Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zu Besuch bei der BASF

Sommerreise der Außenministerin

Baerbock bei BASF Ludwigshafen: Klimaschutz und China-Strategie im Fokus

Stand
Autor/in
Nicoletta Prevete
Birgit Baltes
Foto für Autorenseite

Der globale Wandel und die grüne Transformation als größte Herausforderungen unserer Zeit - das waren zwei zentrale Themen beim BASF-Besuch von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Ludwigshafen.

Unter dem Motto "gemeinsam stark" hatte Bundesaußenministerin Baerbock den Besuch bei der BASF im Rahmen ihrer Sommerreise angetreten. BASF-Vorstandschef Martin Brudermüller und die Außenministerin tauschten sich vor allem über die Herausforderungen aus, vor denen Deutschland und Europa angesichts des globalen Klimawandels und der sich verändernden Weltordnung stehen. Als sie im Anschluss gemeinsam vor die Presse traten, war eine zentrale Botschaft: Wirtschaft und Politik wollen diese Herausforderungen gemeinsam angehen, um Deutschland und Europa möglichst stark in der Welt zu positionieren.

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Baerbock: Mehr Unabhängigkeit von China

"Deutschland kann nach außen im Rahmen der EU nur so stark sein, wie wir es im Inneren sein können", sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch in der Konzernzentrale in Ludwigshafen. Sie wies auch darauf hin, wie wichtig es sei, unabhängig von autoritären Staaten wie Russland und China zu werden. Es müsse darüber gesprochen werden, was man aus den Abhängigkeiten etwa von China lerne. "Wir können gemeinsam nur stärker resilienter werden, wenn wir das von der Bundesebene, der europäischen Ebene, mit der Wirtschaft, mit Universitäten, mit der Gesellschaft zusammen denken."

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Und die Grünen-Politikerin machte auch deutlich: Wer in China hohe Investitionen riskiere, der könne nicht damit rechnen, dass die Bundesregierung einspringe, wenn etwas finanziell schief laufe. Eine Anspielung auf den Fall, dass China Taiwan angreifen könnte. Baerbocks Botschaft: Eine solche politische Instabilität sei bekannt, ebenso die Haltung Chinas gegenüber Taiwan. Wer dennoch Milliarden in China investiere und dann wegen eines Krieges womöglich scheitere – der müsse selbst das volle Risiko tragen. Das neue Strategiepapier der Bundesregierung sieht zumindest vor, die Ausfallzahlungen für die Industrie deutlich zu verringern. 

Annalena Baerbock (Grüne) neben Martin Brudermüller beim Besuch des Forschungstechnikums in der BASF-Zentrale.
Annalena Baerbock (Grüne) neben Martin Brudermüller beim Besuch des Forschungstechnikums in der BASF-Zentrale.

BASF-Chef bekennt sich zum Standort Deutschland

Brudermüller machte deutlich, dass der Chemiekonzern das Geld, das er in China verdiene, in die Erneuerung deutscher Standorte investieren wolle - vor allem in die Umstellung auf regenerative Energien. Diese Transformation koste Milliarden und die müssten ja auch irgendwo herkommen. sagte Brudermüller. In Europa seien gerade keine Milliarden zu verdienen, da sei das Produktionsvolumen um 25 Prozent geschrumpft. Die Musik spiele für die Chemiebranche zu 50 Prozent in China. so der BASF-Chef. Aber man wisse um das Risiko und falls China tatsächlich Taiwan angreife und man dadurch in China scheitere - dann müsste BASF sich als Unternehmen deutlich verkleinern. 

BASF-Chef Brudermüller: Gemeinsames Ziel mit Politik

Konzernchef Brudermüller betonte, dass deutsche Wirtschaft und Politik gemeinsam das Ziel haben, Deutschland und Europa möglichst stark in der Welt zu positionieren, um "Wohlstand und Zukunft in unserem Land zu sichern".

Gleichzeitig machte der Vorstandsvorsitzende aber auf die großen Schwierigkeiten aufmerksam, mit denen sich die chemische Industrie im globalen Wettbewerb konfrontiert sieht. Brudermüller sprach hier von einem Sturm: "Es trifft gerade eine globale Nachfrageschwäche auf strukturelle Schwächen in Europa." Als Hemmschuhe für die chemische Industrie nannte Brudermüller die Energiepreise, die Bürokratie in Deutschland und eine Überregulierung aus Brüssel - dort gebe es derzeit 14.000 Seiten an Regeln für die chemische Industrie.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zu Besuch bei der BASF
Resourcen und -energiesparend produzieren - das testet BASF am Standort Ludwigshafen. Konzernchef Brudermüller zeigte Baerbock einen Sitz aus dem 3 D-Drucker.

Baerbock lobt BASF für Weg in Richtung Co2-Neutralität

Die Transformation zu einem mit grüner Energie wirtschaftenden Unternehmen sei "kein Sprung, sondern ein Weg, den man gemeinsam beschreitet, wo man immer wieder neu lernen muss", betonte die Außenministerin angesichts von Sorgen der energieintensiven Chemiebranche vor steigenden Kosten.

Sie hob zudem die Bemühungen des Ludwigshafener Chemieriesen hervor, sich zu decarbonisieren, das heißt den Kohlendioxid-Ausstoß deutlich zu verringern. Brudermüller machte deutlich, dass das Unternehmen seinen Co2-Ausstoß bis 2030 um 25 Prozent verringern werde. "Dass die BASF hier einen klimafreundlichen Weg einschlägt ist aus meiner Sicht so wichtig, weil sie damit auch beispielhaft für andere Industrieunternehmen in Deutschland, aber auch in Europa und in der Welt sein kann", so die Bundespolitikerin.

BASF-Forschungszentrum gemeinsam besichtigt

Bei dem Besuch hatte Brudermüller die Außenministerin auch durch ein Forschungszentrum auf dem Werksgelände in Ludwigshafen geführt, eine Art Produktionsanlage in Miniaturformat. Dort erprobt der Konzern neue Prozesse, die eine nachhaltigere Produktion ermöglichen. Baerbock besichtigte unter anderem einen roten Sitz, der nur noch aus acht statt früher achtzig Teilen gefertigt wird. Außerdem ist er mit einem 3D-Drucker und aus einem nachhaltigeren Kunststoff produziert.

Annalena Baerbock (Bündnis90Die Grünen), Außenministerin, hält beim Besuch des Forschungstechnikums in der BASF Zentrale ein Testobjekt aus wiederverwertbaren Kunststoff in der Hand.
Baerbock hält im Forschungstechnikum der BASF ein Testobjekt aus wiederverwertbarem Kunststoff in der Hand.

Die Präsenz von BASF in China

Das Investitionsvolumen ist enorm: Bis zum Jahr 2030 will die BASF 10 Milliarden US-Dollar in seinen neuen, drittgrößten Standort in Südchina investieren. Ein Werk vergleichbar groß wie das Stammwerk in Ludwigshafen - in der Größe einer Kleinstadt.

Doch das Verbundwerk im chinesischen Zhanjiang ist schon seit längerem in der Kritik. Als ein "Hochrisikoprojekt" haben es Fondsmanager bei der vergangenen Aktionärsversammlung der BASF Ende April eingestuft.

Denn wieder setze das Unternehmen auf einen "Hauptpartner" - ähnlich wie beim Gasgeschäft mit Russland. Die Beteiligung der BASF am Gaskonzern Wintershall Dea hat den Chemieriesen Milliarden gekostet, BASF schloss das Geschäftsjahr 2022 mit einem Minus von 1,4 Milliarden ab.

"Einen solchen Schlag ins Kontor wie mit dem Totalverlust des Russlands Geschäfts möchten die BASF-Aktionäre nicht noch einmal erleben müssen", erklärte etwa Fondsmanager Arne Rautenberg von der Fondsgesellschaft Union Investment, die zu den zehn größten BASF-Investoren zählt. Und nun wolle man auf China setzen, das nicht müde werde, angriffslustig auf Taiwan zu schauen.

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Dabei macht die neue China-Strategie der Bundesregierung gerade Unternehmen wie der BASF deutlich, dass sie Geschäfte mit China kritisch beobachte. Eine "Entkopplung" von China werde zwar nicht angestrebt, aber einen zu starken Fokus auf und vor allen Dingen eine zu starke Abhängigkeit von China, gelte es fortan zu vermeiden.

Im Strategiepapier, das gerade vor einer Woche veröffentlicht wurde, heißt es wörtlich: "Es ist sowohl im volkswirtschaftlichen als auch im unternehmerischen Interesse, übergroße Risiken zu vermeiden und Anreize für ihren raschen Abbau zu schaffen." Die Bundesregierung arbeite auf ein "De-Risking" der Wirtschaftsbeziehungen zu China hin. Und auch das Thema Menschenrechte wird immer wieder kritisiert. Von der Bundesregierung, aber auch im letzten UN-Bericht. Dieser wirft China schwerwiegende Menschenrechtsverbrechen vor.

BASF-Chef Martin Brudermüller
BASF-Chef Martin Brudermüller sieht in China für sein Unternehmen großes Potential

Bundesregierung sieht politische Risiken beim China-Geschäft

Das Strategiepapier der Bundesregierung macht Unternehmen deutlich, dass sie im Fall eines Scheiterns in China aufgrund politischer Unruhen nur mit geringen Entschädigungen zu rechnen haben - die Summe der Ausfallversicherungen wurden klar begrenzt.

Statt alle Kraft aufs China-Geschäft zu konzentrieren, solle man zum Beispiel wichtige Rohstoffe auch aus anderen Ländern beziehen. Und auch bei fertigen Produkten, wie Lithiumbatterien, Photovoltaikanlagen und pharmazeutischen Wirkstoffen wolle man unabhängiger von China werden, so das Strategiepapier.

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