Symbolbild: In RLP hat die Polizei Wohnungen und Vereinsräume der rechtsradikalen "Artgemeinschaft" durchsucht. Innenministerin Faeser hatte die Gruppe am Mittwoch verboten.

"Germanische Glaubens-Gemeinschaft" verboten

Razzia gegen Rechtsextremisten auch auf Anwesen in Rheinhessen

Stand

Bundesinnenministerin Faeser hat die rechtsextremistische Vereinigung "Die Artgemeinschaft - Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" verboten. Auch in Rheinhessen gab es eine Razzia.

Seit dem frühen Mittwochmorgen wurden nach Angaben des Bundesinnenministeriums 26 Wohnungen von 39 Vereinsmitgliedern sowie Räume des Vereins "Artgemeinschaft" in mehreren Bundesländern durchsucht, darunter drei in Hessen. Nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wurde auch die Wohnung eines Ehepaares im Kreis Alzey-Worms in Rheinhessen durchsucht. Zuerst hatte das Ministerium von Razzien in der Pfalz gesprochen, ohne dabei konkret zu werden.

Ehepaar aus dem Kreis Alzey-Worms seit Jahren aktiv

Bei den Personen handele es sich um langjährige Mitglieder der 1951 gegründeten Organisation. Das Ehepaar beteiligte sich den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren aktiv an Veranstaltungen der "Artgemeinschaft". Die Kreisverwaltung Alzey-Worms habe als zuständige Vollzugsbehörde den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss beim Verwaltungsgericht Mainz erwirkt. Die Polizei stellte unter anderem Kommunikations- und IT-Geräte sowie schriftliche Unterlagen als Beweismittel sicher.

Faeser spricht von "zutiefst rassistischer Organisation"

Bei der Organisation handelt es sich laut Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) um eine sektenartige, zutiefst rassistische und antisemitische Organisation. Das Bundesinnenministerium gibt die Zahl der Mitglieder mit rund 150 an.

NS-Literatur für Kinder

Die "Artgemeinschaft" habe versucht, "durch eine widerwärtige Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen neue Verfassungsfeinde heranzuziehen", teilte Faeser am Mittwochmorgen mit. Ziel sei es gewesen, eine rechtsextremistische Weltanschauung auszuleben und zu verfestigen.

Das sei insbesondere durch die Weitergabe der Ideologie an Kinder und Jugendliche mittels einschlägiger Literatur erfolgt, die zum Teil aus der NS-Zeit stammt und nur minimal abgewandelt wurde.

Neoheidentum Teil der Ideologie

Zur Begründung des Verbots führte ihr Ministerium aus, die Siedlerbewegung verbreite unter dem Deckmantel eines pseudoreligiösen germanischen Götterglaubens ein gegen die Menschenwürde verstoßendes Weltbild. Zentrales Ziel sei die Erhaltung und Förderung der eigenen "Art", was mit dem nationalsozialistischen Begriff der "Rasse" gleichzusetzen sein.

Der Verfassungsschutz führt Siedlungsbestrebungen von Rechtsextremisten in seinem aktuellen Jahresbericht gesondert auf. In dem Bericht heißt es, Ziel dieser Bewegungen sei zumeist der "Erhalt der Deutschen". "Deutschsein" werde hierbei vor allem unter Rückgriff auf den ethnischen Volksbegriff im Sinne der völkischen "Blut-und-Boden"-Ideologie definiert

Werbung in Sozialen Medien

Durch das Betreiben eines vereinseigenen "Buchdienstes", einer Webseite und durch den Auftritt in Sozialen Medien seien auch Nichtmitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut radikalisiert und geworben worden.

Vom Vereinsverbot seien auch alle Teilorganisationen der "Artgemeinschaft" betroffen. Zu den Teilorganisationen gehörten sogenannte Gefährtschaften, Gilden, Freundeskreise und das Familienwerk e.V.. Von 1989 bis zu seinem Tod 2009 wurde die Gruppe von dem bekannten Neonazi und Rechtsanwalt Jürgen Rieger geleitet.

Zweites Vereinsverbot gegen Rechtsextremisten

Neben den Durchsuchungen in Rheinland-Pfalz haben Einsatzkräfte der Polizei den Angaben nach auch Wohnungen und Vereinsräume in Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen durchsucht. Das Verbot gegen die Vereinigung, die dem Milieu der völkischen Siedler zugerechnet wird, ist laut Bundesinnenministerium seit mehr als einem Jahr vorbereitet worden.

Am vergangenen Dienstag hatte Bundesinnenministerin Faeser bereits die rechtsextreme Gruppe "Hammerskins Deutschland" verboten. Damals waren ihren Angaben zufolge 700 Kräfte bei Durchsuchungen im Einsatz - auch in Rheinland-Pfalz.

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"Nach dem Verbot der "Hammerskins Deutschland" in der vergangenen Woche zeigt unser Rechtsstaat mit den Maßnahmen einmal mehr, dass er wehrhaft ist und rechtsextremistischer Gesinnung entschieden begegnet", sagte Innenminister Michael Ebling (SPD). Der Rechtsextremismus stelle nach wie vor die größte Bedrohung für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung dar.

Insgesamt wird der "Artgemeinschaft" in Rheinland-Pfalz "eine Personenzahl im mittleren einstelligen Bereich zugerechnet". Gefestigte Strukturen im Land gibt es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nicht.

Grünen-Politikerin Khan: Es braucht mehr als Vereinsverbote

Für die rheinland-pfälzische Bundestagsabgeordnete und Innenpolitikerin Misbah Khan (Grüne) ist es besorgniserregend, dass es in Rheinland-Pfalz immer wieder zu Razzien kommt. Rechtsextremismus sei auch hier im Land tief in der Gesellschaft verwurzelt, sagte sie dem SWR.

"Wir sehen: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Um die Rechte Szene nachhaltig zu schwächen, braucht es allerdings mehr als Vereinsverbote", kritisierte Khan. Sie fordert ein konsequentes Vorgehen gegen die Finanzstrukturen sowie eine Entwaffnung der rechten Szene.

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SWR