Die Ankündigung kam per Mail und nur wenige Tage, bevor das Weihnachtsgeld eigentlich an die Mitarbeitenden ausgezahlt werden sollte. In der Mail heißt es, das Gemeinschaftsklinikum habe finanzielle Probleme und sei nicht in der Lage, den vollen Betrag an Weihnachtsgeld auszuzahlen. Wann der fehlende Betrag ausgezahlt werde, sei noch unklar.
Große Enttäuschung bei Mitarbeitenden des GKM
Das sorgt für großen Frust und Wut bei den über 4.000 Mitarbeitenden des Gemeinschaftsklinikums mit seinen Standorten in Boppard, Mayen, Koblenz und Nastätten. Sie fühlten sich - besonders nach den vielen Anstrengungen in der Corona-Pandemie - nicht wertgeschätzt und im Stich gelassen, sagten Mitarbeitende dem SWR.
Der Vorsitzende des Konzernbetriebsrates, Christoph Bernhard, bestätigt dies auf Anfrage. Die Stimmung auf den Informationsveranstaltungen für die Mitarbeitenden sei geprägt gewesen von der Enttäuschung über die Entscheidung der Geschäftsleitung, einen Großteil des Weihnachtsgeldes einzubehalten, heißt es vom Betriebsrat. Er gehe davon aus, dass diese Maßnahme illegal sei.
Wie viel Geld dem GKM fehlt, ist bislang unklar. In einer Stellungnahme schreibt das Unternehmen, es habe eine Reihe von Gründen gegeben. Die gestiegenen Energiekosten zum Beispiel, aber auch die vielen Corona-Fälle unter den Mitarbeitenden und Patienten im Oktober, durch die deutlich weniger Geld eingenommen worden sei als geplant.
Fraktionen im Koblenzer Stadtrat fordern Sondersitzung
Das Manöver hat auch politische Folgen. Die Fraktionen CDU, WGS, FDP, Grüne und die Freien Wähler fordern eine Sondersitzung des Koblenzer Stadtrates für Mitte Dezember. Es soll geprüft werden, ob die Stadt Koblenz als Miteigentümer Geld zur Verfügung stellen kann. Auch die SPD unterstützt das Vorhaben laut einer Mitteilung.
Das Weihnachtsgeld zu streichen sei "asozial", sagte der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion Stephan Otto nannte es "schäbig", die Mitarbeiter finanziell zu bestrafen, die in der Corona-Pandemie viel geleistet hätten.
Die Politiker fordern auch die anderen Gesellschafter auf, Geld bereit zu stellen, damit das Weihnachtsgeld möglichst bald bereit gestellt werden kann. Neben der der Stadt Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz sind noch vier kirchliche Stiftungen am Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein beteiligt.
Ver.di verurteilt Kürzung des Weihnachtsgeldes
Die vorerst nur unvollständige Auszahlung des Weihnachtsgeldes sorgt auch bei den Gewerkschaften für viel Kritik. Die Kosten für die finanzielle Schieflage müssten jetzt die Mitarbeitenden tragen, die ohnehin schon sehr belastet seien, kritisiert die Gewerkschaft ver.di. Die tariflich zugesicherte Sonderzahlung größtenteils einzubehalten, sei unverantwortlich. Viele Mitarbeitende hätten fest mit diesem Geld gerechnet.
Das Unternehmen hat angekündigt, so bald wie möglich auch den Rest des Geldes auszuzahlen. Nach SWR-Informationen fehlen dem Unternehmen mehrere Millionen Euro, die möglicherweise von der Stadt Koblenz und dem Kreis Mayen-Koblenz ausgeglichen werden müssen. Das GKM gehört zur Hälfte der Stadt und dem Kreis Mayen-Koblenz.
Stadt und Kreis in Gesprächen zur Finanzlage im GKM
Stadt und Kreis verurteilten die Entscheidung des Unternehmens, das Weihnachtsgeld der Mitarbeitenden zu kürzen. In einer Mitteilung ist von einem "Schlag ins Gesicht" für die mehr als 4.000 Mitarbeitenden an den fünf Standorten in Koblenz, Boppard, Mayen und Nastätten in ohnehin schwierigen Zeiten die Rede. Der Kreis Mayen-Koblenz erklärte, dass die Kommunen ebenfalls erst kurzfristig über die Entscheidung informiert worden seien.
Verhandlungen über Teilprivatisierung des GKM
Es werde außerdem geprüft, ob und in welcher Form die Kommunen als Gesellschafter Geld ins Unternehmen stecken müssten. Das GKM befindet sich seit einiger Zeit in finanziellen Problemen. Bereits Anfang 2020 mussten die Kommunen Millionenkredite geben, um eine Insolvenz abzuwenden. Seitdem wird über eine Teilprivatisierung der Kliniken verhandelt, unter anderem mit dem Krankenhauskonzern Sana. Die Verkaufsverhandlungen sind nach Angaben der Gesellschafter bereits weit fortgeschritten.