Fünf Stockwerke ist er hoch. Der Bunker aus dem Jahr 1941 im Hemshof in Ludwigshafen. Der graue Betonklotz kommt recht schmucklos daher. An seinen beiden Seiten ragen riesige Funkmasten in die Höhe, die für reibungslose Handykommunikation sorgen. Mehr Funktionen hat er aktuell nicht.
Zuflucht für obdachlose Menschen im Zweiten Weltkrieg
Doch während des Zweiten Weltkrieges war das ganz anders, weiß Dr. Klaus Jürgen Becker, stellvertretender Leiter des Stadtarchivs in Ludwigshafen. 300 Menschen fanden darin Obdach, als ihre eigenen Wohnungen komplett zerbombt waren. Weitere 500 flohen bei Fliegeralarm regelmäßig in den schützenden Bauch des Betonklotzes.
Familie mit sechs Personen musste auf acht Quadratmetern leben
Eine Familie mit sechs Personen musste sich eine fensterlose, finstere, acht Quadratmeter kleine Parzelle teilen. Bei Fliegeralarm quetschten sich zudem noch weitere Schutzsuchende dazu. Ein Gemeinschaftswaschbecken und zwei Klos gab es auf dem Gang. Kochen durfte man wegen der Brandgefahr im Bunker nicht, erzählt Stadtarchivar Becker, der Vorsitzender des Ludwigshafener Bunker-Vereins ist.
Dem Verkauf des Bunkers in der Schanzstraße sieht der Historiker mit gemischten Gefühlen entgegen. Wenn der Bunker erhalten bleibt und einer sinnvollen Zweitnutzung zugeführt werden würde, fände er das gut. Sollte er allerdings abgerissen werden, um Platz für neue Wohnungen zu schaffen, würde Becker das sehr bedauern.
Dokumentiert grauenhafte Zeit des Nationalsozialismus
"Bunker dokumentieren, wie der Nationalsozialismus, der Faschismus auf die Menschen eingewirkt hat. Es ist ein idealer Ort, um Geschichte zu vermitteln. Die Atmosphäre ist dort so bedrückend. Dort können sich Menschen eine Vorstellung davon machen, wie schrecklich Krieg ist. Und was für Folgen das für jeden Einzelnen hat."
Becker träumt von einem Bunkermuseum, in welchem er speziell jungen Menschen diesen schrecklichen Teil der deutschen Geschichte näherbringen kann. Der Bunker in der Ludwigshafener Schanzstraße wäre dafür geeignet. Doch für den Verein unerschwinglich. 450.000 Euro möchte der aktuelle Besitzer, ein Bauunternehmer aus Ludwigshafen, für den Bunker und das angrenzende freie Areal.
Ludwigshafen: Umbau des Bunkers sehr kostspielig
Mit dem Verkauf wurde das Ludwigshafener Immobilienbüro Kuthan-Immobilien beauftragt. Besitzer Georg Kuthan betont, wie vielfältig das ungewöhnliche Objekt genutzt werden könne. "Viele Bands spielen in Bunkern. Da können die ungestört Radau machen. Oder man nutzt den Bunker als Lagerraum", zählt Georg Kuthan die Nutzungsmöglichkeiten auf. Auch könne man auf dem Bunker ein Penthouse errichten.
"Es gibt in Deutschland einige, die sich auf Bunker spezialisiert haben und die sich gerne so was anlachen. Neben dem Bunker kann man auf der freien Fläche vier Wohnungen bauen. Und selbst im Bunker kann man Wohnungen einrichten", ist der Immobilienfachmann überzeugt. Archivar Becker betont aber, dass ein solches Vorhaben sehr teuer werde. Allein die Brandschutzauflagen würden große Investitionen nötig machen.
Bislang hat sich lediglich ein Abrissunternehmen für den Bunker in Ludwigshafen interessiert. Und bei solch einem Interessenten scheint eine Erhaltung des Bunkers eher unwahrscheinlich.
Ludwigshafen: Stadt mit sehr hoher Dichte an Bunkern
Insgesamt gibt es in der Stadt Ludwigshafen 47 Hoch- und Tiefbunker und unzählige Bunker unter Privathäusern. Es ist die höchste Dichte an Bunkern in ganz Deutschland, gemessen an der Bevölkerungszahl, so der Historiker Dr. Klaus Jürgen Becker. Nur noch die Stadt Berlin habe mehr.