Treffen in Potsdam zu "Remigration"

"Widerliche Denke": Reaktionen aus RLP auf rechtsextremes Geheimtreffen

Stand

Ein Geheimtreffen von Rechtsextremen mit Beteiligung von AfD-Politikern hat bundesweit für Empörung gesorgt. Dort soll es unter anderem um einen Plan gegangen sein, massenhaft Menschen aus Deutschland auszuweisen. RLP-Innenminister Michael Ebling spricht von "widerlicher Denke".

Was von dem Geheimtreffen in Potsdam bekannt geworden sei, sei nicht nur menschenverachtend und abscheulich, teilte Ebling auf SWR-Anfrage mit. Es seien Aussagen, die schreckliche historische Parallelen erkennen ließen. Wer über "Remigration" phantasiere, schade dem Land, so der SPD-Politiker.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sieht in den Berichten über Vertreibungspläne, die von rechtsextremistischen Netzwerken rund um die AfD geschmiedet werden, einen "weiteren erschreckenden Höhepunkt in einer ganzen Reihe von demokratiefeindlichen, oft hochkriminellen Aktivitäten von Mitgliedern der Partei". In den Berichten über die Deportationspläne werde deutlich, dass die AfD Staatsbürger erster und zweiter Klasse definiere und ein durch und durch völkisches Weltbild vertrete, so Dreyer. Dies könne in einer Demokratie nicht geduldet werden.

Worum ging es bei dem Treffen in Potsdam?

An dem Treffen im November in Potsdam sollen unter anderem Mitglieder und Amtsträger der AfD, zwei CDU-Mitglieder, Unternehmer und der langjährige Sprecher der rechtsextremen Identitären Bewegung, Martin Sellner, teilgenommen haben.

Schon im Einladungsschreiben stand unter anderem, dass ein "Strategiekonzept im Sinne eines Masterplans" vorgestellt werden sollte. Bei der Veranstaltung selbst soll über "Remigration" gesprochen worden sein, also, wie man Menschen aus Deutschland - auch mit deutschem Pass - ausweisen könne.

Nach der Veröffentlichung durch das Recherchezentrum Correctiv folgten umgehend Konsequenzen. So trennte sich unter anderem die Burgerkette "Hans im Glück" von ihrem Miteigner Hans Christian Limmer, da dieser das Einladungsschreiben mit unterzeichnete.

AfD-Landesverband hat keine Kenntnis über Teilnehmer aus RLP

Der AfD-Landesvorstand in Rheinland-Pfalz teilte auf SWR-Nachfrage mit, dass er keine Erkenntnis darüber habe, ob es Teilnehmende aus Rheinland-Pfalz gebe. Und auch ob Zahlungen aus dem Land für die Veranstaltung geflossen seien, sei nicht bekannt.

Dem Landesvorstand sei auch kein "Masterplan Remigration" bekannt und "in Anbetracht der Tatsache, dass die 'Recherche' von dem linken Kampagnennetzwerk 'Correctiv' erfolgt ist und in Anbetracht des Teilnehmerkreises wird bezweifelt, dass dies tatsächlich Inhalt des Konzepts oder der Diskussion gewesen wäre".

Joachim Paul sprach selbst schon von "Remigration"

Daran zweifelt der SWR-Korrespondent für Landespolitik, Christian Buttkereit: "Fakt ist, die sogenannte Remigration ist bei der AfD ein großes Thema. Der rheinland-pfälzische AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul hatte dazu auf dem AfD-Bundesparteitag im vergangenen Jahr wörtlich gesagt: Der Begriff der Zeit müsse heißen Remigration." 

Parteiverbot nur aufgrund des Treffens nicht möglich

Andere Parteien oder Verantwortliche in Rheinland-Pfalz haben sich bislang nicht öffentlich geäußert. Allerdings kommen im Netz und auf Petitionsplattformen nun Stimmen auf, erneut zu prüfen, ob die AfD verboten werden könne. Christoph Kehlbach von der SWR-Rechtsredaktion sagte dazu:

"Die Hürden für ein Parteiverbot sind sehr hoch, das ist vom Grundgesetz so angelegt." Der Meinungsstreit sollte sich zunächst einmal über das Argument entwickeln und eine Partei zu verbieten sollte nicht einfach sein, sondern das letzte Mittel der Demokratie.

Für ihn sei alleine das Treffen kein Grund, ein Verbotsverfahren einzuleiten, allerdings könnte es bei einem möglichen Verfahren reinspielen. Beim NPD-Verbotsverfahren 2017 sei es unter anderem auch um einen ethnischen Staatsangehörigkeitsbegriff gegangen. Also wenn eine Partei Menschen mit deutschem Pass und Migrationsgeschichte als Menschen zweiter Klasse ansehen würde, dann wäre das gegen das Grundgesetz.

Was sagt Ebling zu einem Verbotsverfahren?

Ebling erklärt dazu: "Ich möchte einem Verbotsverfahren nicht das Wort reden." Die AfD müsse man politisch stellen, denn sie agiere gegen den Großteil der Bevölkerung und versuche dann, wenn es ihr nutze, auf den passenden Zug aufzuspringen.

Die Berichte über Vertreibungspläne, die von rechtsextremistischen Netzwerken rund um die AfD geschmiedet werden, sind ein weiterer erschreckender Höhepunkt in einer ganzen Reihe von demokratiefeindlichen, oft hochkriminellen Aktivitäten von Mitgliedern der Partei», sagte Dreyer.

AfD in Rheinland-Pfalz selbst mit rechtsextremen Verbindungen

Die AfD in Rheinland-Pfalz hat aktuell mit anderen Schlagzeilen zu tun. In Mainz rückte ein Zentrum in den Fokus, in dem unter anderem eine Feier der Jugendorganisation der Partei abgehalten wurde. Die Junge Alternative in Rheinland-Pfalz ist vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

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Und auch im Kreis Südliche Weinstraße gibt es Ärger für die Partei: Nachdem die "Rheinpfalz" berichtete, dass beim Neujahrsempfang des Kreisverbandes eine Rechtsrock-Sängerin auftrat, beobachtet der Verfassungsschutz den Verband nun.

Ebling: Verfassungsschutz behält AfD im Blick

Innenminister Ebling teilte dem SWR mit, von einzelnen Entgleisungen ins rechtsextremistische Milieu könne keine Rede mehr sein, vielmehr zeige sich eine bewusste und offensichtlich gewollte Verbindung der AfD in Rheinland-Pfalz zu bekannten und unbestritten rechtsextremistischen Akteuren und Vereinen, einschließlich der Jugendorganisationen. Der Verfassungsschutz werde die AfD deshalb genau im Blick behalten.

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