Standort Koblenz laut Betreiber nicht rentabel

Einzige öffentliche Wasserstofftankstelle in RLP macht dicht

Stand
Autor/in
Pia Nicoley
Foto von Multimediareporterin Pia Nicoley aus dem SWR-Studio Koblenz

Sie galt als Leuchtturmprojekt und wurde mit viel Geld gefördert: Doch ab April ist die einzige öffentliche Tankstelle für Wasserstoffautos im Land - in Koblenz - zu. Was für Folgen hat das?

Annette Schriefers-Falk aus Bad Neuenahr-Ahrweiler ist wie vor den Kopf geschlagen: Die Kommunikationsberaterin hat ein Wasserstoffauto und fährt damit regelmäßig nach Hessen zu ihren Kunden. Vom Ahrtal aus geht es nach Koblenz, weil hier momentan die einzige öffentliche Tankstelle für Wasserstofftautos im ganzen Land ist, dann fährt sie weiter nach Kassel.

Vor kurzem aber zeigte ihr die App auf ihrem Handy an, dass ab 1. April die Tankstelle auf dem Autohof im Güterverkehrzentrum an der A61 in Koblenz dicht ist. Dann sie wird nach Angaben des Betreibers H2 Mobility vom Netz genommen - und die Anlage vermutlich auch abgebaut.

Dieses Schild mit dem Satz "diese Station wird zum 1. April 2024 aus unserem Netz genommen" hängt an der einzigen öffentlichen Wasserstofftankstelle für Pkw am Autohof an der A61 in Koblenz.
Dieses Schild hängt an der einzigen öffentlichen Wasserstofftankstelle für Pkw am Autohof an der A61 in Koblenz.

H2 Mobility will Wasserstofftankstelle in Koblenz stilllegen

Auf einem Schild an der Tankstelle und auf der Internetseite von H2 Mobility heißt es: "Wir errichten zukünftig neue Stationen und rüsten bestehende Tankstellen nach. Ausgewählte Standorte werden stillgelegt und dabei möglichst viele Anlagenkomponenten wiederverwertet. Mit diesen Maßnahmen schaffen wir die Voraussetzung für ein modernes, leistungsfähiges H2-Tankstellennetz der Zukunft." So würden etwa noch in diesem Jahr neue Wasserstofftankstellen an Netz gehen, etwa in Frankenthal, Heidelberg und Mannheim.

Die haben das Geld genommen, das sind öffentliche Mittel und jetzt können sie die Tankstelle einfach stilllegen?

Wasserstofftankstellen im Herbst in der Pfalz nützen Annette Schriefers-Falk aber nichts: Wenn die in Koblenz wirklich dicht macht, müsse sie ihr Auto verkaufen, sagt sie. Denn die nächsten Wasserstofftankstellen gibt es erst wieder in Bonn und Limburg. "Wie kann das sein", fragt sich die Kommunikationsberaterin aus dem Ahrtal. "Die haben das Geld genommen, das sind öffentliche Mittel und jetzt können sie die Tankstelle einfach stilllegen?"

Wasserstofftankstelle in Koblenz galt als Leuchtturmprojekt

Dabei wurde die Wasserstofftankstelle in Koblenz bei der Eröffnung im Herbst 2017 als Leuchtturmprojekt in Rheinland-Pfalz bejubelt. Damals war sie erst die dritte von inzwischen etwa 100 Wasserstofftankstellen in ganz Deutschland. Bau und Betrieb wurden damals nach Angaben des Betreibers vom Bundesverkehrsministerium mit rund 900.000 Euro gefördert.

Nach Angaben von H2 Mobity ist aber der Zeitraum, in dem dieses Fördergeld zweckgebunden genutzt werden musste, verstrichen. Deshalb müssten sie nach der Stilllegung auch nicht zurückgezahlt werden, heißt es.

Wasserstoff-Experte kritisiert Entscheidung von H2 Mobility

Auch Uwe Diederichs-Seidel kritisiert das Vorgehen des Unternehmens. Er treibt in der Verbandsgemeinde Kaisersesch das Projekt SmartQuart voran, in dem grüner Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger der Zukunft in der Praxis erprobt wird. Diederichs-Seidel sagte dem SWR, mit der Schließung der einzigen Wasserstofftankstelle für Pkw in Rheinland-Pfalz entstehe eine Lücke im europäischen Netz. Das werde große Auswirkungen auf die Akzeptanz der Wasserstofftechnologie im Bereich der Mobilität haben.

Wichtig wäre deshalb aus Sicht des Experten, dass wenigstens die technische Anlage der Wasserstofftankstelle in Koblenz erhalten bleibt und nicht abgebaut wird. So könnte sie möglicherweise in Zukunft wieder in Betrieb und dann auch so ausgebaut werden, dass dort Lastwagen und Busse betankt werden könnten.

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Schließlich brauche man in Deutschland mehr Wasserstofftankstellen als weniger, damit der Schwerlastverkehr die Umwelt nicht mehr so stark belaste, betont der Wasserstoff-Experte. Das werde auch in einer Studie des Landes formuliert, die in einer sogenannten Road Map beschrieben ist. Danach will Rheinland-Pfalz spätestens bis zum Jahr 2040 klimaneutal werden. Die Schließung der Wasserstofftankstelle in Koblenz sei auf diesem Weg alles andere als hilfreich.

H2 Mobility nennt keine konkreten Gründe für die Schließung

Detaillierte Gründe für die Schließung des Standortes in Koblenz hat H2 Mobility dem SWR nicht mitgeteilt. In einer email heißt es nur lapidar: "Der Weiterbetrieb des Standorts in Koblenz ist nach eingehender Prüfung durch unser Haus nach aktuellem Stand leider nicht möglich. Sollten Bemühungen lokaler Akteure zum Fortbestand dieser Tankstelle aus - oder ohne Erfolg bleiben, wird diese Station leider zum 01. April vom Netz genommen."

Freie Wähler stellen Anfragen an Stadt und Land

Inzwischen haben die Freien Wähler Anfragen an das Land und die Stadt Koblenz gestellt. Sie wollen wissen, ob der Koblenzer Oberbürgermeister Langner (SPD) und die Landesregierung von den Schließungsplänen wussten. Und sie wollen erreichen, dass die Wasserstofftankstelle für Pkw in Koblenz erhalten bleibt. Ob das gelingen kann, ist angesichts des Zeitdrucks fraglich.

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