Die beiden jungen Männer, die seit Donnerstag wieder in Koblenz vor Gericht stehen, gehörten zu einer Bande von Telefonbetrügern aus der Türkei. Das ist unstrittig, das haben ihre Anwälte dem SWR gesagt. Sie haben aber auch betont, dass allein die Zugehörigkeit zu dieser Bande noch nicht strafbar sei.
Erfolgreiche Revision der Angeklagten vor dem BGH
Das hat auch der Vorsitzende Richter klargestellt, als er zu Beginn des neuen Verfahrens das Urteil des Landgerichts Koblenz verlesen hat. Das Gericht hatte die sieben Telefonbetrüger bereits 2021 zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Außerdem verlas der Richter die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, mit der die beiden Männer, die jetzt wieder auf der Anklagebank sitzen, dieses Urteil erfolgreich angefochten haben.
Der neue Prozess in Koblenz dreht sich um die Frage, ob die beiden Angeklagten wirklich Mittäter waren und ob und wie man sie dafür bestrafen kann?
Seniorin übergab 250.000 Euro und zwei Kilo Gold an Betrüger
Die Bande der Telefonbetrüger soll sehr professionell gearbeitet haben, heißt es in dem Urteil des Koblenzer Landgerichts aus dem Sommer 2021. Die Führungsebene habe Call-Center in der Türkei betrieben. Von dort seien mögliche Opfer identifiziert und angerufen worden - und zwar von Mitarbeitenden, die perfekt Deutsch sprechen und sich mit der deutschen Mentalität auskennen.
In ihren Anrufen stellten sich die Täter etwa als "Polizist Fischer" oder "Staatsanwalt Beckmann" vor. Sie gaukelten den Angerufenen laut Urteil vor, sie könnten selbst zu Opfern von Einbrüchen werden. Dann boten sie ihnen an, einen Polizisten vorbei zu schicken, der Bargeld, Schmuck und andere Wertsachen abholen und sicher aufbewahren könne.
Wer sich darauf einließ, war alles los. Wie eine Seniorin aus Koblenz, die nach stundenlangen Anrufen der Telefonbetrüger 250.000 Euro in bar aus dem Tresor holte und das Geld zusammen mit ihrem Schmuck und 40 Goldbarren in eine Tasche packte und vor das Haus stellte. Dort holten Mitglieder der Bande die Beute ab.
"Abholer" wurden von der Türkei aus gesteuert
Diese sogenannten "Abholer" wurden von der Türkei aus per Telefon informiert, wo und wann sie die Beute abholen könnten und an wen sie sie übergeben sollten. Dafür bekamen sie laut Gericht jedes Mal etwa 1.000 Euro. Und zwar in dem Fall einer Seniorin aus Bad Honnef von einem der beiden Angeklagten.
Allerdings war dieser Betrug nicht erfolgreich, weil echte Polizisten die "Abholer" bei der Geldübergabe festnehmen konnten. Trotzdem soll einer der beiden Angeklagten ein paar Tage später einem Mittelsmann Geld für die "Abholer" gegeben haben. Für das Landgericht Koblenz machte ihn das zum Mittäter.
Er wurde zu einer Strafe von dreieinhalb Jahren verurteilt, in die auch andere Verurteilungen einflossen. Gegen dieses Urteil aus Koblenz ist der junge Mann erfolgreich vor dem Bundesgerichtshof in Revision gegangen. Demnach muss über die Frage, ob er ein Mitttäter war, neu verhandelt werden.
Zweiter Beschuldigter gab nur eine Info weiter
Noch komplizierter ist die Frage der Mittäterschaft im Fall des zweiten Angeklagten. Er soll in der Türkei gewesen sein, als der Betrug an der Koblenzer Seniorin geplant und abgeschlossen wurde. Damit soll er selbst nichts zu tun gehabt haben, sagte seine Anwältin dem SWR.
Er wurde aber von einem Mittelsmann eines Abholers angerufen und nach der Handynummer eines Mannes aus der Führungsebene der Bande gefragt. Hintergrund war damals Ärger um das Geld. Als der Mann aus der Chefetage der Bande später erreichbar war, soll der Beschuldigte darüber den Mittelsmann in Deutschland informiert haben.
Für die Ermittler war das ein Beweis für seine Mittäterschaft, sagte sein Anwalt dem SWR. Das könnten der Angeklagte und er selbst als sein Verteidiger aber nicht nachvollziehen.
Jetzt ist die Frage, ob das Landgericht Koblenz darin eine direkte Tatbeteiligung sieht - oder nicht.