SWR Aktuell: Frau Johnston, wie werden die Menschen in Germersheim in der Zukunft heizen?
Merle Johnston: Da gibt es viele kreative Ideen. Wir könnten die Abwärme der Industrie nutzen und sie an Wohnhäuser über ein Nahwärmenetz weitergeben. Wir könnten auch Abwärme aus Abwasser benutzen. Es gibt auch natürliche Wärmequellen wie das Grundwasser zum Beispiel, Erdwärme oder Tiefengeothermie. Und die Optionen Biogas und Wasserstoff sind auch noch da. Was genau in welchen Gebieten von Germersheim möglich sein könnte, das wird in unserem Wärmeplan stehen.
SWR Aktuell: Eigentlich ist die Stadt Germersheim noch gar nicht verpflichtet, einen Wärmeplan zu erarbeiten. Gemeinden mit weniger als 100.000 Einwohnern haben Zeit bis Sommer 2028. Warum ist Germersheim so früh dran?
Johnston: Bei uns ist das schon ein längerer Prozess. Wir haben uns in der Stadt direkt mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 gefragt: Wie können wir in Germersheim unabhängiger und auch nachhaltiger heizen? Da war noch gar nicht die Rede von einer bundesweiten Pflicht fürs Aufstellen einer kommunalen Wärmeplanung. Je mehr wir uns mit dem Thema beschäftigt haben, desto mehr haben wir gesehen, dass die Wärmeplanung für eine große Chance für unsere Stadt bedeutet.
Und man muss ja sehen: Wenn der Wärmeplan dann steht, dann steht der ja erstmal nur auf dem Papier. Bis der Plan umgesetzt ist, dauert es noch. Weil wir früher angefangen haben, können wir auch früher was erreichen. Wir sehen den Wärmeplan als supergroße Chance.
SWR Aktuell: Sie haben im Herbst begonnen, Daten für den Wärmeplan zu sammeln. Wie heizen denn die Menschen in Germersheim?
Johnston: Wir haben noch nicht alle Zahlen beisammen. Aber da wir in der Stadt weder ein Nah- noch ein Fernwärmenetz haben, heizen die Menschen hier größtenteils mit Gas und Öl. Vereinzelt gibt es natürlich auch Haushalte, die mit Holzpellets oder einer Wärmepumpe heizen. Gas war viele Jahre lang für viele Haushalte die beste Option und jetzt müssen wir weg davon, um deutlich mit den CO2-Emissionen runterzukommen. Zum Beispiel schauen wir, wie wir unsere kommunalen Gebäude beheizen und wie viel wir verbrauchen. Das Sammeln aller Daten ist eine Herausforderung, denn es gibt noch kein Gesetz, das regelt, wie wir als Kommune rechtssicher an alle Daten kommen.
SWR Aktuell: Und wie lösen Sie dieses Problem?
Johnston: Wir haben Daten in sogenannter aggregierter Form erhalten. Das sind zusammengefasste Daten und nicht gebäudescharf, mit denen wir uns ein Bild machen können, wie die Haushalte heizen. Es ist für die Wärmeplanung aber auch nicht superwichtig zu wissen, dass der Herr Irgendwas in der Hausnummer soundso genau diesen Verbrauch hat. Es geht eher um das große Ganze.
SWR Aktuell: Wenn Sie wissen, wie in Germersheim aktuell geheizt wird, was machen Sie dann?
Johnston: Dann schauen wir in einem zweiten Schritt, welche Möglichkeiten für erneuerbare Energien wir Stadtgebiet haben. Und wir schauen, wo der Energieverbrauch gesenkt werden kann. Zum Beispiel, indem Gebäude besser gedämmt oder Fenster ausgetauscht werden. Das wird dann auch im Wärmeplan aufgelistet.
SWR Aktuell: Der Energieverbrauch von heute muss ja nicht der von morgen sein. Wie lösen Sie dieses Problem?
Johnston: Genau, in einem dritten Schritt schauen wir, wo soll in Germersheim in den nächsten Jahren gebaut werden und steigt dann in einem Gebiet der Energieverbrauch? Oder wird der Verbrauch in einem Gebiet eher sinken? Am Ende entwickeln wir dann eine Strategie und listen Maßnahmen auf, wie die Stadt Germersheim bis 2045 CO2 neutral heizen kann.
Für kommunale Wärmeplanung Drohne soll in und rund um Wachenheim schlecht gedämmte Häuser aufspüren
Die Verbandsgemeinde Wachenheim hat am Donnerstag ihre Untersuchungen begonnen, wie gut die Häuser in den einzelnen Orten gedämmt sind. Dazu fliegt unter anderem eine Drohne mit Wärmebildkamera die Häuser ab.
SWR Aktuell: Was haben die Menschen in Germersheim ganz konkret dann von diesem Wärmeplan, wenn er dann vorliegt?
Johnston: Der Wärmeplan ist keine Energieberatung. Aber die Unternehmen und Privathaushalte können sehen, in welche Richtung es geht. Könnte zum Beispiel in meiner Nachbarschaft ein Wärmenetz entstehen? Und dann kann ich mich daran orientieren.
SWR Aktuell: Und was ist mit denen, die bald eine neue Heizung einbauen müssen, weil die eigene Heizung schon alt ist oder wenn ein Haus saniert wird?
Johnston: Eine neue Heizung einzubauen, die nur Gas nutzt, das sollte man nicht mehr machen. Wegen der CO2-Emissionen und weil die Gaspreise durch steigende C02-Bepreisung stark steigen werden. Grundsätzlich sollte man sich zuerst einmal beraten lassen, die Verbraucherzentrale bietet ein kostengünstiges Beratungsgespräch an. Wenn also die Heizung nicht mehr zu reparieren ist und auch ein 100% erneuerbare Heizung nicht möglich ist, dann sollte man aktuell auf hybride Lösungen setzen, also auf Heizungen, die beispielsweise auch über Solarthermie Wärme erzeugen.