Tierschützer sind alarmiert. Der online-Welpenhandel mit Kangal-Welpen blüht. Nach mehreren Vorfällen mit Kangal-Hunden in der Pfalz fordern Tierheime und der Deutsche Tierschutzbund erneut einen Sachkundenachweis für Hundehalter dieser Rasse.
Pfalz: Kangals vernachlässigt, verletzt, ausgesetzt
Im Januar hat das Tierheim in Speyer einen herrenlosen, verletzten Kangal aufgenommen. In Lambsheim gibt es Berichte, dass diese großen Hunde immer wieder aus Schrebergärten ausbrechen. Vergangenes Jahr machte eine trächtige Kangal-Hündin mit ihren elf Welpen Schlagzeilen, die bei Deidesheim in einem Weinberg ausgesetzt worden war.
Not-OP für den Kangal-Rüden Argo
Der erste Vorsitzende des Tierheims Speyer, Uwe Grimm, schickt dem SWR Fotos vom Kangal-Rüden Argo, der im Januar schwer verletzt abgegeben wurde. Uwe Grimm warnt vorab: Nichts für schwache Nerven! Die Bilder zeigen einen Hund mit tiefen Kopfwunden, eine Seite ist vom Maul bis zum Ohr durch Bisse aufgerissen. Was war mit Argo passiert?
Grimm weiß es nicht. Er sagt, ein Mann habe den Kangal gebracht, mit der Erklärung, der Hund sei ihm im Wald zugelaufen, noch die Leine hinter sich her schleppend. Spuren hätten gezeigt, dass wohl jemand versucht hatte, die Wunden mit Blauspray zu desinfizieren. Die Erstversorgung beim Tierarzt, eine Not-OP, habe 2.000 Euro gekostet, sagt Grimm.
Tierheim Speyer: Kangals schwer vermittelbar
Jetzt will das Tierheim Speyer für Argo noch ein eigenes Gehege mit Zaun und Hütte bauen. Geschätzte Kosten: 8.000 Euro. Bisher seien erst etwa 500 Euro an Spenden eingegangen. Etwa in einem halben Jahr könne der etwa sieben Jahre alte Rüde vielleicht vermittelt werden. Das sei bei dieser Rasse jedoch schwierig. Das Tierheim Speyer suche schon seit sieben Jahren ein neues Zuhause für seinen zweiten Kangal Balu.
Kritik am verantwortungslosen Kangal-Trend
Der Deutsche Tierschutzbund in Bonn und das Veterinäramt des Rhein-Pfalz-Kreises sagten dem SWR, diese Hunderasse liege seit ein paar Jahren im Trend, unter anderem zum Bewachen von Firmengeländen. Wie bei dem Exemplar in Speyer würden manchen Hunden trotz Verbots die Ohren kupiert, also abgeschnitten. Es gebe einen Kupier-Tourismus, die Besitzer würden für diesen Eingriff mit den Hunden ins Ausland fahren. Das Kupieren beeinträchtige jedoch die Kommunikation unter Hunden und könne zu Konflikten führen.
Kangals brauchen Beschäftigung und viel Auslauf
Tierschützer warnen, einfach einem Trend beim Hundekauf zu folgen: Der Kangal sei ursprünglich ein anatolischer Herdenschutzhund und nicht zur Haltung in einer Wohnung oder in der Stadt geeignet. Das Veterinäramt des Rhein-Pfalz-Kreises erklärt: Der Kangal ist ein eigenständig arbeitender Hund, der sich bei Langeweile und Unterforderung selbst seine Aufgaben sucht und dann zum Beispiel auch geschickt beim Untergraben von Zäunen ist. Tierschutzbund und Tierheime fordern: Der Online-Handel mit dieser Rasse gehört verboten und eine Eignungsprüfung für Hundebesitzer muss verpflichtend sein.
Warum wurden die Kangals in der Pfalz ausgesetzt?
Die in der Vorder- und Südpfalz ausgesetzten Kangals waren wahrscheinlich ihren Haltern ganz einfach zu teuer, vermutet Uwe Grimm vom Tierheim Speyer. Bei Argo waren es wohl die hohen Kosten für die ärztliche Behandlung. Und auch bei der trächtigen Kangal-Hündin Mira vergangenes Jahr im pfälzischen Weinberg hätte die Nachversorgung der 11 Welpen den Besitzer viel Geld gekostet. Mit Impfungen und Aufzucht gut 10.000 Euro, schätzt Grimm.