Die 28-jährige Naveen A. sagte, die Angeklagte Nadine K. habe ihr in der privaten Wohnung des IS-Paars unter anderem islamische Prophetengeschichten erzählt und Hinweise zur korrekten Gebetswaschung gegeben. Allerdings habe sie das Beten bereits zuvor bei anderen Männern gelernt. Die Jesidin hatte an vergangenen Verhandlungstagen berichtet, wie sie von IS-Kämpfer zu IS-Kämpfer - teilweise als „Geschenk“ - weitergereicht worden war, ehe sie 2016 zu Nadine K. und ihrem Ehemann kam.
Die Idar-Obersteinerin war 2014 Richtung Syrien ausgereist, bezog mit ihrem Mann, einem syrischen Arzt, den sie in Deutschland kennengelernt hatte, zunächst ein Haus in Mossul/Irak, ehe die beiden weiter nach Syrien zogen. 2019 gerieten sie in kurdische Gefangenschaft. Im Frühjahr 2022 kam Nadine K. mit zwei Kindern zurück nach Deutschland und steht seit Januar vor Gericht.
Vorwurf der Beihilfe zum Völkermord
An diesem Mittwoch, dem fünften Tag ihrer Vernehmung, wurde die Jesidin Naveen A. von einem Verteidiger erneut zur Rolle der Angeklagten Nadine K. befragt, etwa zu möglichen religiösen Anweisungen. Einer der Anklagepunkte in dem Verfahren lautet Beihilfe zum Völkermord. Laut Bundesanwaltschaft dienten Handlungen Nadine K.s und ihres Ehemannes dem Ziel des IS, "den jesidischen Glauben zu vernichten."
Die Jesidin bekräftigte erneut, Nadine K. habe gewusst, dass deren Ehemann sie vergewaltigte. Nadine K. habe regelmäßig eine Freundin besucht, während sie von deren Ehemann missbraucht worden sei. Der Ehemann habe Nadine K. darüber informiert. Nadine K. selbst sei von ihrem Ehemann mehrfach geschlagen worden. "Das läuft jetzt wie in einem Film vor mir ab, wie sie mir ihre Verletzungen zeigte", sagte Naveen A.. Zudem habe dieser sich zwischenzeitlich von ihr scheiden lassen wollen. Nadine K.s Ehemann hatte in Syrien weitere Frauen geheiratet. Nadine K. sei damit nicht einverstanden gewesen, berichtete Naveen A.. Unter den Frauen habe es viele Probleme gegeben.
Luftangriff auf Wohnhaus
Die Jesidin berichtete zudem von einem Luftangriff auf ein Haus in Syrien, in dem sich neben einem Krankenhaus auch die Wohnung des IS-Paares befunden habe. Eine Familie sei dabei ums Leben gekommen. Sie selbst seien durch glückliche Umstände mit dem Leben davon gekommen. An Flucht habe sie nicht gedacht, weil überall in Geschäften und in den Straßen IS-Leute gewesen seien. Ein Angebot von Nadine K.s Ehemann, auch sie selbst zu heiraten, habe sie abgelehnt, weil dieser auch weiterhin für sie "zuständig" gewesen wäre.
Am Donnerstag wird der Prozess fortgesetzt. Dann soll möglicherweise auch der heutige Ehemann der Jesidin aussagen. Naveen A. und er sind für den Prozess in Deutschland eigens aus dem Irak angereist.