfertigen.
Riesen-Thema in der muslimischen Gemeinschaft in Mainz
In der muslimischen Gemeinschaft sei der aktuelle Konflikt ein Riesen-Thema, viele seien total hin- und hergerissen, sagt Chaari. "Es ist furchtbar zu sehen, wie unschuldige Menschen getötet werden." Aber, so Chaari, daran trage eben nicht nur die palästinensische Seite Schuld.
"Ich bin klar gegen Gewalt, aber es wundert mich auch nicht, dass die Menschen im Gazastreifen sich radikalisieren. Die haben nichts mehr zu verlieren." Dennoch, betont er noch einmal, sei Gewalt durch absolut nichts zu rechtfertigen. Chaari sieht nur einen möglichen Ausweg aus dem Konflikt: "Wir brauchen dringend die Zwei-Staaten-Lösung." Ansonsten, befürchtet er, wird es immer wieder zu Gewalt kommen.
Israelische Siedlungspolitik in der Kritik
Das unterstreicht auch Edin Ljajic. Er ist der Imam des Vereins "Islam Info Service Mainz" und auch er hat das Gefühl, dass das Leid der palästinensischen Bevölkerung in den vergangenen Jahrzehnten zu wenig Beachtung erfahren hat.
Ljajic sagt: "Wir wissen, dass nicht 'die Juden' Schuld haben an diesem Konflikt. Aber die israelische Regierung nimmt den Palästinensern mit ihrer Siedlungspolitik das Land weg und muss dafür keine Konsequenzen tragen." Dies sei mit ein Grund für die Eskalation.
Dem Aufruf der Hamas erteilt der Imam aber eine klare Absage:" Der Islam lehnt Gewalt definitiv ab. Wir sind für Frieden, Kampf ist nie eine Lösung."