Die Traumatherapie "Work in Sand" bedeutet nichts anderes als "Arbeiten im Sand". Die Kinder brauchen dafür nur einen kleinen Sandkasten und Plastikfiguren. Ohne von Therapeuten angeleitet zu werden, spielen die fünf bis 13-Jährigen eine Stunde mit dem Sandkasten. Was dabei passiert, ist erstaunlich.
Kinder stellen Traumata im Sandkasten nach
Erst würden die Kinder mit den Plastikfiguren eine Idylle aufbauen, erklärt Psychologin Ingrid Pirker vom Kinderschutzbund Mainz. Irgendwann holen sie aber ihre schlimmen Erlebnisse aus dem Unterbewußtsein und stellen sie im Sandkasten dar.
Dadurch werde das, was die Kinder belastet, in den Sand gesteckt und zurückgelassen. Die Kinder hätten in ihrem Bewusstsein wieder Platz für positive Erlebnisse, so Pirker.
Kinderschutzbund Mainz hat erste Kinder therapiert
Der Kinderschutzbund Mainz hat bereits 15 Jungen und Mädchen mit "Work in Sand" behandelt. Darunter ein zehnjähriges Mädchen. Es habe ständig den Unterricht in der Schule gestört und sich mit den Mitschülern gestritten.
Der Kinderschutzbund Mainz bot ihr eine Stunde pro Woche "Work in Sand" mit anderen Kindern an. Dabei sind immer maximal sechs Jungen und Mädchen in einem Raum.
Jeder hat einen Sandkasten vor sich und in der Mitte liegen kleine Plastikfiguren, mit denen die Kinder im Sand spielen können. Das Mädchen teilte, so berichtet die Therapeutin, seinen Sandkasten in zwei Bereiche, mit einem Zaun dazwischen: Auf der einen Seite waren gefährliche Tiere wie Schlangen, auf der anderen Seite grüne Bäume, Kinder, die spielten.
Traumatherapie auch für Mobbing-Opfer
Schnell stellte sich heraus, dass das Mädchen in der Schule gemobbt wurde. "Sie verhielt sich aggressiv und verletzte andere, bevor sie selbst verletzt werden konnte", erklärt Psychologin Ingrid Pirker vom Kinderschutzbund.
Nach acht Gruppensitzungen ging es dem Mädchen besser. Es störte nicht mehr in der Schule und hatte weniger Konflikte. Gleichzeitig hatte die Schule mit der Klasse gearbeitet.
"Work in Sand" hilft Opfern von sexuellem Missbrauch
Ein anderer Junge zum Beispiel sei immer stiller und trauriger geworden, berichtet die Therapeutin. Bei der Gruppensitzung "Work in Sand" fiel auf, dass er in seinen Szenen im Sandkasten immer ein Bett aufstellte. "Dazu kam, dass immer eine Person bei dem Bett war", erzählt Psychologin Pirker.
So entstand bei den Therapeuten der Verdacht, der Junge könnte sexuell missbraucht worden sein. Der Kinderschutzbund Mainz hat seiner Mutter angeraten, dringend weitere Maßnahmen zu ergreifen, um dem Kind zu helfen.
Bei "Work in Sand" sei es aber nicht das Ziel, eine Diagnose zu stellen, so Katharina Gutsch, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Mainz. "Work in Sand" will stattdessen schnell und einfach helfen.
Da die neue Traumatherapie auch ohne Diagnose beginnen könne und mehrere Kinder gleichzeitig teilnehmen könnten, helfe sie besonders schnell. Denn im Moment müssten Kinder in der Regel monatelang warten, bis sie einen Therapieplatz bei Psychologen bekommen.
Hilfskonzept soll ausgeweitet werden
Der Kinderschutzbund Mainz will jetzt "Work in Sand" dauerhaft anbieten. Dank einer Spende des Rotary Club Mainz-Churmeyntz über 40.000 Euro konnten 19 ihrer Therapeuten ausgebildet und die Sandkästen und Plastikfiguren angeschafft werden.
"Wir können mit "Work in Sand" viele Kinder erreichen und ihnen eine Chance auf Heilung geben", so die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Mainz, Katharina Gutsch.