Nach der Flutnacht will Wolfgang Schulze-Icking erst mal gar nicht in den eigenen Weinkeller. Er schickt seine Mitarbeiter vor. Das Wasser hat sein Weingut "Max Schell" schwer getroffen: Leitungen, Tanks, Heizung - das alles ist zerstört. Und auch die Weinfässer liegen kreuz und quer im Keller, verschlammt, teils zerbrochen oder ausgelaufen. Alles stinkt nach einer Mischung aus Schlamm, Heizöl und Wein. Der Winzer geht davon aus, dass nichts mehr zu retten ist.
Helfer retten drei Fässer mit Rotwein aus Keller
Wie viele andere Betriebe bekommt auch er Hilfe von Winzern außerhalb des Ahrtals und vielen anderen Freiwilligen: "Was da an Hilfsbereitschaft da war, das war einfach Wahnsinn", erinnert sich Schulze-Icking. Seinen Wein hat er trotzdem erst mal abgeschrieben. Bis eine Winzerkollegin sich die Arbeit macht und im Keller ganz genau nachschaut, was noch zu gebrauchen ist und auch Proben nimmt.
"Und dann höre ich aus dem Keller nur: Wolfgang, komm mal her! Und dann waren da drei Fässer, auf denen ein Haken drauf war. Die also noch fest verschlossen waren und nicht kontaminiert", erzählt der 57-Jährige. Zuordnen konnte der Winzer die drei Fässer erst mal nicht. Später stellt sich dann heraus: Sie kommen vom Weinberg Rosental. Der besten Lage des kleinen Weinguts im Ahrtal. Aus den Trauben wird der Spätburgunder "Grand Max S" hergestellt.
Gerettete Weinfässer nach der Flut trotzdem fast entsorgt
Richtig freuen konnte sich Wolfgang Schulze-Icking darüber zunächst aber nicht so recht: "Ich habe erst mal gar keinen Bezug mehr zu meinem Wein bekommen. Alles hat nach Schlamm und Öl gestunken. Obwohl das gar nicht an dem Wein lag. Ich habe den Geruch einfach damit assoziiert." Der Geruch wird ihn sein Leben lang verfolgen, da ist sich Schulze-Icking sicher. Erst wollte er deshalb auch die drei Fässer wegkippen, den Hahn am ersten Fass hatte er dafür schon aufgedreht. "Und dann dachte ich mir: Schlaf lieber noch mal eine Nacht drüber."
Zum Glück, denn die Freude am Wein kam wieder. Vor allem auch die Freude, dass genau diese drei Fässer die Flutnacht überlebt haben. Denn der Wein ist nicht nur sein Lieblingswein, er wurde auch nach seinem Großvater und Gründer des Weinguts Max Schell benannt. "Dass genau der 'Grand Max S' die Flut überlebt hat, das ist schon so ein kleines Wunder", sagt der 57-Jährige rückblickend.
Rolle der Weinberge bei der Flut Ahr-Winzer achten auf Hochwasserschutz
Bei kleinen Hochwassern können Weinberge eine Rolle spielen. Weingut Kreuzberg aus Dernau will beim Wiederauf mithilfe von Begrünung zwischen den Reben auf Hochwasserschutz achten.
Tochter reicht Wein bei Wettbewerb ein
Und dieses kleine Wunder hat die Tochter von Wolfgang Schulze-Icking für den Wettbewerb bei der Zeitschrift Vinum eingereicht. Große Hoffnung hatte sich der Winzer da eigentlich nicht gemacht, bis der Anruf mit der Nachricht kam: Der "Grand Max S" hat beim deutschen Rotweinpreis den zweiten Platz gemacht und die Silbermedaille gewonnen. "Dass wir mit 95 Punkten die Höchstpunktzahl in dem Jahrgang erreicht haben und sogar punktgleich mit dem ersten Platz sind - darauf sind wir schon richtig stolz."
Der Wein ist jetzt natürlich entsprechend gefragt. Von den ursprünglich 750 Flaschen sind nur noch 90 übrig. Aber ein bisschen schwer fällt es dem Winzer dann doch, sich von den Flaschen zu trennen. "Da hat man was ganz Besonderes, wie so ein kleiner Schatz. Und jeden Tag geht von dem Schatz ein Stückchen mehr weg. Aber wir freuen uns gleichzeitig über jeden, der uns besucht und unseren Wein probieren will." Ein paar Flaschen will Wolfgang Schulze-Icking sich aber doch noch für die persönliche Schatzkammer sichern.
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