Lena und Sebastian betreiben zusammen ein Weingut in Ingelheim. 2021 haben sie das Weingut von Sebastians Eltern übernommen.

Herausfordernder Job

Ärger im Familienweingut – Auch in Rheinhessen kein Einzelfall

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Damaris Diener
Damaris Diener ist Reporterin im SWR Studio Mainz und bei Das Ding

In jeder Familie gibt es Konflikte. Wenn man dann auch noch zusammen arbeitet - wie viele Winzer und Winzerinnen in Rheinhessen - kann das herausfordernd sein, so wie bei Lena und Sebastian aus Ingelheim.

Lena und Sebastian sind ein Paar und arbeiten zusammen mit Sebastians Eltern auf dem Weingut "Lena und Sebastian" in Ingelheim. Zum Konflikt ist es in der Familie gekommen, weil Sebastian vor ein paar Jahren mit seinen Eltern klären wollte, wann und wie er den Betrieb übernimmt.

"Man hatte schon mal drüber geredet und darüber gestritten, man hatte aber noch keinen konkreten Schritt eingeleitet und es war sehr festgefahren", erinnert sich Lena. Und Sebastian fügt hinzu: "Wir konnten kaum noch zusammen arbeiten, ohne das es Streit gab."

Jeder Tag war eine Qual.

Lena und ihre Schwiegermutter hatten auch verschiedene Ansichten, was das Kochen angeht. Ihre Schwiegermutter sehe es als ihre Aufgabe zu kochen und als Arbeit, die traditionell von Frauen gemacht werde, erzählt Lena. "Das meint sie nicht böse. Für mich ist kochen aber mehr. Wenn ich immer nur gefragt werde, wenn meine Schwiegermutter nicht da ist, ob ich koche, dann hat das für mich eine strukturelle Bedeutung."

Wenn meine Schwiegermutter mal nicht da ist, gibt es Pizza.

Dank Mediation raus aus der Konfliktspirale

Die Familie entscheidet sich, Hilfe bei einer Mediatorin zu suchen. Die spricht mit allen und vermittelt. Nach und nach findet die Familie wieder zueinander. Auch wenn die Zusammenarbeit weiterhin herausfordernd ist. "Mein Vater sieht Fehler, die ich mache, die er früher gemacht hat und wird nervös. Ich sehe Dinge, die wir ändern müssen, weil sie nicht mehr zeitgemäß sind", erzählt Sebastian. Beide Seiten zu sehen, hätten sie im Prozess der Mediation gelernt.

Lena und Sebastian wollen Rollenbilder hinterfragen

Lena und Sebastian hinterfragen bestehende Rollenbilder. Nur elf Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe werden von Frauen geführt, sagt Lena. Die Rollenbilder seien in den letzten Jahrzehnten nicht richtig aufgebrochen worden. Häufig kochten die Frauen und machten die so genannte Sorge-Arbeit. Dieser Begriff beschriebt beispielsweise Kinderbetreuung und Hausarbeit. Oft sei das ein Automatismus und keine freie Entscheidung. Die wirtschaftliche Hauptverantwortung laste dann hingegen häufig auf den Männern.

Lena und Sebastian haben ein Weingut in Ingelheim.
Lena und Sebastian wollen mit ihrer Offenheit zeigen, dass es vollkommen normal ist, Konflikte zu haben.

Viele Konflikte in Familienbetrieben in der Weinbauwirtschaft

Mediatorin Eva Hock aus Mainz berät viele Betriebe aus der Weinbauwirtschaft. Sie versucht den Familien zu helfen, die Konflikte zu überwinden. Rollenkonflikte seien das häufigste Thema in den Beratungen, so Hock. Denn auf dem Weingut könnten Arbeit und Privatleben nicht wirklich getrennt werden.

Rollenkonflikte innerhalb der Betriebe sind der Kern in meinen Beratungen.

Landwirtschaft steht besonders unter Druck

Laut Eva Hock sind Weingüter in der Regel Traditionsbetriebe, die eng mit der Identität der Familie verknüpft sind. Außerdem gebe es in diesen Betrieben oft keinen geregelten Feierabend. Zudem seien die Winzer und Winzerinnen extrem auf die Natur angewiesen. Nur einmal im Jahr können die Trauben geerntet werden. Das bedeute großen Druck und Stress für die ganze Familie. Der Klimawandel und die Extremwetterereignisse verstärkten diesen Druck noch, so Hock.

Durch Generationswechsel kommen angestaute Konflikte hoch

Ihre Konfliktberatungen haben zugenommen in den letzten Jahren, sagt Hock. Denn jetzt stehe in vielen Betrieben ein Generationswechsel an. Da kämen dann angestauter Frust und unausgesprochene Konflikte hoch.

Lena und Sebastian wollen mit ihrer Offenheit zeigen, dass es vollkommen normal ist, Konflikte zu haben. Außerdem wollen sie Landwirte und Landwirtinnen, denen es ähnlich geht, dazu animieren, sich Hilfe zu holen.

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