Kein fließendes Wasser

Katastrophale Zustände in Mietshaus in Mainz - das sagt die Hausverwaltung

Stand
Autor/in
Corinna Lutz
Corinna Lutz ist Reporterin im SWR Studio Mainz

Eigentlich sollten in einem Mehrfamilienhaus in der Mainzer Neustadt nur die Bäder neu gemacht werden. Inzwischen leben einige Bewohnerinnen und Bewohner auf einer dreckigen Baustelle - ohne Toilette, ohne fließend Wasser.

Seit Januar kann Mieter John Bader (36) sein Bad nicht mehr benutzen. Der gelernte Physiotherapeut blickt in den kahlen Raum. Die Armaturen wurden entfernt, die Fliesen abgeschlagen und Rohre freigelegt. "Man sagte uns, das Ganze dauert um die drei Wochen. Nach wenigen Tagen hat man aber schon gesehen, dass es überhaupt nicht vorangeht." Seitdem sei sein Badezimmer unbenutzbar.

Das Mietshaus befindet sich in der Mainzer Neustadt.
Das Mehrfamilienhaus, um das es geht, befindet sich in der Mainzer Neustadt.

Mieter wartet seit Monaten auf neues Badezimmer

Die Baufirma habe auch zwei Löcher in eine Badezimmerwand geschlagen, sagt John Bader. Offenbar, um an Rohre zu gelangen. Hinter der aufgebrochenen Wand befindet sich der Hausflur. Wenn sich dort jemand aufhält, kann John Bader das vom Badezimmer aus sehen.

Zwischenzeitlich habe er gedacht, es gehe mit den Bauarbeiten doch voran. "Irgendwann wurde der Boden im Bad zwar gefliest - allerdings schief und krumm und ohne Isolierung", erzählt er. "Und dann mussten die nagelneuen Fliesen alle wieder abgerissen werden."

Das Bad eines Mieters in Mainz wurde komplett entfernt. Es gibt keine Toilette und keine Dusche mehr. An den Wänden und auf dem Boden befindet sich lediglich der Putz.
Hier war früher mal ein Badezimmer. Jetzt sieht es so aus, als ob der Mieter John Bader in einem Rohbau steht. Seit Monaten gibt es in seiner Wohnung zudem kein fließendes Wasser.

Die Toilette ist zwei Stockwerke höher

Wenn John Bader auf die Toilette muss, muss er in den 4. oder den 6. Stock laufen. In zwei leerstehenden Wohnungen können sich die betroffenen Mieter waschen und die Toilette benutzen. Er dusche allerdings bei Freunden, sagt Bader. Darüber sei er sehr dankbar. Wenn das Bad besetzt sei, müsse man auf dem Flur warten.

In dem Bad im vierten Stock riecht es nach Kot. Offenbar hat jemand die Klospülung nicht gedrückt. John Bader will es gar nicht so genau wissen.

Den betroffenen Mietern in Mainz werden zwei Toiletten zur Verfügung gestellt. Sie befinden sich im 4. und im 6. Stock.
Den betroffenen Mietern in Mainz werden zwei Toiletten zur Verfügung gestellt. Sie befinden sich in unbewohnten Wohnungen.

In der Küche gibt es kein Wasser

Auch seine Küche in der Wohnung kann John Bader inzwischen nicht mehr nutzen. Der Wasseranschluss sei zweimal verlegt worden. Seitdem sei nichts mehr passiert. Fließendes Wasser habe er in der Küche seit Monaten nicht mehr. Das Waschbecken liege im Flur.

Da er keine Möglichkeit habe, zu kochen, bestelle er oft bei Lieferdiensten. Das gehe ins Geld. Er werde auch von Freunden versorgt, manchmal fahre er zu seinen Eltern. "Sie leben aber etwa 100 Kilometer weit entfernt."

In einem Mietshaus in Mainz gibt es in einer Küche kein fließendes Wasser.
So sieht die Küche seit Monaten aus. Es gibt kein Wasser. Der Kühlschrank steht inzwischen im Wohnzimmer.

Keine Reaktion auf Mietminderung

Nicht alle Mieter im Haus sind von den Sanierungsarbeiten betroffen. Bader schätzt, dass es um die 20 Mietparteien sind. Einige Nachbarn seien vorübergehend zu Familienangehörigen oder Freunden gezogen. Das komme für ihn aber nicht in Frage.

Die Lage der Wohnung ist super, der Preis ist für Mainzer Verhältnisse super. Eine neue Wohnung könnte ich mir vermutlich gar nicht leisten mit meinem Gehalt als Physiotherapeut.

Vor den Sanierungsarbeiten habe er knapp 700 Euro für die 50 Quadratmeter große Wohnung bezahlt. Inzwischen überweist er nur noch einen symbolischen Euro im Monat. Eine Reaktion auf die Mietminderung habe es aber weder von der Hausverwaltung noch vom Eigentümer gegeben.

Mieter John Bader steht in seinem voll gestellten Wohnzimmer.
Seitdem er Bad und Küche nicht mehr benutzen kann, lebt John Bader in seinem völlig zugestellten Wohnzimmer.

Baustelle zehrt an den Nerven

Seit einem halben Jahr halte er das nun schon alles aus, erzählt er. Inzwischen schaue er sich nach einer anderen Wohnung in der Mainzer Neustadt um. Der 36-Jährige befürchtet aber, dass er nichts finden werde, was er sich leisten könne. "Es geht einem mit der Zeit schon alles an die Psyche", sagte er.

Baufirma hat das Handtuch geworfen

Die Baufirma habe den Mietern mitgeteilt, dass sie die Arbeiten nicht fortsetze. Offenbar habe es Streit zwischen der Hausverwaltung und der Firma geben, sagt John Bader. Zwischenzeitlich sei eine neue Firma zur Begehung in den Wohnungen gewesen. "Man versprach uns nach der zweiten Besichtigung, es gehe 'in Kürze' mit den Sanierungsmaßnahmen weiter - bis heute leider ein leeres Versprechen."

Und das ist die Sicht der Hausverwaltung

Auf SWR-Nachfrage meldete sich am Dienstagabend die Hausverwaltung zu Wort. Es gebe eine juristische Auseinandersetzung mit dem Generalunternehmer, der bei der Ausschreibung den Zuschlag erhalten habe. Sowohl ein externer technischer Projektleiter, als aus auch ein vereidigter Sachverständiger hätten nach dem Start der Arbeiten mehrmals Baumängel festgestellt, so die Hausverwaltung. Diese seien aber nicht alle abgearbeitet worden.

Es folgte ein juristischer Streit

Auf Gesprächsangebote des Eigentümers und der Hausverwaltung sei der Generalunternehmer nicht eingegangen. Inzwischen habe man die Sache an eine Anwaltskanzlei in Frankfurt gegeben.

Auf die Frage, warum die Arbeiten nicht schon an eine andere Firma vergeben wurden, heißt es: Das sei aus vertragsrechtlichen Gründen nicht möglich. Der Generalunternehmer habe ja nicht gekündigt. Nun gelte es, diesen Vertrag mit dem Unternehmer ordnungsgemäß zu beenden. Und da müsse man sich an gewisse Fristen halten. Deshalb seien inzwischen so viele Wochen vergangen.

Suche nach neuer Baufirma sei im Gange

Inzwischen habe man die Firmen, die sich an der ursprünglichen Ausschreibung beteiligt hatten, gebeten, ein neues Angebot einzureichen. Das müsse man tun, weil sich im letzten halben Jahr zum Beispiel die Kosten für das Material geändert hätten. Man stehe aber kurz vor einer Lösung und werde die Mieterinnen und Mieter informieren, sobald es mit den Arbeiten in dem Mietshaus weitergehe.

Allen Mietern seien Ersatzwohnungen angeboten worden

Die Zahl der betroffenen Wohnungen in dem Mainzer Mietshaus korrigiert die Hausverwaltung auf 16. Und es sei ihnen wichtig zu betonen, dass man allen Mieterinnen und Mietern angeboten habe, während des Umbaus vorübergehend in eins der leer stehenden Appartements zu ziehen. Auch Mietminderungen habe man in Kauf genommen. Man habe die Mieterinnen und Mieter, anders als behauptet, auf dem Laufenden gehalten. Zum Schluss heißt es von Seiten der Hausverwaltung: "Das Ganze ist für alle Beteiligten nicht einfach."

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