Thomas Flocken, psychologischer Psychotherapeut, weiß aus seiner langjährigen Arbeit als Leiter des sozialpsychiatrischen Diensts der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße, aber auch als Vorsitzender des Vereins "Bündnis gegen Depression Südliche Weinstraße" aus eigener Erfahrung: Einsamkeit macht krank und zwar viel mehr, als man denkt.
"Einsamkeit ist sehr gesundheitsschädlich, sogar mehr gesundheitsschädlich als Rauchen oder Alkoholkonsum. Denn durch Einsamkeit sind wir in einer ständigen Stresssituation und dadurch entstehen Krankheiten wie Depression, Ängste oder auch psychosomatische Krankheiten", sagt Flocken.
Psychologe Flocken: Kinder zunehmend von Einsamkeit betroffen
Der Psychologe beobachtet auch, dass neben alten Menschen zunehmend Kinder und Jugendliche unter Einsamkeit leiden, mit entsprechenden seelischen Folgen. Damit bestätigt er eine erste Studie zum Thema Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichem in Nordrhein-Westfahlen, nach der sich bei rund 1.000 befragten Jugendlichen von 16 bis 20 Jahren etwa 18 Prozent sehr einsam fühlten. Bei den jüngeren Befragten - knapp 1.250 Achtklässler zwischen 13 und 15 Jahren - seien es bis zu elf Prozent.
Einsamkeit bei Schulkindern als Folge von Corona
Flocken sieht die zunehmende Einsamkeit bei den Jüngeren vor allem als eine Folge der Corona-Lockdowns und der damit einhergehenden Internetnutzung. "Dadurch, dass man zuhause bleiben konnte und alles online erledigen musste, hat sich auch das Interessengebiet online verlagert", so Flocken.
"Durch Corona haben sich die Kinder und Jugendlichen bestimmte Verhaltensweisen über fast zwei Jahre antrainiert, die jetzt natürlich sehr schwer wieder abzutrainieren sind. Das ist die Herausforderung, jetzt wieder eine andere Richtung zu bekommen, um wieder rauszugehen, denn Gemeinschaft, die gibt es doch nur in 3D, in Farbe und in echt."
Flocken: Einsamen Kinder und Jugendlichen zuhören
Wichtig sei auch, dass alle, die sich einsam fühlen, gehört werden. Denn sie wüssten am Besten, was ihnen hilft, aus der "Bubble" oder "Blase" ihrer Einsamkeit herauszukommen, sagt Psychologe Flocken.
"Das finde ich ganz wichtig, dass sie zu Wort kommen. Dass wir hören, wie sie aus ihrer Blase herauskommen. Denken Sie mal nur an das Pokemon-Jagen vor ein paar Jahren. Da haben wir ganz viele Jugendliche draußen gesehen und ich finde, wir müssen ganz neu denken, um auch die reale Welt attraktiv zu machen und vielleicht findet man dann heraus, dass man in der realen Welt auch das ein oder andere Abenteuer finden kann, das wieder das Leben interessant und spannend macht und wahre Emotionen weckt und wir da wieder in Beziehung mit anderen Menschen kommen."
Ziele und Forderungen von "GemEinsam in Landau"
Zur Initiative "GemEinsam in Landau" gehören die Caritas-Beratungsstelle, die Diakonie, die beiden Kirchen in Landau und die Stadtverwaltung. Ziel sei, die Gesellschaft jetzt erst einmal für das Thema Einsamkeit zu sensibilisieren und damit auch dafür, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, sagt Organisatorin, Susanne Poerschke, Sozialreferentin der katholischen Gemeinde Mariä Himmelfahrt.
Dafür will die Initiative Betroffene, Vereine, Ehrenamtliche und politische Akteure zusammenbringen. Poerschke ist zuversichtlich, dass dadurch ganz konkrete Projekte für Begegnung und gegen Einsamkeit angestoßen werden. So sei sie etwa mit dem Kinderschutzbund und der Universität in Landau im Gespräch. Und sie verfolgt die Idee, in einem der Landauer Parks einen Stadtgarten der Begegnung zu entwickeln.
Initiative gegen Einsamkeit: Vorträge in Landau sind ein Anfang
Die Initiative "GemEinsam in Landau" startet zunächst mit zwei Vorträgen im Haus der Familie der Stiftskirchengemeinde. Am Freitrag spricht der Psychologe Thomas Flocken hier von 16 bis 18 Uhr unter dem Titel "Macht Einsamkeit krank?" über Gesundheit, Fakten und Strategien zum Thema Einsamkeit. Laut Organisatorin Poerschke haben sich mehr als 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Der Vortrag stehe aber auch für Kurzentschlossene offen.
Am 6. Mai spricht dann Petra Potz, eine Stadtplanerin aus Berlin, über das Projekt "Einsamkeit. Neue Anforderungen an lebendige Quartiere", ebenfalls im Haus der Familie von 17 bis 19 Uhr. Infos und Anmeldung bei Susanne Poerschke, Tel. 06341/96898-170, susanne.poerschke@kirchelandau.de