Der Rhein-Pfalz-Kreis beschäftigt sich heute im Jugendhilfeausschuss mit dem Thema "unbegleitete, minderjährige Ausländer" (UMA). Denn aktuell muss das Jugendamt des Kreises 85 junge Flüchtlinge betreuen. Und es werden täglich mehr, wie eine Sprecherin des Kreises erklärt. Die jungen Flüchtlinge hätten mit vielen Problemen zu kämpfen, weiß die Sprecherin. Sie seien traumatisiert durch die Flucht und die Gewalterfahrung in ihren Heimatländern. Sie litten unter der ständigen Angst um ihre Angehörigen zuhause. "Und es fällt ihnen schwer, sich auf Hilfe und Unterstützung einzulassen, weil sie wissen, dass es ihren Familien schlecht geht und sie das Gefühl haben, es nicht verdient zu haben, dass es ihnen in Deutschland besser geht, als den daheim gebliebenen", heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Rhein-Pfalz-Kreises.
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Fachpersonal - Mangelware
Die traumatisierten Kinder und Jugendlichen bräuchten eine Betreuung durch spezialisiertes Fachpersonal. Doch das sei Mangelware. Auch Wohnheimplätze, Plätze bei Pflegefamilien oder in stationären Einrichtungen gebe es viel zu wenige. Der Rhein-Pfalz-Kreis sieht sich daher jetzt gezwungen, eine Schutzwohnung, die eigentlich für Familien in Not vorgehalten wird, umzufunktionieren, um den Kindern und Jugendlichen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Auch Plätze in allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen, seien nur noch schwer zu finden. Der Rhein-Pfalz-Kreis gibt in einer schriftlichen Erklärung daher zu: "Eine erfolgversprechende Integration ist aufgrund des Wohnraum- und Fachkräftemangels kaum möglich."
Die Kommunen und Kreise wissen kaum etwas über die Kinder
Auch der Stadt Neustadt wurden seit August in kurzem Abstand immer öfter minderjährige unbegleitete Flüchtlinge zugeteilt. Nach Angaben der Stadt wurden noch vor wenigen Wochen vom Schwerpunktjugendamt Trier zumindest grundlegende Informationen über die minderjährigen Flüchtlinge recherchiert: Woher kommt der junge Mensch? Hat er Verwandte in Deutschland, zu denen er kann? Welche Fluchterfahrung hat er? Wie geht es ihm gesundheitlich? Hat er in der Heimat eine Schule besucht? Nun müssten die Kommunen dieses erste "Clearing-Verfahren" selbst erledigen. Das heißt: Die Kommunen wissen wenig bis nichts über die Kinder und Jugendlichen und können so auch erstmal nur schwer ermitteln, wie die jungen Menschen am Besten betreut werden sollten.
Personal, Wohnraum, Geld - all das wird dringend gebraucht
Im Landkreis Germersheim leben aktuell 59 unbegleitete ausländische Kinder und Jugendliche. Im Kreis Südliche Weinstraße 61. Auch hier hießt es von beiden Kreisen, dass mangelnder Wohnraum und mangelndes Fachpersonal zur Betreuung ein Riesenproblem darstellt. Der Kreis Südliche Weinstraße fordert daher, dass das Land die Kreise bei der Fachkräftegewinnung mehr unterstützt. Zudem müssten kurzfristige Unterbringungsmöglichkeiten finanziell gefördert und auch das Bildungsangebot für die minderjährigen Flüchtlinge erweitert werden.
Minderjährige Flüchtlinge genießen besonderen Schutz
Abgeschoben werden können die Kinder und Jugendlichen laut der befragten Kreise und Städte nur schwer. Grundvoraussetzung wäre, dass man sicher wissen muss, dass in der Heimat Verwandte sind, die sich auch wirklich um die minderjährigen Flüchtlinge kümmern. Ob die geflohenen Kinder und Jugendlichen bleiben dürfen oder wieder gehen müssen, obliegt ohnehin dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, sagt etwa die Stadt Neustadt. Junge Geflohene, die 2015 gekommen sind, hätten gute Chancen, in der Pfalz bleiben zu dürfen. Sie haben den subsidiären Schutz, d.h. sie dürfen bleiben, da ihnen bei ihrer Rückkehr großer Schaden drohe. Zu den Zukunftsperspektiven der jungen Geflohenen, die in den letzten Monaten gekommen seien, könne man noch wenig sagen, heißt es aus Neustadt. Die Verfahren würden sich immer sehr lange hinziehen.
Junge Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan dürfen bleiben
Gute Bleibeperspektiven haben nach Angaben der Stadt Speyer junge Syrer und junge Afghanen, aber auch minderjährige Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten, Algerien, Tunesien, Marokko und Ägypten. Doch gleichgültig woher junge Menschen kommen - der Rhein-Pfalz-Kreis betont, Kreise und Kommunen benötigen dringend mehr Wohngruppenplätze für Kinder und Jugendliche, mehr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den allgemeinen Sozialen Diensten, mehr Schulplätze und mehr Therapeuten und Therapeutinnen für all diese geflüchteten Kinder und Jugendliche.
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