Obstbauer Sven Schmitt aus Mainz-Finthen ist fassungslos. Allein er habe in diesem Jahr bereits zehn Tonnen Süßkirschen eingebüßt. Sein Nachbar verliere derzeit täglich bis zu 300 Kilogramm Erdbeeren an die Krähen.
Die Schäden der Mainzer Obstbauern summierten sich mittlerweile auf mehrere 100.000 Euro, so Schmitt. Sie könnten aber absolut nichts tun, um ihre Früchte vor den gefräßigen Saatkrähen zu schützen.
Das Problem sei das Vogelschutzgebiet "Dünen- und Sandgebiet Mainz-Ingelheim". Dort brüten geschützte Vogelarten wie der Wiedehopf und die Heidelerche. Die untere Naturschutzbehörde verbietet deshalb, die Krähen durch akustische Vogelabwehr zu vergrämen.
Bis vor drei Jahren hätten er und seine Kollegen noch drei Möglichkeiten gehabt, die Krähen zu vertreiben, sagt Schmitt. Er nennt Gaskanonen, die Knallgeräusche abgeben, wie sie in Weinbergen eingesetzt werden.
Alternativ gibt es akustische Geräte, die Geräusche von Greifvögeln imitieren. Und zuletzt sei es noch erlaubt gewesen, in der Saison in jedem Ort bis zu fünf Krähen zu schießen – auch das habe dann andere Krähen abgeschreckt. All dies geht nun aber nicht mehr.
Die Stadt Mainz verweist auf SWR-Anfrage auf das Vogelschutzgebiet zwischen Mainz und Ingelheim. Die Problematik einer akustischen Vogelabwehr im Obstbau liege darin, dass sie innerhalb der Brutzeit erfolgen müsse. Das heißt, anders als im Weinbau werden die leckeren Früchte genau zu der Zeit reif, in der die Vögel im Schutzgebiet ihren Nachwuchs ausbrüten und aufziehen.
Ausgleichszahlungen nur schwacher Trost
Obstbauer Schmitt hat nach eigenen Angaben ein vorläufiges Gutachten, das ihm auf einem seiner Felder mit 700 Kirschbäumen einen Totalausfall bescheinigt. Das wolle er nun an seinen Rechtsanwalt geben, um Maßnahmen zum Vergrämen zu fordern oder zumindest Ausgleichszahlungen.
Gut finde er das nicht, die Landwirte wollten keine Obstbäume haben, um dafür jedes Jahr Ausgleichszahlungen zu bekommen, so Schmitt. "Wir stecken da ein ganzes Jahr Arbeit rein, dann tun solche Schäden extrem weh."
Obstanbau hilft geschützten Vogelarten
Das bei der Stadt Mainz zuständige Grün- und Umweltamt stellt die Ernteausfälle der Landwirte nicht in Abrede. Entsprechende Kompensationszahlungen seien aber eine geeignete Maßnahme, um den Obstanbau zu erhalten, auch als geeignetes Habitat für die Vögel, so die Stellungnahme. Darüber hinaus liege die entsprechende Gesetzgebung nicht in der Hand des Amtes.
Auch Obstbauer Schmitt sagt, gerade der Obstanbau sei ein Grund dafür, dass die geschützten Vogelarten in der Region so gute Bedingungen finden. Die Krähen aber könnten das aus seiner Sicht nun in Frage stellen: "Wenn keine Hilfe kommt, werden viele Kirschbäume fallen, schon in diesem Jahr."
Krähen zerstören auch Zuckerrüben und Mais
Auch in der Region rund um Alzey kämpfen die Landwirte mit Saatkrähen. Nach Angaben des Bauern- und Winzerverbandes haben sie dort großflächig Zuckerrüben- und Maisfelder zerstört. Allein in der Gemarkung Esselborn seien 24 Hektar Zuckerrübenfelder betroffen.
Die Vögel seien in riesigen Schwärmen über die Äcker hergefallen und hätten die Keimlinge aus dem Boden gezupft. Das machten sie aber nicht nur, um zu fressen, die Krähen gingen dabei auch ihrem Spieltrieb nach. Für die Landwirte habe dies enorme Auswirkungen. Meist säen sie ein zweites Mal, die Gefahr eines erneuten Krähenbefalls bestehe aber weiter.
Forderung: Krähen müssen gejagt werden dürfen
Der Bauernverband fordert deswegen für die betroffenen Landwirte eine Entschädigung vom Land. Das habe man auch schon im vergangenen Jahr getan, so der Sprecher, passiert sei aber nichts. Es müsse endlich auch möglich gemacht werden, Krähen zu bejagen.