In RLP können hoch verschuldete Kommunen voraussichtlich nicht am geplanten Entschuldungsprogramm teilnehmen

Voraussetzungen des Landes nicht erfüllbar

Entschuldungsprogramm in RLP ohne die am höchsten belasteten Kommunen

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Gernot Ludwig

Mehrere hoch verschuldete Kommunen in Rheinland-Pfalz können wohl nicht am geplanten Entschuldungsprogramm teilnehmen. Betroffen sind etwa Kusel, Kaiserslautern und Pirmasens. Einen Härteausgleich lehnt das Land aber ab.

Im Rahmen des Entschuldungsprogramms plant das Land, im Kreis Kusel - dem am höchsten verschuldeten Landkreis Deutschlands - 81 Prozent der Kassenkredite zu übernehmen. Voraussetzung dafür ist aber, dass Kusel einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt, also keine neuen Schulden macht. Landrat Otto Rubly (CDU) sagte, um das zu erreichen, müsste der Kreis Kusel seinen Gemeinden deutlich mehr Geld abverlangen als bisher - und zwar rund 54 Prozent ihrer Einnahmen.

Das ist nach Einschätzung von Rubly aufgrund eines Urteils des rheinland-pfälzischen Oberverwaltungsgerichts nicht zulässig. Insofern sei es dem Kreis Kusel derzeit unmöglich, am Entschuldungsprogramm teilzunehmen.

Auch Kaiserslautern müsste Kreisumlage erhöhen

Ähnlich argumentiert der Landrat des Kreises Kaiserslautern, Ralf Leßmeister. Der CDU-Politiker sagte dem SWR, seinem Kreis fehlten im kommenden Jahr etwa sechs bis acht Millionen Euro, um einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Die fehlenden Millionen müsse er sich bei seinen Gemeinden holen und dazu die so genannte Kreisumlage im kommenden Jahr auf rund 49 Prozent anheben und 2024 auf mehr als 53 Prozent.

Vor Jahren hatte das Land den Kreis Kaiserslautern dazu gezwungen, diese Kreisumlage auf rund 44 Prozent zu erhöhen. Der Kreis hatte dagegen geklagt und vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Recht bekommen. Die Erhöhung sei rechtswidrig, so das Gericht, weil vielen der ebenfalls hoch verschuldeten Gemeinden dann zu wenig Geld bliebe. Mit Verweis auf dieses Urteil, so Leßmeister, sei es seinem Kreis nicht möglich, an dem Entschuldungsprogramm teilzunehmen.

Pirmasens müsste Grundsteuer drastisch anheben

Die am höchsten verschuldete Stadt Deutschlands - Pirmasens - steht vor dem gleichen Problem. Auch dort hatte es zunächst danach ausgesehen, dass die Stadt im kommenden Jahr keinen ausgeglichenen Haushalt schaffen kann. Nach Kritik im Innenministerium habe das Land aber Zahlen neu berechnet, so Oberbürgermeister Markus Zwick (CDU). Und nach dieser neuen Berechnung schaffe Pirmasens im kommenden Jahr den Ausgleich.

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Aber im Jahr danach - also 2024 - sei ein ausgeglichener Haushalt nur durch eine drastische Erhöhung der Grundsteuer für Hausbesitzer und Mieter möglich. Und eine so umfangreiche Erhöhung der Grundsteuer ist laut Zwick rechtlich nicht zulässig. Daher sei es Pirmasens nach derzeitigem Stand nicht möglich, die Voraussetzungen für das Entschuldungsprogramm für 2024 zu erfüllen.

Landesrechnungshof sieht zu große Belastung der Gemeinden

Rückendeckung bekommen die hoch verschuldeten Städte und Kreise ausgerechnet vom Landesrechnungshof. Das ist insofern interessant, weil der Rechnungshof die Städte und Gemeinden seit Jahren auffordert, die Grundsteuern zu erhöhen.

Die geplante kräftige Erhöhung der Grundsteuer in Pirmasens und die drastische Erhöhung der Kreisumlagen bei einigen Landkreisen sind dem Rechnungshof dann aber doch zu viel. Ein Sprecher des Rechnungshofs sagte dem SWR, es erzeuge eine Unwucht im Land, wenn einzelne Kommunen deutlich höhere Umlagen bzw. Grundsteuern verlangten als der Rest der Kommunen.

Forderung nach Härteausgleich

Der Rechnungshof und auch die betroffenen Kommunen fordern deshalb einen Härteausgleich, der besonders hoch verschuldeten Kommunen mehr Geld zur Verfügung stellt, um am Entschuldungsprogramm teilnehmen zu können. Der Rechnungshof verweist darauf, dass auch das höchste Gericht im Land - der Verfassungsgerichtshof - in seinem Urteil zu den Kommunalfinanzen 2020 einen solchen Härteausgleich anregt.

Auch das Bündnis für gleichwertige Lebensverhältnisse in Rheinland-Pfalz fordert einen Härteausgleich. Zu dem Bündnis gehören neben den Kommunalverbänden unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund sowie die Industrie- und Handelskammer. In einem Positionspapier heißt es, viele Kommunen könnten weiterhin keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Um für gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen, bräuchten diese Kommunen eine finanzielle Perspektive, ohne die eigenen Bürger über Gebühr zu beanspruchen.

Das Innenministerium hat sich dennoch gegen einen solchen Härteausgleich entschieden. In einer Stellungnahme des Ministeriums zum Thema heißt es sinngemäß, mit der Idee eines Härteausgleichs werde man sich vorerst nicht beschäftigen.

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