"Die Situation ist verheerend", sagt Daniela Kimmel-Schulze von der Schwanen Apotheke in Kaiserslautern. Schon seit dem Sommer bekämen die Apotheken von den Herstellern nur noch selten Kinder-Fiebersäfte mit den Wirkstoffen Paracetamol oder Ibuprofen geliefert. Selbst auf dem Großmarkt gehe man leer aus. Gleichzeitig sei die Nachfrage nach Fiebersäften für Kinder im Moment groß. "Wir erleben derzeit eine große Grippewelle", so Kimmel-Schulze.
Wegen RS-Virus Infektwelle bringt Kinderärzte und Kliniken in Rheinhessen an ihre Grenzen
Keine freien Betten mehr in den Kinderkliniken, lange Schlangen vor den Arztpraxen: Viele Kinder leiden aktuell unter Atemwegsinfekten. Kinder- und Jugendmediziner aus Rheinhessen schlagen Alarm.
Vermutlich bunkern manche Kunden Fiebersäfte ähnlich wie Klopapier zu Beginn der Corona Pandemie. Das finde ich ganz schlimm."
Außerdem vermute die Apothekerin aus Kaiserslautern, dass nicht alle Kunden die Medikamente akut für ein krankes Kind zuhause benötigen. So würden einige direkt mehrere Packungen kaufen wollen. Die Apotheke könne momentan aber nur handelsübliche Mengen verkaufen. "Vermutlich bunkern manche die Fiebersäfte, ähnlich wie das Klopapier während der Corona-Pandemie", sagt Kimmel-Schulze. Das finde sie sehr schlimm.
"Riesenproblem" bei Antibiotikum Amoxicillin Apotheken in RLP mit großen Engpässen bei Medikamenten
Die Apotheken in Rheinland-Pfalz haben immer größere Schwierigkeiten, kranke Menschen mit Fiebersaft, Blutdruckmitteln, Hustensaft und Magentropfen zu versorgen. Die Landesapothekerkammer spricht von einer problematischen Lage.
Chefarzt in Pirmasens: Infekte sind für Immunsystem des Kindes wichtig
Was aber können Eltern tun, wenn ihr Kind Fieber bekommt? Der Chefarzt der Kinderklinik am Städtischen Krankenhaus in Pirmasens, Hans-Georg Kläber, rät: Keine Panik und Ruhe bewahren. „Fieber allein ist eher ein positives Zeichen“, erklärt er. Das sei ein Signal, dass der Körper sich gegen die Krankheitserreger wehre. Infekte seien im Kindesalter wichtig, um das Immunsystem zu stärken. Daher sollten Eltern Fieber nicht gedankenlos bekämpfen. Erst wenn die Körpertemperatur des Kindes 39 Grad Celcius überschreite, sollten Eltern handeln.
Frische Luft, Wadenwickel und Ruhe bewahren
Grundsätzlich gehe es darum, das Kind zunächst zu beobachten: Wie verhält es sich? Isst und trinkt das Kind genug? „Angst ist immer ein schlechter Wegbegleiter“, erklärt der Chefarzt aus Pirmasens. Die Kinder bräuchten in solchen Situationen jemanden, der sich ruhig, sachlich und überlegt um sie kümmere. Wenn das Kind schwer atmet, wäre frische Luft hilfreich. Außerdem könnten Waden- oder Brustwickel helfen, um das Fieber zu senken.
Marc Muchow von der Donnersberg-Apotheke in Kirchheimbolanden ermutigt seine KollegInnen dazu, dass Apotheken Fiebersäfte für Kinder auch selbst herstellen. Allerdings nur, wenn sie die benötigten Wirkstoffe wie Ibuprofen und Paracetamol vorrätig hätten. In vielen Fällen könne der Apotheker mit seinem Team Medikamente für Erwachsene dann so verarbeiten, dass sie auch für Kinder genutzt werden können.
![Waage und Flasche in einer Apotheke - hier wird Fiebersaft selbst hergestellt (Foto: SWR) Waage und Flasche in einer Apotheke - hier wird Fiebersaft selbst hergestellt](/swraktuell/baden-wuerttemberg/karlsruhe/1717735696696%2Cwegen-knappheit-ettlinger-apotheke-stellt-fiebersaft-her-116~_v-16x9@2dS_-6be50a9c75559ca1aaf1d0b25bae287afdcd877a.jpg)
"Sollte das Kind wirklich schwer krank sein, bitte den Hausarzt aufsuchen. Im Zweifel können Eltern auch in die Notaufnahme fahren, da dauert es aber lange."
Zu viele Patienten Kinderstationen in Speyer und Ludwigshafen nehmen keine kranken Kinder mehr auf
Die Speyrer Kinderklinik nimmt seit Mittwoch keine Patienten mehr auf. Ähnlich angespannt ist die Lage in der Kinderklink in Ludwigshafen und bei pfälzer Kinderärzten.
Für Apothekerin Daniela Kimmel-Schulze in Kaiserslautern sind auch Zäpfchen eine gute Alternative zu Fiebersäften für Kinder. Ab elf Jahren könne das Kind außerdem Tabletten mit den Wirkstoffen Ibuprofen oder Paracetamol nehmen. Sollten Eltern allerdings unsicher oder das Kind wirklich schwer krank sein, müssten sie einen Arzt aufsuchen, appelliert der Chefarzt der Kinderklinik in Pirmasens, Kläber. Außerhalb der Sprechstunden könnten Eltern im Zweifel auch in eine Notaufnahme fahren. Allerdings gebe es beispielsweise am Städtischen Krankenhaus in Pirmasens aktuell längere Wartezeiten.
Wieder mehr Fiebersaft ab Januar?
Im Januar könnte sich die Lage zumindest ein Stück weit entspannen. "Wir haben mit einem Hersteller von Fiebersäften für Kinder gesprochen", sagt Apothekerin Kimmel-Schulze in Kaiserslautern und verrät: Im neuen Jahr wolle er wieder mehr Fiebersaft liefern. Unklar sei aber noch, wie es bei anderen Herstellern aussehe.