Seit Januar kann Mieter John Bader (36) sein Bad nicht mehr benutzen. Der gelernte Physiotherapeut blickt in den kahlen Raum. Die Armaturen wurden entfernt, die Fliesen abgeschlagen und Rohre freigelegt. "Man sagte uns, das Ganze dauert um die drei Wochen. Nach wenigen Tagen hat man aber schon gesehen, dass es überhaupt nicht vorangeht." Seitdem sei sein Badezimmer unbenutzbar.
Mieter wartet seit Monaten auf neues Badezimmer
Die Baufirma habe auch zwei Löcher in eine Badezimmerwand geschlagen, sagt John Bader. Offenbar, um an Rohre zu gelangen. Hinter der aufgebrochenen Wand befindet sich der Hausflur. Wenn sich dort jemand aufhält, kann John Bader das vom Badezimmer aus sehen.
Zwischenzeitlich habe er gedacht, es gehe mit den Bauarbeiten doch voran. "Irgendwann wurde der Boden im Bad zwar gefliest - allerdings schief und krumm und ohne Isolierung", erzählt er. "Und dann mussten die nagelneuen Fliesen alle wieder abgerissen werden."
Die Toilette ist zwei Stockwerke höher
Wenn John Bader auf die Toilette muss, muss er in den 4. oder den 6. Stock laufen. In zwei leerstehenden Wohnungen können sich die betroffenen Mieter waschen und die Toilette benutzen. Er dusche allerdings bei Freunden, sagt Bader. Darüber sei er sehr dankbar. Wenn das Bad besetzt sei, müsse man auf dem Flur warten.
In dem Bad im vierten Stock riecht es nach Kot. Offenbar hat jemand die Klospülung nicht gedrückt. John Bader will es gar nicht so genau wissen.
In der Küche gibt es kein Wasser
Auch seine Küche in der Wohnung kann John Bader inzwischen nicht mehr nutzen. Der Wasseranschluss sei zweimal verlegt worden. Seitdem sei nichts mehr passiert. Fließendes Wasser habe er in der Küche seit Monaten nicht mehr. Das Waschbecken liege im Flur.
Da er keine Möglichkeit habe, zu kochen, bestelle er oft bei Lieferdiensten. Das gehe ins Geld. Er werde auch von Freunden versorgt, manchmal fahre er zu seinen Eltern. "Sie leben aber etwa 100 Kilometer weit entfernt."
Keine Reaktion auf Mietminderung
Nicht alle Mieter im Haus sind von den Sanierungsarbeiten betroffen. Bader schätzt, dass es um die 20 Mietparteien sind. Einige Nachbarn seien vorübergehend zu Familienangehörigen oder Freunden gezogen. Das komme für ihn aber nicht in Frage.
Vor den Sanierungsarbeiten habe er knapp 700 Euro für die 50 Quadratmeter große Wohnung bezahlt. Inzwischen überweist er nur noch einen symbolischen Euro im Monat. Eine Reaktion auf die Mietminderung habe es aber weder von der Hausverwaltung noch vom Eigentümer gegeben.
Baustelle zehrt an den Nerven
Seit einem halben Jahr halte er das nun schon alles aus, erzählt er. Inzwischen schaue er sich nach einer anderen Wohnung in der Mainzer Neustadt um. Der 36-Jährige befürchtet aber, dass er nichts finden werde, was er sich leisten könne. "Es geht einem mit der Zeit schon alles an die Psyche", sagte er.
Baufirma hat das Handtuch geworfen
Die Baufirma habe den Mietern mitgeteilt, dass sie die Arbeiten nicht fortsetze. Offenbar habe es Streit zwischen der Hausverwaltung und der Firma geben, sagt John Bader. Zwischenzeitlich sei eine neue Firma zur Begehung in den Wohnungen gewesen. "Man versprach uns nach der zweiten Besichtigung, es gehe 'in Kürze' mit den Sanierungsmaßnahmen weiter - bis heute leider ein leeres Versprechen."
Und das ist die Sicht der Hausverwaltung
Auf SWR-Nachfrage meldete sich am Dienstagabend die Hausverwaltung zu Wort. Es gebe eine juristische Auseinandersetzung mit dem Generalunternehmer, der bei der Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe. Sowohl ein externer technischer Projektleiter, als aus auch ein vereidigter Sachverständiger hätten nach dem Start der Arbeiten mehrmals Baumängel festgestellt, so die Hausverwaltung. Diese seien aber nicht alle abgearbeitet worden.
Es folgte ein juristischer Streit
Auf Gesprächsangebote des Eigentümers und der Hausverwaltung sei der Generalunternehmer nicht eingegangen. Inzwischen habe man die Sache an eine Anwaltskanzlei in Frankfurt gegeben.
Auf die Frage, warum die Arbeiten nicht schon an eine andere Firma vergeben wurden, heißt es: Das sei aus vertragsrechtlichen Gründen nicht möglich. Der Generalunternehmer habe ja nicht gekündigt. Nun gelte es, diesen Vertrag mit dem Unternehmer ordnungsgemäß zu beenden. Und da müsse man sich an gewisse Fristen halten. Deshalb seien inzwischen so viele Wochen vergangen.
Suche nach neuer Baufirma sei im Gange
Inzwischen habe man die Firmen, die sich an der ursprünglichen Ausschreibung beteiligt hatten, gebeten, ein neues Angebot einzureichen. Das müsse man tun, weil sich im letzten halben Jahr zum Beispiel die Kosten für das Material geändert hätten. Man stehe aber kurz vor einer Lösung und werde die Mieterinnen und Mieter informieren, sobald es mit den Arbeiten in dem Mietshaus weitergehe.
Allen Mietern seien Ersatzwohnungen angeboten worden
Die Zahl der betroffenen Wohnungen in dem Mainzer Mietshaus korrigiert die Hausverwaltung auf 16. Und es sei ihnen wichtig zu betonen, dass man allen Mieterinnen und Mietern angeboten habe, während des Umbaus vorübergehend in eins der leer stehenden Appartements zu ziehen. Auch Mietminderungen habe man in Kauf genommen. Man habe die Mieterinnen und Mieter, anders als behauptet, auf dem Laufenden gehalten. Zum Schluss heißt es von Seiten der Hausverwaltung: "Das Ganze ist für alle Beteiligten nicht einfach."