Bevor es in Rheinland-Pfalz für Kinder und Jugendliche mit der Schule richtig losgehen kann, müssen die Eltern ihre Hausaufgaben machen und das heißt: Material- und Bücherlisten abarbeiten und viel Geld ausgeben. Für die Erstklässler sind zwar die Bücherlisten noch nicht so lang wie für Schüler der weiterführenden Schulen. Aber es ist viel Grundausstattung erforderlich und die hat ihren Preis.
So viel kosten die Schulsachen für Schulanfänger
Wir haben uns die Liste einer Mainzer Grundschule für die Erstklässler besorgt und geschaut, was der Einkauf an Schulsachen und Ranzen etwa kosten würde. Es ist eine grobe Schätzung, gibt aber die Größenordnung realistisch wieder.
- Hefte, Schnellhefter - 17 Euro
- Malbedarf - 30 Euro
- Bastelbedarf - 13 Euro
- Schreibuntensilien - 16 Euro
- Turnschuhe für die Halle - 30 Euro
- Hausschuhe - 20 Euro
- Schulranzen mit Turnbeutel und Mäppchen - ab ca 180 Euro
- Brotdose, Trinkflasche - 15 Euro
- Schulbücher und Schreiblernhefte - 88 Euro
Alles zusammengerechnet taucht auf dem Taschenrechner diese Zahl auf: 409 Euro. Das ist zwar ein grober Näherungswert. Aber selbst wenn durch geschickte Einkäufe 50 oder sogar 100 Euro weniger ausgegeben werden, kommt eine beachtliche Summe zusammen.
Preissteigerungen geringer als vor einem Jahr
Schulmaterialen sind in den vergangenen Jahren erheblich teurer geworden, insbesondere Hefte, Malblöcke und Stifte waren von Preissteigerungen betroffen. In diesem Jahr hat sich der Preisauftrieb aber deutlich abgeschwächt.
Im Vergleich zum Vorjahr haben sich im Juli 2024 Schulbücher um gut sechs Prozent verteuert, Hefte und Malblöcke um vier Prozent. Bei Stiften und Farbkästen lagen die Preise nur 1,3 Prozent über dem Vorjahreswert, bei Schulranzen sogar nur um 0,3 Prozent. Zum Vergleich: Die Inflationsrate insgesamt wurde für Juli 2024 vom Statistischen Bundesamt mit 2,3 Prozent angegeben.
Viele Kinder von Armut betroffen
Immerhin ist fast jedes fünfte Kind in Deutschland von Armut betroffen. Das zeigt der Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes der Wohlfahrtspflege. Für viele Eltern dürfte also ein Betrag von 300 bis 400 Euro nur schwer zu stemmen sein.
Schulstartpaket vom Staat
Familien, die Bürgergeld empfangen, bekommen das so genannte Schulstartpaket für die Anschaffungen zur ersten Klasse. Anspruchsberechtigte bekommen pro Kind 174 Euro, die werden in zwei Teilen ausgezahlt. 116 Euro vor Start des ersten Schuljahres und weitere 58 Euro zum neuen Schulhalbjahr im Winter.
Spenden, Basare und Fairness-Käufhäuser helfen Eltern
Aber auch Eltern, die kein Bürgergeld bekommen, werden durch die Ausgaben für die Schule belastet. Wie können Eltern die Kosten für die Anschaffungen reduzieren, wer gibt Unterstützung?
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Die Schulranzen machen zum Schulstart den größten Batzen aus. Eltern können sich nach Spendenaktionen oder gebrauchten Ranzen umschauen: In Fairness-Kaufhäusern, bei Kirchen-Basaren und manchmal auch bei Schulaktionen.
Teure Schulranzen - wertvolle Spendenaktion
Eine große Schulranzen-Aktion hat in diesem Jahr zum dritten Mal das Arbeits- und sozialpädagogische Zentrum (ASZ) in Kaiserslautern gestartet. Hannah Laufer ist KiTa-Sozialarbeiterin und arbeitet bei der Spendenaktion mit. "Dieses Jahr haben wir 66 Schulranzen gesammelt, viele sind noch in einem sehr guten Zustand und haben noch alles mögliche an Zubehör wie Turnbeutel, manchmal sogar Stifte."
Rund 20 Kinder hätten sich diesen Sommer schon über einen gespendeten Schulranzen gefreut. "Bisher ist jedes Kind, das auf der Suche nach einem Ranzen war, fündig geworden und hat sich auch gefreut", so Laufer weiter. Das Besondere im ASZ: Dort werden die Schulranzen in Regalen präsentiert, so dass die Kinder das Gefühl haben, wie in einem Geschäft ihre Auswahl treffen zu können. Laufer weist darauf hin, dass sich jeder Bedürftige beim ASZ in Kaiserslautern melden kann. Telefon: 0631-316 36 10
Auch in Trier gibt es eine Schulranzen-Aktion, um bedürftigen Familien zu helfen. Hier werden die Ranzen von Sponsoren gespendet. Der Bedarf an Unterstützung wächst von Jahr zu Jahr.
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Der Schulanfang ist ein aufregender Schritt in eine neue Lebensphase. Viele Familien können sich einen Ranzen aber nicht leisten. Das Kinderhilfswerk unterstützt sie.
Schulranzen halten vier Jahre - und länger
"Ich habe die Beobachtung gemacht, dass viele Kinder für die dritte Klasse wieder einen neuen Schulranzen wollen und teilweise auch bekommen", berichtet Laufer. Das übe einen gewissen Druck auf die Mitschüler aus. Die Sozialarbeiterin rät Eltern, ihrem Kind von Anfang an zu sagen, dass der Schulranzen für die gesamte Grundschulzeit gedacht ist. "Und ich würde sie dafür sensibilisieren, dass das nicht nur eine Kostenfrage ist, sondern dass es auch nicht sonderlich nachhaltig ist, nach zwei Jahren einen neuen Ranzen zu kaufen."
Teure Schulbücher - was können Eltern tun?
In Rheinland-Pfalz gibt es keine Lernmittelfreiheit wie in Hessen oder Baden-Württemberg. Dort können Schulbücher ohne Entgelt geliehen werden. Je höher die Klassenstufe, desto mehr Bücher und auch teurere Bücher brauchen die Schüler und Schülerinnen.
In Rheinland-Pfalz können sich nur Familien mit geringem Einkommen an der kostenlosen Schulbuchausleihe beteiligen. Das Einkommen darf nicht über 26.500 Euro im Jahr liegen. Die Anträge für die unentgeltliche Schulbuchausleihe müssen fristgerecht vor Beginn eines neuen Schuljahrs gestellt werden. Alle anderen Eltern haben die Möglichkeit, an der kostenpflichtigen Schulbuchausleihe teilzunehmen.
An vielen Schulen gibt es auch einen Bücher-Basar. Meist werden dann zum Abschluss eines Schuljahres die gebrauchten, gut erhaltenen Schulbücher an jüngere Schüler weitergegeben - für einen deutlich niedrigeren Preis als den Neupreis. Eltern sollten aber darauf achten, dass die verkauften Bücher die richtige Auflage haben.
Außenministerin Baerbock fordert Material-Bereitstellung
Zum Ende des letzten Schuljahres meldete sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zum Thema Schulmaterial zu Wort. Es brauche Schulen, die alle Materialien wie Schreibblöcke und Stifte zu Schulbeginn bereitstellen würden, sagte Baerbock. Als Vorbild nannte sie skandinavische Grundschulen, an denen die Schüler teilweise mit Material ausgestattet werden.
Für Kinder finanziell schwächerer Familien, die aus Kostengründen ohne Ranzen oder ausreichend Stifte in die Schule gingen, könne das ein Rückschlag im sozialen Gefüge an der Schule sein, so Baerbock. "Das führt dazu, dass einigen Kindern klargemacht wird: Irgendwie gehöre ich nicht mit dazu."
Lernmittelzuschüsse in Ingelheim abgeschafft
Bislang war Ingelheim ein kleiner Leuchtturm in Rheinland-Pfalz: Dort gab es für jeden Grundschüler jährlich einen Zuschuss von 110 Euro, für jeden Schüler einer weiterführenden Schule 130 Euro. Doch das ist Geschichte. Der Pressesprecher der Stadt Ingelheim bestätigte auf Nachfrage, dass diese Zuschüsse ab dem neuen Schuljahr 2024/2025 nicht mehr gezahlt würden. Das sei im Rahmen der städtischen Haushaltskonsolidierung beschlossen worden.