Im Zusammenhang mit den tödlichen Schüssen auf zwei Polizisten in der Pfalz bearbeitete eine Ermittlungsgruppe mehr als 1.700 Hinweise auf Hass und Hetze im Internet. In mehr als 500 Fällen wurden Ermittlungen aufgenommen.
Doch nicht nur gravierende Verbrechen sind Anlass für Hate Speech. Hassrede ist ein alltägliches Phänomen im Internet. Viele Politiker sind Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt, aber auch Menschen, die nicht in der Öffentlichkeit stehen. Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte erleben Cybermobbing und Hate Speech. Dem Hass liegen meist keine persönlichen Konflikte zugrunde, sondern Vorurteile, ideologische Einstellungen. Er kann sich zum Beispiel gegen Menschen mit Migrationshintergrund oder Homosexuelle richten.
Oft besteht eine große Unsicherheit, wie damit umzugehen ist und wie man sich wehren kann. Opfer von Hate Speech können für längere Zeit psychisch und körperlich unter der Erfahrung leiden.
- Neue Kampagne des Familienministeriums
- Hate Speech ist strafbar
- Was kann ich selbst tun?
- Das Netzdurchsetzungsgesetz
- Counter Speech (Gegenrede)
- Weitere Maßnahmen des Landes
Ministerium stellt Kampagne "#ScrollNichtWeg" vor
Familienministerin Katharina Binz (Grüne) hat am Montag die Kampagne "#ScrollNichtWeg - Digitale Zivilcourage gegen Hatespeech" vorgestellt. Neben der Unterstützung Betroffener gehe es um die Stärkung digitaler Zivilcourage, "digital Haltung gegen Gewalt zu beziehen". Denn alle könnten etwas gegen digitale Hetze tun und Fälle zur Anzeige bringen, auch wenn er oder sie selbst nicht betroffen ist.
Junge Menschen - und dabei vor allem Mädchen und junge Frauen - seien besonders stark von digitaler Gewalt betroffen, von sexistischen Beleidigungen bis zur Androhung von Vergewaltigungen, erläuterte Binz. Sie seien die Hauptzielgruppe der Kampagne. Die Kosten bezifferte die Grünen-Politikerin auf rund 700.000 Euro.
Hate Speech ist strafbar
Bedrohungen und Beleidigungen sind laut Strafgesetzbuch strafbar. Nicht alles, was gepostet wird, ist durch die Meinungsfreiheit geschützt. Hassreden im Internet können verschiedene Straftatbestände wie Volksverhetzung, Beleidigung, Nötigung, Bedrohung und Öffentliche Aufforderung zu Straftaten erfüllen.
Was kann ich tun, wenn mir Hass im Netz begegnet?
Wenn jemand auf Inhalte stößt, die strafrechtlich relevant sein könnten, ob als selbst Betroffener oder Zeuge, sollte er die Beweise durch Screenshots sichern und sich an die nächstgelegene Polizeidienststelle oder an die Onlinewache wenden.
Inhalte ohne strafrechtliche Relevanz können beim zuständigen Seitenbetreiber oder der Internetbeschwerdestelle gemeldet werden. Auch die Meldestelle REspect! prüft, ob Gesetze verletzt wurden und leitet weitere Schritte ein. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes (BKA) nimmt sie bundesweit Hinweise entgegen. Verstöße melden kann man zudem über die Seite Jugendschutz.net.
Handelt es sich um Hasskommentare auf dem eigenen Profil, ist man dafür verantwortlich, sie zu löschen. Andere Inhalte sollten direkt bei den sozialen Netzwerken gemeldet werden, damit sie gelöscht werden. Diese müssen eine Meldefunktion anbieten.
NetzDG - Soziale Netzwerke müssen Inhalte löschen
Um die Durchsetzung der Gesetze im Netz zu erleichtern, gilt seit Oktober 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (kurz: NetzDG). Unter anderem verpflichtet es Facebook, Instagram, Twitter und Co. dazu, "offensichtlich strafbare Inhalte" binnen 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen. Die sozialen Netzwerke müssen den Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren für Beschwerden über strafbare Inhalte anbieten. Anderenfalls drohen ihnen Bußgelder in Millionenhöhe. So heißt es auf der Seite des Bundesjustizministeriums.
Jeder, der in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird, kann grundsätzlich vom Anbieter des sozialen Netzwerks Auskunft verlangen, wer die Rechtsverletzung begangen hat. Die Herausgabe der Daten durch das soziale Netzwerk muss allerdings durch das zuständige Zivilgericht angeordnet werden.
Counter Speech: Gegen Parolen und Hetze argumentieren
Wer nicht einfach weiterscrollen, sondern gegen Hass Stellung beziehen will, sollte sich bewusst sein, dass er dann selbst ins Visier geraten kann. Man sollte auf sichere Privatsphäre-Einstellungen achten und die Blockfunktion nutzen, rät die Polizei. Studien zufolge steigt die Zahl der User, die Hasskommentare kritisieren, von Jahr zu Jahr. Bei der kreativen Gegenrede hilft etwa das Angebot No Hate Speech Movements mit vielen Tipps und Anregungen. Dort finden sich auch viele Informationen, wie man vorgeht, wenn man Kommentare bei einer Social-Media-Plattform melden will.
Die Gegenrede schafft Verbündete. Die Initiative "#ScrollNichtWeg" empfiehlt, Empathie mit den Betroffenen zu wecken und zu zeigen, was der Hass anrichten kann. Man sollte mit Fakten argumentieren und sich vorher gut informieren. Dabei helfen Links zu seriösen Webseiten, die Fakten untermauern.
Polizei im Land bearbeitet Fälle künftig zentral
Die Polizei in Rheinland-Pfalz bekommt fünf neue Cybercrime-Kommissariate und eine Taskforce für Cyberkriminalität. Das teilte Anfang März Innenminister Michael Ebling (SPD) mit. Straftaten wie Beleidigungen, Hate Speech und Diebstähle werden künftig zentral bearbeitet.
Andere Initiativen in Rheinland-Pfalz gegen Hate Speech
Die Kampagne "#ScrollNichtWeg" ist Teil des Landesaktionsplans gegen Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Eine Maßnahme des Aktionsplans ist die Beratungsstelle für Betroffene von digitaler Gewalt SoliNet. Sie berät online, kostenfrei und auf Wunsch anonym.